Der Ring der Erde

Kapitel 18

Alles um sie herum war dunkel und dennoch fühlte sie sich geborgen. Gweneth wusste, dass wenn sie die schützende Dunkelheit verließ, nur Schmerz auf sie warten würde. Doch jemand schien ihren Namen zu rufen und die Dunkelheit wich allmählich.
Immer deutlicher konnte sie hören, dass jemand ihren Namen rief.
„Gweneth… Gweneth… ich bitte dich, wach auf!“
´Die Stimme kenne ich… wer ruft mich? Wieso ist sie so schmerzerfüllt?´
Ein leises Schluchzend drang an ihr Ohr und es schmerzte sie, dass jemand wegen ihr weinte. Mühselig versuchte sie ihre Augenlider zu heben, doch sie flatterten nur schwach. Es schien jedoch nicht unbemerkt geblieben zu sein, denn ihr Kopf wurde in zwei Hände genommen und jemand strich ihr über die Wange.
„Gweneth?“
Ein letztes Mal versuchte sie es und öffnete ihre Augen. Ihr Blick schärfte sich nach ein paar Augenschlägen und sie konnte ein Gesicht ausmachen, das sie nur zu gut kannte. „Erkenbrand.“
Flüstert sie, sah ihn erstaunt an und ihr Herz schein vor Freude anzuschwellen. Sie konnte nicht anders als ein kleinen Freudenschrei loszulassen und ihm stürmisch um den Hals zu fallen. Ihre Muskeln protestieren vor Schmerz, dennoch ließ sie ihn nicht los. Glücksgefühle überschwemmte sie und auch Erkenbrand drückte sie fest an sich.
„Bei Eru… und ich dachte ich hätte dich schon verloren.“
Flüsterte er und drückte sein Gesicht in ihre Hals beuge. Tränen vor Freude liefen ihr die Wangen runter und ein leiser Schluchzer brach aus sie heraus.
„Ich habe mir solche Sorgen um dich gemacht.“
Brachte sie mühselig hervor und er ließ sie langsam los. Sie tat es ihm gleich und versuchte sich aufzusetzen, jedoch war sie zu schwach und Erkenbrand hielt sie stattdessen sachte in seinen Armen. Er strich ihr die wirren Haare aus dem Gesicht und lächelte sie liebevoll an.
„Verzeih, dass ich dir Kummer bereitete.“
Sie lächelte ihn freudig an und wischt sich dann energisch die Tränen aus ihrem Gesicht.
„Jetzt bist du ja da.“
Hauchte sie strahlend und konnte es immer noch kaum fassen, dass er nun bei ihr war.
´Er ist zurück gekehrt, wie er es versprochen hat… er hat mich nicht im Stich gelassen… ein wahrer Bruder und ein wahrer Freund.´
Ihr Blick strich über sein Gesicht und nahm erst jetzt wahr, wie er wirklich aussah. Sein Gesicht war blutverschmiert, genauso wie seine Rüstung. Ein paar leichte Kratzer zogen sich über seine Wangen, anscheinend war er ansonsten unverletzt. Nur seine Miene zeugte von harten Tagen und einer großen Müdigkeit.
„Kannst du aufstehen?“
Fragte er und sie versuchte es, doch ihre Beine knickten immer wieder unter ihr weg. Schließlich erbarmte sich Erkenbrand erneut und nahm sie hoch in seine Arme.
„Ich bin doch bestimmt schwer.“
Murrte sie und er lachte leise, was Balsam für ihre Seele war und sie erneut zum Lächeln brachte.
„Du bist ein Fliegengewicht.“
Meinte er und brachte sie erneut zum Grinsen. Denn sie wusste, dass sie mit der Rüstung mehr wog, als sie es ursprünglich getan hätte. Doch da nun die Angst um Erkenbrand versiegt war, stieg die Sorge um die anderen, die ihr inzwischen ans Herz gewachsen waren.
„Erkenbrand, sag, wie geht es den anderen? Éomer, Gamling, Eothin, Aragorn, Legolas, Gimli und dem König?“
„Gamling und Eothin sind noch mit Aufräumarbeiten beschäftigt.“
„Und die anderen? Geht es ihnen gut?“
„Uns geht es gut, Gweneth, doch es freut mich, dass Ihr nach uns gefragt habt.“
Ertönte eine melodische Stimme, die nur Legolas gehören konnte. Erkenbrand drehte sich um und jetzt konnte sie Legolas sehen, der mit Gimli die Treppen hinauf ging. Etwas weiter dahinter erkannte sie den König, der neben Aragorn und Éomer lief.
Erleichtert lächelte sie und eine weitere Anspannung fiel von ihr herab.
„Das ist schön zu hören. Das erleichtert ungemein mein Herz.“
Legolas lächelte sie freundlich an und sein Blick glitt über ihre Rüstung und blieb plötzlich an ihrem Arm hängen.
„Ihr seid verletzt!“
„Was?“
Verwirrt sah sie an ihrem linken Arm herunter und erinnerte sich, dass ein Ork sie mit seiner Klinge verletzt hatte. Ihr war es bis jetzt nicht aufgefallen, da ihr jeder Muskel und jede Bewegung schmerzte.
Erkenbrand ging sachte in die Knie, legte sie sanft auf den Boden und stellte sein Bein auf, damit sie sich daran lehnen konnte. Legolas ging ebenfalls in die Knie und betrachtete kurz den Schnitt. Dann löste er behutsam den linken Schulterschutz, der einen großen Schnitt aufwies und befreite sie von den Unterarmschützern, so wie ihrem Handschuh. Vorsichtig zerschnitt er ihr blutgetränkter Pullover mit einem kleinen Messer und legte die Wunde frei. Ein zischen entfuhr es Erkenbrand, als sie ihre Verletzung sahen. Selbst Gweneth hob überrascht ihre Augenbraue, denn er sah wirklich nicht gut aus.
Eine klaffende Wunde zog sich über den ganzen Arm, der jedoch schon aufgehört hatte zu bluten.
Aragorn und Éomer hatten sich hinter Erkenbrand gestellt und Gimli kommentierte ihre Wunde mit einem lauten Seufzer.
„Das sieht wahrlich nicht gut aus.“
Brummte Gimli und Gweneth hob ihren Blick. Er hatte seinen Helm abgezogen und offenbarte somit der dicke Verband, der um seinen Kopf geschlungen war. An manchen Stellen wies er große Blutflecke auf.
„Gimli, was ist denn mit dir geschehen?“
Er winkte ab und schüttelte den Kopf.
„Nur ein kleiner Kratzer. Hab wohl nicht richtig aufgepasst als so ein stickender Ork auf mich zu gerannt kam. Hab es ihm heimgezahlt indem ich seinen Kopf abschlug.“
Er lachte leise und stütze sich wieder auf seiner mächtigen Axt ab.
Währenddessen inspizierte Legolas ihren Arm und strich mit seinen kühlen Fingerkuppen sachte über die Wunde. Ein brennender Schmerz zog sich durch ihren Arm, der sie laut nach Luft schnappen ließ.
„Verzeih.“
Entschuldigte sich schnell der Elb und sah sie aus seinen blauen Augen verzeihend an, doch Gweneth schüttelte den Kopf.
„Schon ok.“
Brachte sie mühsam hervor und warf einen Blick in die Runde. Alle besahen ihre Wunde und sie störte es, dass ihr alle solch Beachtung schenkten.
„Habt ihr nichts Besseres zu tun, als auf meine Wunde zu starren?“
Fragte sie und alle fingen an zu grinsen.
„Das ist die Gweneth, die ich kenne.“
Meinte Erkenbrand lachend und drückte ihr einen Kuss auf die Stirn. Seine Haare fielen ihr ins Gesicht und somit sah sie nicht, dass sich Éomers Züge anspannten und sein Blick sich verdunkelte, während die Gefährten sich gegenseitig verblüffte Blicke zuwarfen.
„Die Wunde ist nicht tief und wird gut verheilen, wenn du dich schonst. Du scheinst von den Valar gesegnet zu sein, wenn sie dir in solch gefahren Gnade gewähren.“
Meinte Legolas und schenkte ihr ein kleines, aber strahlendes Lächeln.
„Ich hatte wohl Glück im Unglück.“
Sagte sie und betrachtete ihren blutverschmierten Arm und die lange Wunde. Je intensiver sie die unansehnliche Wunde betrachtete, desto mehr schien sie zu schmerzen und zu brennen.
„Du solltest dich ausruhen.“
Brummte Erkenbrand und strich ihr sanft über ihre dunklen Haare, während seine Augen sie besorgt musterten. Gweneth nickte, denn erneut versuchte ihre Müdigkeit sie einzuholen und sie spürte den Schlaf schon in ihren schweren Gliedern.
Dann nahm Erkenbrand sie vorsichtig auf seine Arme und wollte mit ihr hinein gehen, als jemand, ganz in weiß gekleidet an ihnen vorbei gingen. Respektvoll nickte Erkenbrand dem Mann zu, der sich nun ebenfalls zu ihm umdrehte und die Geste leicht erwiderte.
Seine langen Haare und der Bart waren weiß und schienen im Licht der Sonne zu leuchten. Sie hatte noch niemanden gesehen, der so alt aussah und dennoch vor Macht und Weisheit zu trotzen schien. Seine blauen Augen ruhten kurz auf Erkenbrand, huschten dann zu Gweneth weiter und erstarrten. Der Blick seiner Augen schien sich tief in ihr hineinzubohren und sie konnte Unglaube und Überraschung darin lesen. Sein Mund klappte kurz entgeistert auf, schloss ihn jedoch schnell wieder. Mit einer schnellen Bewegung, die sie einem Greisen nicht zugetraut hätte, überwand er die kurz Distanz zu ihnen, nahm ihre linke Hand ins seine und betrachtete erschüttert ihren Ring. Erneut wanderten seine Augen zu ihr und durchbohrten ihre topasfarbenen.
„Mallos?“
Flüsterte er und sah sie weiterhin entgeistert an, während Gweneth nicht wusste, wen er meinte.

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