Kapitel 12
Gweneth warf noch einen kurzen Blick zu der blondhaarigen Frau, rutschte dann geschwind von der Brustwehr und die drei gingen eilig die Treppe hinunter zu den nun offenen Toren.
Die ersten Menschen strömten herein und fingen vor Freude an zu weinen. Eine alte Frau warf sich in Gweneth Armen und drückte sie herzlich. Verständnislos und verwirrt sah sie die ältere Frau an, die sie nun los ließ und weiter in die Burg hinein ging. Immer mehr Menschen strömten in die Burg und nicht wenige fielen vor Erschöpfung auf die Knie. Gweneth half altersschwachen Menschen wieder auf die Beine und setzte sie am Rand ab, an der sie sich ausruhen konnte. Dann schlüpfte sie durch die Menschen hindurch zu Gamling, der nun bei den Toren stand und mit der blonden Frau redete.
Ihre gewellten Haare fielen ihr offen auf den Rücken und endeten erst kurz über ihrem Hintern. Auf ihren Rücken trug sie Gepäck, das sie nun hinter sich abstellte. Zwar trug sie ein schlichtes, kurzärmliges, braunes Überkleid und darunter ein blaues, langärmliges Unterkleid, dennoch konnte sie den Stolz aus ihrem marklosen blassen Gesicht ablesen.
Gweneth stellte sich zu ihm und sah sie blonde Frau neugierig an. Die hellhäutige Frau erwiderte ihren Blick kurz und erstaunen blitzte in ihren grauen Augen auf. Gweneth musste sich eingestehen, dass diese Frau von Natur aus schön war und eine erhabene Aura ausstrahlte. Vielleicht war sie mehr, als sie zu scheinen schien.
„Fühlt Euch wie zu Hause, Éowyn Schildmaid aus Edoras. Darf ich Euch Gweneth, die aus dem Süden kam vorstellen?“
Meinte er und die zwei Frauen verbäugten sich leicht voreinander.
„Ich sehe Ihr seid Wenige. Wo sind all die Männer, die Euch begleiten sollten?“
Fragte Gamling und sah auf die Frauen, Kinder und die alten Männer. Dann wanderte sein Blick wieder zu Éowyn zurück, die Gweneth neugierig, aber unauffällig gemustert hatte.
„Wir wurden auf unserem Marsch von Wargen angegriffen. Die Männer blieben zurück um unseren Weg zu sichern. Mit wurde es Zuteil die Alten und Frauen hier her zu führen.“
Und Gweneth meinte einen leisen Ton der Ungunst in ihrer klaren Stimme zu hören.
´Wenn ich mich recht erinnere, dann sind doch Wargen so ne Art riesige, berittene Wölfe. Sie sollen furchterregend und tödlich sein.´
Ihr lief es kalt den Rücken hinunter.
„Bald werden sie hier eintreffen.“
Gamling nickte und wollte das Gespräch schon als beendet erklären, als Éowyn sprach:
„Es hat sich viel getan seit meinem letzten Besuch. Die Burg scheint mir nun besser gewappnet als zuvor.“
„Das haben wir alles Gweneth zu verdanken, die das entworfen und umgesetzt hat.“
Éowyn sah sie erstaunten an und konnte es wohl nicht so recht glauben.
„Ihr ward das?“
Gweneth nickte und wurde leicht rot. Ihr war es immer ein wenig unangenehm, wenn sie so angestarrte wurde.
„Kommt, ich helfe Euch die Menschen in die Höhlen zu bringen.“
Versuchte Gweneth das Thema zu wechseln, doch Éowyn blieb hartnäckig.
„Man hörte Euch an, als ihr euren Vorschlag unterbreitete? Selbst für eine Frau in diesen Regionen ein schweres Unterfangen, es musste euch besonders schwer gefallen sein, da ihr aus dem Süden stammt. “
„Ja, doch das verdanke ich allein Erkenbrand, der mich in dieser schweren Stunde vertrauen schenkte und mich unterstützte. Doch meint ihr nicht, dass dies kein günstiger Ort ist um über solche Belanglosigkeiten zu sprechen?“
„Ihr nennt dies Belanglos, dennoch ist dies für mich ein kleines Wunder. Niemals zuvor gab es eine Frau, die sich gegen die Mannen stellte.“
„Ich bin mir sicher, dass es die überall gibt. Vor allem aber, habe ich mich nicht gegen sie gestellt, sondern mit ihnen zusammengearbeitet. Jedoch sollten wir uns nun wichtigeren Dingen zuwenden. Die Menschen und die Nahrung müssen in die Höhlen gebracht werden. Wollt ihr mir dabei behilflich sein? Ich werde Euch später gerne Rede und Antwort stellen.“
Dann lächelte sie Éowyn an und war froh, als diese nickte.
Freundlich lächelten sich die beiden an und machten sich an die Arbeit. Sie mochte Éowyn, denn sie spürte, dass sie eine starke Frau mit ebenso starkem Charakter war und sich nicht so leicht unterkriegen lassen würde.
´Endlich mal jemand, mit dem man sich auch über andere Dinge als kochen und stricken unterhalten kann… in gewisser Weise sind wir uns ähnlich.´
Langsam verstopften die Gänge, denn die Menschen aus den Höhlen waren herausgekommen um zu sehen wer gekommen war. Beide Frauen hatten alle Hände voll zu tun, um die Menschen in die richtige Richtung zu lotsen und die Nahrung in die Höhlen bringen zu lassen.
Von der Arbeit war Gweneth wieder ganz verschwitzt und sie dachte sehnsüchtig an ihr Bad von heute Morgen zurück.
´Wenn ich das gewusst hätte, dann hätte ich mir die ganze Aktion sparen können.´
Auf einmal war lautes Hufgeklapper zu hören und jemand rief
„Macht Platz für den König!“
Neugierig hob sie ihren Kopf und hielt in ihrer Arbeit inne, einen Korb von einem Wagen zu hieven. Schnellt drückte sie den Korb einer jungen Frau in die Hand und sah sich schnell nach Éowyn um, die ganz in ihrer Nähe gearbeitet hatte. Gerade konnte sie noch Éowyn erkennen, die eiligst davonrannte und im nächsten Torbogen verschwand. Gweneth ließ alles stehen und liegen und eilte ihr voller Neugierde hinterher.
Erneut rief jemand:
„ Macht Platz für Théoden! Macht Platz für den König!“
Sie folgte Éowyns blonde Lockenpracht und nachdem sie sich mühselig durch die Menschen gedrängt hatte, gelangte sie kurz nach Éowyn in den inneren Hof des zweiten Rings. Diese eilte gleich zu der Schaar Reitern, die nun vor den Treppen zum Stillstand kamen, jedoch blieb Gweneth in einem Torbogen stehen und betrachtete das Schauspiel interessiert.
Éowyn blieb leicht keuchend vor einem Mann stehen, der gerade von seinem Pferd stieg und einem weiteren verletzten Mann vom Pferd half. Sein dunkelroter Wams war an den Säumen reich mit goldenen Stickereien verziert und eine goldene Brosche, besetzt mit einem blauen Edelsteinen, hielt seinen dunkelblauen Umhang vorne zusammen. Obwohl seine Haare weiß waren und er alt wirkte, sprühte er nur so vor Energie.
´Das muss vermutlich Théoden sein… der König von Rohan.´
Zwar verstand sie nicht, was Éowyn mit ihm besprach, aber dennoch konnte sie die Sorge von beiden Gesichtern ablesen.
Jedoch wurde ihre Aufmerksamkeit auf jemand anderes gelenkt, der mit dem König an der Spitze geritten war.
Ein Jüngling mit goldenem Haar und Bogen auf dem Rücken stieg elegant und mit einer Grazie, die sie ihm nicht zugetraut hätte, von einem schneeweißen Pferd, das unruhig mit den Ohren zuckte.
Ihre topasfabenen Augen wanderten über seine verschmutzte Kleidung, dennoch erkannte sie das silberne Hemd unter dem grünen Wams, das seltsam zu leuchten schien. Auch war sein Bogen unglaublich kunstvoll verziert und eine Brosche in Form eines Blattes hielt seinen grünen Umhang beisammen.
Sie zuckte kurz zusammen, als er seinen Kopf drehte und sie seine spitzen Ohren deutlich erkennen konnte.
´Oh mein Gott! Das ist ein Elb! Endlich sehe ich mal einen! Und Erkenbrand hatte recht gehabt, sie sehen wirklich gut aus… kein Mensch kann so makellos sein wie sie.´
Und sie betrachtete sein ebenes Gesicht und die eisblauen Augen, die darin ruhten.
Plötzlich ging ein gedrungener Mann mit rotem Haar und gigantischem rotem Bart auf Éowyn zu. Er stützte sich auf seiner großen Axt ab und sprach mit ihr in einem sanften Tonfall. Leider war die Umgebung zu laut um etwas zu verstehen, doch Gweneth verstand auch so, dass er ihr eine schreckliche Nachricht überbracht hatte. Denn Éowyn sah wie versteinert zu dem kleinen Mann und wurde fürchterlich blass. Wie in Zeitlupe drehte sie ihren Kopf zum König und sah ihn mit Tränen in den Augen an, der sich jedoch abwandte und die Stufen zur Feste hinauf stieg.
Schnell ging sie auf Éowyn zu, die leicht taumelte und sich dann auf einem Korb nieder ließ.
„Éowyn.“
Sagte sie zaghaft und ging in die Hocke. Vorsichtig legte sie ihre Hand auf ihren Arm und sie sah Gweneth kurz an. Dann sprang sie plötzlich auf und lief mit Tränen im Gesicht davon. Perplex sah sie ihr hinterher und drehte sich dann auf den Fersen zu dem Mann um, der ihr nicht Mal bis zur Brust ging.
„Was hab Ihr zu Ihr gesagt?“
Fragte sie den Mann, der sich weiterhin auf seiner Axt abstützte und Éowyn besorgt hinterher sah.
„Jemand den sie liebte, viel in der Schlacht von einer Klippe.“
Antwortete stattdessen der blonde Elb mit seiner samtenen Stimme und seine blauen Augen sahen sie freundlich, aber traurig an.
„Oh.“
Konnte sie nur drauf erwidern und sah die Treppe hinauf, die kurz zuvor Éowyn genommen hatte. Gweneth war sich sicher, dass sie nun allein sein wollte. Sie merkte plötzlich wie die Anwesenheit des Elbs sie verunsicherte, denn man sah nicht oft einen solch schönen Mann.
„Bekommt man hier auch was zu futtern?“
Raunte der kleine Mann plötzlich und schlug sich auf seinen dicken Bauch. Das sah so drollig aus, dass Gweneth unweigerlich lächeln musste.
„Gewiss… wenn ihr mir nun folgen möget!“
Die zwei Männer nickten sie an und der kleine rothaarige Mann grinste breit. Sie lächelte ihn warm an und zusammen steigen sie die Treppen hinauf. Schon in der ersten Halle schnappten sie sich Teller und Kelche und bedienten sich an den Körben, in denen sich Nahrungsmittel türmten. Da sie ebenfalls noch nichts gegessen hatte, nahm sie ein Stück Brot und etwas von der Wurst. Der Mann schaufelte sich die dreifache Portion drauf und der Elb aß nur etwas Obst und Brot.
Zusammen setzten sie sich auf eine Bank und Gweneth knabberte kurz an ihrem Brot. Sie merkte, dass sie von dem Elben gemustert wurde und sie sah ihn fragend an.
„Wie lautet der Namen einer solch Schönen Maid, die uns mit ihrer Anwesenheit ehrt?“
Fragte er und sie erwiderte den Blick seiner eisblauen Augen.
„Mein Name ist Gweneth und wie lauten die der Herren?“
„Ich bin Legolas aus dem Düsterwald und das ist Gimli, Gloins Sohn.“
Gimli rülpste laut, schlug sich auf seinen Bauch und lachte. Gweneth war so verdutzt, dass sie anfing zu lachen. Jedoch brannte ihr weitere Fragen auf der Zunge denn noch nie hatte sie Wesen gesehen, die nicht menschlich waren und dennoch so aussahen.
„Verzeiht die Frage aber… seid ihr ein Elb und ihr ein Zwerg Herr Gimli?“
Fragte sie neugierig und sah beide abwechselnd an.
„Das sind wir! Wie wir Leib und Leben!“
Donnerte Gimli und biss noch einmal von der Haxe ab, die er von einer Feuerstelle genommen hatte.
„Habt Ihr noch nie welche gesehen?“
Fragte Legolas und Gweneth verneinte.
„Ich komme von weit her und dort existierten Elben und Zwerge nur als Mythengestalten.“
„Dann müsst ihr weit aus dem Süden kommen, denn solch bronzene Haut sieht man in diesen Landen selten.“
Gweneth lächelte nur und sagte nichts. Von irgendwoher hatte sie das Gefühl, er würde sie durchschauen wenn sie lügen würde. Aber Gimli machte ihr einen Strich durch die Rechnung.
„Wie seid ihr hier her gelangt, wenn Ihr soweit aus dem Süden kommt?“
Sie seufzte tief und erinnerte sich wieder an das, was Erkenbrand und sie zusammen ausgearbeitet hatten.
„Unser Dorf wurde von Orks überfallen und alle die darin lebten wurden versklavt. Sie wollten uns wohl zum schwarzen Turm bringen. Doch in der Nähe Isengards stritten sich die Orks plötzlich untereinander und fielen dann sowohl übereinander, als auch über uns her. Ich versteckte mich unter einem Leichnam und schaffte es so zu überleben. Erkenbrand fand mich später unter den Leichen und brachte mich hier her. Seit dem lebe ich hier.“
Während sie gesprochen hatte, hatte sie auf die Tischplatte gesehen und sah nun Legolas an. Seine Meine blieb unergründlich, aber freundlich. Doch irgendwas in seinen Augen ließen sie erkennen, dass er ihr nicht glaubte. Würde er nur ein wenig weiter fragen, hätte ihre Geschichte so viele Lücken wie ein Schweizer Käse.
„Ihr hab viel durchgemacht, Herrin. Verzeiht, dass ich danach fragte.“
Murmelte Gimli und brachte Gweneth kurz zum Lächeln.
„Wohl war, aber nun ist dies Vergangenheit und ich versuche mich auf die Zukunft zu konzentrieren. Ihr müsst Euch nicht entschuldigen. Die Erinnerungen daran sind schon getrübt. Doch nun erzählt woher ihr kommt. Ich kenne nur Helms Klamm und das erscheint mir doch recht wenig in Anbetracht der Größe und Vielfalt Mittelerdes.“
Sie lächelte beide an und sah dann erwartungsvoll zu Legolas, der sich kurz straffte.
„Meine Heimat liegt nördlich von hier, in einem großen Wald.“
Er stoppte und sie spürte, dass er wenig Lust hatte über seine Herkunft zu reden.
„Und warum nennt man ihn Düsterwald? Ist er besonders dunkel?“
Ein Lächeln huschte über Legolas Gesicht und ihr schien es, als ob kurz die Sonne geschienen hätte.
„In ihm leben gefährliche Kreaturen, die dem Wald die Schönheit nimmt und ihn mit Dunkelheit überzieht. Vor langer Zeit, als es schien das Böse würde schlafen und in weiter Ferne ruhen, war der Wald voller Gesänge der Vögel und im Blätterdach rauschte der duftende Wind. Doch diese Zeiten sind vorbei.“
Sein Gesicht verdüsterte sich kurz und seine Augen schienen in weiter Ferne zu ruhen.
„Verzeiht, wenn ich unliebsame Gedanken geweckt habe.“
Legolas Blick wanderte wieder zu ihr und leicht lächelte er, sodass ihr Herz schneller schlug.
„Es gibt nichts zu verzeihen. Ihr fragtet und ich antwortete.“
Nun lächelte auch Gweneth und schlug leicht errötend ihre Augen nieder, als er sie eindringlich ansah. Ihr Blick glitt noch einmal kurz über seine schmutzige Weste und sie erkannte unter dem Schmutz feine, silbrige Linien, die sich kunstvoll über seinen Wams zogen.
„Tragen alle Elben solch edle Gewänder wie ihr oder seid ihr vom höheren Geblüt?“
Legolas schien kurz überrascht, denn er zog die Augenbrauen hoch und schmunzelte leicht.
„Wie kommt ihr darauf?“
„Euer Gewand ist edel, selbst unter dem Schmutz eurer Reise und der silberne Pullover darunter scheint mit sehr kostbar.“
„Ja, ja… wie recht Ihr habt! Vor Euch sitzt ein Elbenprinzelein.“
Brummte Gimli und fing dann vergnügt an zu lachen, als er Gweneth erstauntes Gesicht sah. Legolas hingegen schien kurz etwas verärgert, besann sich dann aber eines besseren und stimmte mit einem hellen Lachen in Gimlis ein.
„Ja, es stimmt. Ich bin der Sohn von Thanduil, des Königs vom Düsterwald.“
Nervös sah sie ihn an, denn noch nie zuvor war sie einem Prinzen begegnet, geschweige denn eines Elbenprinzen. Schon wollte sie ihn mit ´Hoheit´ ansprechen, als er jedoch kurz seine schlanke Hand hob und sie strahlend anlächelte, dass es ihr den Atem verschlug.
„Jedoch lege ich nicht viel Wert auf meinen Titel, es wäre mir ein Graus, wenn Ihr mich mit ´Hoheit` oder dergleichen ansprächet.“
Gweneth nickte nur kurz und entschloss dann den Zwerg ein wenig auszufragen.
„Und ihr Herr Gimli? Lebt ihr auch in einem Wald?“
Kurz sah er Gweneth erstaunt an, fing doch dann laut und schallend an zu lachen.
„Ich gehe nur in einen Wald, wenn ich Feuerholz brauche. Wir Zwerge lieben Höhlen und Gestein. Der einsame Berg nenne ich meine Heimat und liegt nordöstlich des Düsterwaldes.“
Er wischte sich Fleischstücke aus seinem gigantischen Bart, der sein halbes Gesicht verdeckte und ihr Blick viel auf die blätterförmige Brosche, die auch Legolas trug.
„Seid ihr zusammen gereist? Denn Erkenbrand erzählte mir einst, dass sich Elben und Zwerge nicht verstehen würden.“
Legolas eisblaue Augen schienen sie plötzlich zu durchbohren und Gimli lachte wieder.
„Da habt ihr Recht, Herrin Gweneth! Ich kann diesen Kerl auch nicht ausstehen, aber wir wurden nun Mal gezwungen zusammen zu reisen und nun ist er wohl oder übel ein Gefährte geworden.“
Sie hob kurz ihre Augenbrauen, durch seine harte Wortwahl und sah neugierig zu Legolas, wie er wohl drauf reagieren würde. Er jedoch lächelte nur Gimli an und sie wusste, dass man seine Worte wohl nicht immer als bare Münze nehmen sollte.
„Ihr wurdet gezwungen gemeinsam zu reisen?“
Hakte sie neugierig nach. Legolas antwortete, denn anscheinend war Gimli der Gesprächigere und würde vermutlich irgendetwas ausplaudern, was nicht für sie bestimmt war zu hören.
„In Imladris oder Bruchtal, wie es die Menschen nennen, wurde eine Gemeinschaft gegründet aus unterschiedlichen Vertretern der freien Völker. Zu unserer Gemeinschaft zählten neun Mitglieder, deren Wege sich unterwegs trennten. Einer unserer Gefährten starb bei dem Versuch Mitglieder vor Orks zu beschützen.“
Gespannt hatte sie zugehört und wollte ihr Bedauern ausdrücken, als sie plötzlich das knarren der Zugbrücke und das Öffnen der Tore vernahm.
Ein Raunen ging durch die Menschenmenge und alle drei drehten ihren Kopf neugierig um. Wenig später war abermals Hufgetrappel zu hören und ein Mann auf einem braunen Pferd zügelte ihn direkt vor den Stufen. Gimli und Legolas sprangen auf und eilten zu den Stufen. Gweneth erhob sie ebenfalls und ging langsam zu Legolas, der oberhalb der Stufen wartete. Gimli hingegen stapfte die Treppen weiter hinunter.
„Wo ist er! Wo ist er! Aus dem Weg! Den bring ich um!“
Tönte Gimli und boxte sich durch die Menschenmenge, die sich um den dunkelhaarigen Mann gebildet hatten. Als Gimli dann vor ihm stand knurrte er:
„Du bist der schlauste, der gerissenste, der wahrlich tollkühnste Glückspilz der mir je begegnete ist!“
Und umarmte ihn fest. Er jedoch fragte mit rauer Stimme nach dem König und Gimli nickte mit dem Kopf zu den Hallen. Langsam ging der Neuankömmling die Stufen hoch und Gweneth konnte ihn nun genauer mustern.
Seine halblangen dunkeln Haare waren wirr und verfilzt. Tropfen von Wasser perlten aus seinem Haar und vielen auf seinen schmutzigen und zerrissenen Mantel. Ein paar Tage alter Bart bedeckte sein älteres Gesicht und sie schätzte ihn um die dreißig. Sein dunkler Wams darunter hatte die gleiche dunkle Farbe wie sein Umhang, der schief auf seiner Schulter saß. Wieder bemerkte sie die blattförmige Brosche und sie kam zu dem Schluss, dass er ebenfalls ein Gefährte von Legolas und Gimli sein musste. An der rechten Schulter war sein langärmliger lederner Wams aufgerissen und zeigte seine blutige Wunde. Blutgetränkt war auch seine rechte Hand, an dessen der dunkle Handschutz fehlte. Ein langes funkelndes Schwert trug er an der Seite, das bei manch seiner Bewegungen hervor lugte. Er kramte geschäftig in seinen Taschen herum, als sich ihm Legolas in den Weg stellte und er erschrocken stehen blieb.
Leogals sah ihn kurz an und sprach etwas in einer unbekannten Sprache, dass Elbisch sein musste. Offensichtlich verstand der Mann Elbisch, denn er schien kurz perplex zu sein.
Dann musterte Legolas ihn und fügte in der allgemeinen Sprache hinzu.
„Du siehst furchtbar aus.“
Immer noch erstaunt sah der Mann Legolas an und fing dann plötzlich an breit zu lächeln.
Etwas ärgerte sich Gweneth, das sie die Situation nicht verstand.
´Vermutlich ist das so ein Männerding.`
Beide begrüßten sich mit einer Geste an der Schulter, bis plötzlich Legolas etwas aus seiner Tasche zog und ihm in die Hand drückte. Gweneth ging neugierig einen Stück näher heran um besser sehen zu können und als der Mann seine Hand öffnete, lag darin eine fein gearbeitete Kette und ein Anhänger, der wunderschön war und ein seltsames, sanftes Licht verströmte.
Er musterte sie sanft und sah dann mit einem seltsamen Gesichtsausdruck Legolas an. Stumm erwiderte er seinen Blick, bis der Mann in einer fremden Sprache etwas murmelte und sie sich kurz zunickten. Legolas trat beiseite und ließ den Mann passieren. Er warf einen kurzen Blick zu Gweneth und blieb kurz erstaunt stehen.
Er musterte sie kurz und nickte ihr dann zu. Sie erwiderte seine Geste und sah, wie die Halle durchquerte und er die geschlossenen Flügeltüren öffnete.
„Wer war das Legolas?“
Fragte Gweneth leise und sah ihn erwartungsvoll an, der ihm hinter her gesehen hatte und nun zu Gweneth sah.
Erst jetzt bemerkte sie, dass er fast ein halben Kopf größer war
„Das war Aragorn, Arathorns Sohn. Derjenige, der von der Klippe stürzte.“
Ungläubig sah sie Legolas an und er lächelte über ihren verdutzten Gesichtsausdruck.
„Das muss ich gleich Éowyn erzählen!“
Meinte sie und wollte schon gehen, als er sie an ihrem Arm festhielt.
„Ich glaube sie weiß es bereits.“
Und deutete mit einem Kopfnicken auf das Ende der ersten Halle. Etwas abseits konnte sie ihr Haar erkennen, welches im Wind wehte.
„Dann ist es gut.“
Murmelte sie und drehte sich wieder zu ihm um.
„Verzeiht Gweneth, aber ich denke Gimli und ich werden gebraucht.“
Meinte er und rief Gimli zu sich.
´Vermutlich hat er irgendwas mit seinem elbischen Gehör gehört, das wichtig war.´
Beide nickten ihr zu und gingen dann in die hintere Halle, dessen Tore hinter ihnen geschlossen wurde. Untätig stand sie dar und wusste nicht so ganz was sie machen sollte. Als sie sich umblickte, war Éowyn nicht mehr da und alle anderen die sie kannte auch nicht. In die Besprechung wollte sie nicht reinplatzen, denn die Türen waren verschlossen und damit ein eindeutiges Zeichen.
Also ging sie zu ihrem Lieblingsplatz, auf der Brüstung im ersten Ring.