Kapitel 3
Blau leuchtete die Tankstelle in der frühen Morgendämmerung und bescherte Gweneth ein Lächeln auf den Lippen. Ihr Magen knurrte und gluckerte schon eine geraume Zeit und ihr Hunger wuchs. Sie betrat die Tankstelle und ging durch die Süßigkeiten- und Chipsregale zu den belegten Brötchen an der Theke. Ihr Magen knurrte wieder, als sie vor der Glasscheibe stehen blieb und ihr Blick immer wieder von dem Hot Dog, aufs Salamibrötchen glitt.
„Kann ich dir helfen?“ fragte eine freundliche Stimme und Gweneth sah kurz zur brünetten Kassiererin auf, die sie freundlich anlächelte.
„Ich kann mich einfach nicht entscheiden, was ich nehmen soll.“ Meinte Gweneth und sah wieder auf beide. Kurz schien die Kassiererin zu überlegen und strich sich eine wirre strähne, die sich aus ihrem Zopf gelöst hatte, hinter ihr Ohr.
„Nimm doch einfach beide.“
Gweneth sah wieder auf und lächelte.
„Würde ich gerne, aber mein Geld reicht nicht für beide…meine Geldkarte hab ich leider nicht mitgenommen…“ kurz hielt sie inne und entschied sich dann.
„Ich nehm den Hot Dog… rot weiß, bitte!“ Schnell kramte sie ihr restliches Kleingeld heraus und legte sie auf den Tisch. Die Kassiererin lächelte sie breit an, richtete den Hot Dog, steckte ihn in die Tüte und legte ein Salamibrötchen hinzu.
„Aber…“ wollte Gweneth gerade ansetzen, als die Kassiererin mit dem Kopf schüttelte und ihr mit den Blicken gebot, es anzunehmen.
„Vielen Dank!“ sagte Gweneth herzlich, steckte sich das Essen die die Tasche und strahlte die Kassiererin an. Mit einem weiteren Lächeln, drehte sich Gweneth um und steuerte auf die Tür zu, als diese gerade aufgerissen wurde und ein schwarz gekleideter Mann, mit einer Clownsmaske auf dem Gesicht eintrat.
Überrascht hielt Gweneth inne und erstarrte, als sie sah wie er eine Pistole unter seiner schwarzen Lederjacke hervorzog.
„Alle auf den Boden, das ist ein Überfall!“ schrie er und Gweneth ging sofort in die Hocke und hielt ihre Hände in die Höhe. Ihr Blut rauschte in den Ohren und ihr Herz schlug ihr bis zum Hals. Mit weit aufgerissenen Augen sah sie den Mann schockiert an, der schnell auf die Theke zuging und nach Geld verlangte. Immer wieder sah er sich nervös um und fuchtelte mit der Pistole rum.
„Schneller!“ rief er und die Kassiererin schnappte schnell das Geld und stopfte es in eine Tüte. Allerdings war es nicht gerade viel Geld.
„Das ist alles!“ brüllte er verärgert und sah auf das Kleingeld und die wenigen Scheine, die zusammen gerade einmal einhundert Euro ergaben. Gweneths Gehirn ratterte inzwischen auf Hochtouren.
´Soll ich mich einmischen? Immerhin hab ich nicht umsonst Jahrelang Judo gemacht… obwohl es eigentlich zur Verteidigung gedacht war. Aber ist das hier nicht jetzt so was wie eine Notfallsituation?´
Langsam spähte sie über die Regale und konnte das verängstigte Gesicht der Kassiererin ausmachen. Auch bemerkte sie, wie der Arm der Frau langsam nach unten wanderte.
´Sie löst den stillen Alarm aus´
Aber das schien auch der Mann zu merken, denn er holte aus und schlug die frau, mit dem Knauf der Pistole zu Boden. Dabei blieb er mit der Jacke an seiner Maske hängen und riss diese mit hinunter.
Gweneth zuckte erschrocken zusammen und erstarrte, als er sich umdrehte und sie sein Gesicht sah. Sofort ging sie in Deckung und wich langsam zu dem Regal hinter ihr zurück.
Plötzlich raschelte es laut, als sie mit dem Ellenbogen gegen eine Chipstüte stieß.
Ihr Puls schnellte nach oben und dröhnte ihr in den Ohren. Ihr Atem ging abgehackt und ihr wurde es regelrecht schlecht vor Angst. Auf einmal sah sie etwas aus dem Augenwinkel auf sie zukommen und sie wirbelte herum. Vor ihr stand der Mann und zielte mit dem Lauf der Pistole auf ihr Herz. Wie in Zeitlupe konnte sie sehen, wie er sie diabolisch angrinste und langsam den Abzug drückte. Gweneth wollte noch zur Seite springen, schaffte es jedoch nicht rechtzeitig. Sie hörte den Knall und spürte die Kugel, wie sie sich langsam in ihre linke Schulter bohrte, Sehnen zerschnitt und Muskelfasern trennte. Wie Feuer brannte die Einschussstelle, ihr Kopf füllte sich mit dem Schmerz aus und sie riss den Mund auf um schmerzvoll aufzuschreien. Ein weiteres Mal hörte sie einen lauten Knall und ein weitender, bohrender Schmerz machte sich in ihrer linken Hüfte breit. Gweneth verdrehte die Augen und ließ sich nach hinten fallen. Wie in Zeitlupe sah sie die Regale an sich vorbeiziehen, als plötzlich eine leise Stimme in ihrem Kopf etwas flüsterte.
„Ich trage dich fort, an einen mir bekannten Ort… dort wird sich alles entscheiden… .“
Gweneth wartete auf den Aufprall auf den Boden, doch er kam nicht. Immer noch fiel sie und es war, als würde sich der Erdboden unter ihr aufmachen und sie sanft in ihre Arme schließen.
Alles wurde schwarz, und sie konnte nur noch den stechenden Schmerz ausmachen und die sanfte Wärme, sie sie umfing.
Auf einmal spürte sie einen kühlen Luftzug und Gras unter ihrem Körper. Benommen vor Schmerzen öffnete sie schwach ihre Augen und sah in einen blauen Himmel. Von irgendwoher kamen seltsame, trommelartige Geräusche und stimmen drangen an ihr Ohr. Ihr Bewusstsein entglitt ihr langsam und sie hatte alle Mühe ihre Augen aufzuhalten. Schon verschwamm ihre Sicht und ihr war auf einmal schrecklich kalt.
´Was geschieht mit mir? Werde ich…sterben? Fühlt sich so sterben an? ´
Schon tanzten dunkle Flecken vor den Augen, als sich plötzlich etwas in ihr Blickfeld schob. Angestrengt versuchte sie wieder ihr Blick zu schärfen, schaffte es jedoch nicht. Sie war müde und wollte einfach nur noch schlafen.
Etwas legte sich an ihre Wange und sie erkannte eine raue Hand.
´Dann ist das etwas vor mir… ein Mensch…´
Gerade noch konnte sie blonde Haare erkennen und eine dunkle Stimme schien von weit er etwas zu sagen. Doch sie konnte nichts mehr hören und nichts mehr sehen. Selbst die Schmerzen waren wie weggeblasen, als ihre Augen zu vielen und sie in der Dunkelheit versank.