Kapitel 31
Der strenge Blick Éowyns ließ ihr eine Gänsehaut über die Arme laufen und erst jetzt verstand sie Éomer, der sich vor ihren Wutausbrüchen fürchtete. Schuldbewusst sah Gweneth auf den Boden und ging dann ohne sie eines Blickes zu würdigen zu ihrem Kleiderschrank.
„Ich war unterwegs. Verzeih, falls ich dir Sorgen bereitet habe“, meinte sie schnell, während sie ein frisches Kleid heraus zog, da sie immer noch das rote, kostbare Kleid von Éowyn an hatte.
Seit dem Fest war sie nicht mehr in ihrem Zimmer gewesen und hatte somit keine Zeit gehabt, sich umzuziehen. Ihre Nerven waren aufs Äußerste gespannt und all ihre Sinne waren geschärft.
„Warum hast du denn noch das Kleid vom Tag des Festes an?“
Innerlich erschauderte Gweneth und legte nach einem kurzen Zögern das neue Kleid auf ihr Bett.
„Es… es gefiel mir so gut, dass ich es erneut anziehen musste“, meinte sie hastig und ihr Herz pochte in ihrer Brust.
Obwohl sie Éowyn nicht ansah, wusste sie, dass Éowyn ihr keinen Glauben schenken würde.
„Du warst doch gestern Abend bei meinem Bruder“, entgegnete Éowyn ruhig und Gweneth erstarrte in ihrer Bewegung, das Kleid von ihren Schultern zu streifen.
Sie hatte sehr wohl den angespannten Unterton in Éowyns Stimme bemerkt. Jedoch setzte sie dann ihr Vorhaben fort und ließ das Kleid unachtsam zu Boden gleiten. Was sie jedoch nicht wusste, war, dass Éomer ein Denkmal auf ihrer Haut hinterlassen hatte und sie es bis jetzt völlig übersehen hatte.
„Gweneth! Was hast du da?“
Verwundert hob sie ihren Blick und sah Éowyn an, die fassungslos auf ihren Bauch starrte. Schnell sah sie ebenfalls hin und entdeckte nun den großen, inzwischen violetten, Knutschfleck unterhalb ihres Nabels.
„Ich… ich hab mich gestoßen“, log sie schnell und drehte sich mit hämmerndem Herzen weg.
´Oh nein! Sie wird es erraten! Wie kann ich auch so dämlich sein und das nicht bemerken? Wegen meiner Unachtsamkeit verrate ich uns beide! ´
In Windeseile schnappte sie sich das schokoladenfarbene Kleid und zog es rasch an. Doch bevor sie es richtig schließen konnte, hatte Éowyn sie am Arm gepackt und herumgewirbelt. Ihre Augen glänzten, jedoch nicht vor Wut, wie es Gweneth angenommen hatte, sondern voller Glück.
„Du und mein Bruder… seid ihr… habt ihr…?“, fragte sie mit großen Augen und ein leichtes Grinsen bildete sich auf ihrem Gesicht.
Gweneth schlug schnell die Augen nieder, errötete jedoch ein klein wenig. Mehr als das schien Éowyn nicht zu benötigen, um ihre Vermutung bestätigt zu sehen.
„Ich freu mich so für euch beide! Ihr passt so gut zusammen! Seit wann ist etwas zwischen euch? Wann hat es angefangen? Ich will alles von euch beiden wissen!“
Mit einem Strahlen im Gesicht zog sie Gweneth mit sanfter Gewalt auf ihr Bett und wie ein kleines Kind sah sie abwartend und mit glänzenden Augen Gweneth an.
Dieser schauderte etwas davor, ihr alles zu erzählen, da es sowieso kein gutes Ende geben würde. Doch sie konnte nicht widerstehen, in schönen Erinnerungen zu schwelgen und erzählte vom ersten Treffen in Helms Klamm bis zum letzten Auseinandergehen vor wenigen Augenblicken. Éowyn hatte die ganze Zeit begierig gelauscht und strahlte immer noch über das ganze Gesicht, doch Gweneth war nun wieder mit der kalten Realität konfrontiert und ihr leichtes Lächeln tröpfelte aus ihrem Gesicht.
„Weshalb siehst du so traurig aus?“, fragte Éowyn, als Gweneth mit leerem Blick aus dem Fenster starrte.
Ruckartig löste sie ihren Blick von den Bergen in der Ferne und sah Éowyn an.
„Kannst du dir das nicht denken?“, flüsterte Gweneth und ohne es zu wollen, stiegen ihr die Tränen empor.
Éowyn streckte ihre Hand aus und strich einfühlsam über Gweneths Hand.
„Es ist nicht gerecht, dass ihr so früh wieder getrennt werdet.“
„Nichts in dieser Welt ist gerecht“, hauchte Gweneth und drückte sachte Éowyns Hand, die so viel zarter war, als ihre eigenen, schwieligen Hände.
Zaghaft streckte Éowyn ihre andere Hand aus, strich Gweneth über die Wange und sie spürte etwas Nasses darauf. Erst jetzt bemerkte Gweneth, dass sie weinte. Ärgerlich wischte sie sich die Tränen weg und versuchte, sich erneut zu fassen, doch dieses Mal war es für sie schwieriger als sonst. Zu sehr hatte sie den Wunsch, endlich diesen schweren Kloß auf ihrer Brust hinweg zu weinen.
„Wie geht es dir?“, fragte mit einem Mal Éowyn und sah so besorgt und mitfühlend aus, dass Gweneth erneut die Tränen empor stiegen.
„Wie es mir geht?“, fragte sie mit zittriger Stimme und musste kurz überlegen, ob sie ihr von dem innerlichen Schmerz erzählen oder ihn einfach überspielen sollte.
Doch sie spürte, wie langsam ihr geistiger Widerstand brach und sie wollte lieber in solch einem Moment jemand bei sich wissen, als wenn sie alleine und unerwartet zusammenbrechen würde. Somit entschloss sie sich, ihr vollends die Wahrheit zu sagen.
„Es fühlt sich an, als ob… auf meinen Schultern eine unglaubliche Last liegt und mich zu zerdrücken droht. Der Stein in meiner Brust ist manchmal… so unglaublich schwer und hindert mich irgendwie…, wieder richtig zu atmen, wieder unbeschwert zu sein.“
Die ersten Tränen fielen auf die dunkelgrüne Bettdecke.
„Nichts lieber möchte ich, als hier zu bleiben… bei ihm, der mir inzwischen so unglaublich viel bedeutet; bei dir, meiner besten Freundin; bei Erkenbrand, meinem geliebten Bruder, und bei meinen teuren Freunden… doch geht es nicht…. Ich fühl mich einfach… so zerrissen. Zerrissen zwischen meiner und deiner Welt… denn wie könnte ich meine Eltern einfach so zurück lassen… doch wie könnte ich auch euch einfach so zurück lassen?“
Weitere Tränen tropften an ihrem Kinn hinunter und als ob endlich der Damm in ihrem Inneren gebrochen wäre, strömten die Tränen und der Schmerz aus ihr heraus. Ihr Körper zitterte unter ihren Weinkrämpfen und mit einem Mal lag sie in Éowyns Schoß und diese strich sachte über Gweneths Haar. Éowyn sprach zu ihr kein Wort des Trostes, denn niemand hätte sie verstanden, der nicht dasselbe durchlitt, wie sie selbst.
Doch einfach nur das Gefühl zu haben, bei einer liebenden Person zu sein, die mit ihr litt, war für Gweneth genug.
Ihr Körper schüttelte sich unter ihren Schluchzern und der Schmerz in ihrer Brust schien nur noch schlimmer zu werden. Mit verzerrtem Gesicht klammerte sie sich an Éowyn und weinte, bis ihr Kopf zu schmerzen begann und die Tränen langsam versiegten. Immer noch beruhigte sie Gweneth, die sich allmählich wieder zusammenreißen konnte und sich langsam aufrichtete. Leicht verschämt strich sie sich noch einmal über ihr Gesicht und wischte somit die letzten Tränen von ihren leicht geröteten Zügen.
Ihr war es etwas peinlich, dass Éowyn sie beim Weinen gesehen hatte und sie auch noch trösten musste.
„Verzeih, dass ich dich ganz nass geweint habe und dass du das mitansehen musstest.“
„Für so etwas musst du dich nicht entschuldigen“, meinte Éowyn zaghaft und lächelte Gweneth an, die immer noch leicht verschämt ihren Blick mied.
„Auf deinen Schultern liegt eine schwere Last, die du schon eine Weile mit dir trägst. Es ist nicht verwunderlich, wenn sie manchmal zu schwer wird.“
Nun lächelte Gweneth leicht und sah Éowyn mit ihren geröteten Augen an.
„Danke“, hauchte sie und meinte es aus vollem Herzen.
Éowyn schien es richtig zu verstehen, denn ihr anfangs zaghaftes Lächeln wurde breiter.
„Dafür sind doch beste Freundinnen da.“
Gweneths Lächeln wurde auch breiter und sie drückte Éowyns Hand fest. Dann atmete sie tief ein und fühlte sich nun selbstbewusster und stärker.
´Vielleicht sollte man nicht alle Dinge für sich behalten… wer weiß, wann ich ansonsten zusammengebrochen wäre… es tut gut, solch eine Freundin zu haben, die nicht von meiner Seite weicht… ich werde diese Welt wirklich vermissen´, stellte sie nüchtern fest, spürte trotzdem wieder einen Stich in ihrem Herzen.
Einen Moment lang schwiegen sie und genossen einfach die Nähe des anderen. Dann seufzte Gweneth und stand langsam auf. Sie verschloss ihr Kleid richtig, wusch sich ihr Gesicht und sah dann mit starren Augen aus dem Fenster. Ihr Blick wanderte wieder über die weiten Ebenen und die hohen Berge dahinter. Mit einem Mal spürte sie, wie Éowyn ihr Haar in ihre Hand nahm und sie sanft kämmte.
„Du hast solch schönes Haar“, murmelte Éowyn und Gweneth konnte sich ein leichtes Lächeln nicht verkneifen.
„Wie heißt eigentlich dieser Gebirgszug?“, lenkte sie ab und betrachtete die weißen Spitzen, die sich in den Himmel reckten.
„Das ist das Weiße Gebirge. Von den Elben wird es auch die Ered Nimrais, Berge der weißen Hörner, genannt.“
„Ered Nimrais… ein schöner Name, mit einer noch schöneren Übersetzung.“
Wieder schwiegen sie einen Moment, in der Éowyn weiter ihre Haare kämmte.
„Weißt du…, in meiner Welt existiert eine Sportart, in der man sich… dünne Holzlatten an die Füße bindet und mit Stöcken in den Händen Schneeabhänge hinunterfährt.“
Sie spürte, wie Éowyn stoppte.
„Man bindet sich… Holzlatten an die Füße?!“
Auch ohne ihr Gesicht zu sehen, konnte sie aus Éowyns Stimme ihre Überraschung heraushören und ließ sie leise lachen. Sie wusste, dass dieses Thema sie beide erheitern und sie etwas von ihren düsteren Gedanken ablenken würde.
„Es hört sich schlimmer an als es ist… ich habe es auch einmal getan und es hat mir riesigen Spaß gemacht“, gab sie zu und grinste breit.
„Erzähl mir mehr!“, meinte Éowyn wissbegierig und kämmte weiter Gweneths Haare, die anfing von verschiedenen Wintersportarten zu erzählen.
Éowyn war wie ein neugieriges, wissbegieriges, kleines Kind, das jedes ihrer Worte aufzusaugen schien. Nichts schien ihr unmöglich und insgeheim bewunderte Gweneth diesen Charakterzug von ihr.
„Und man kann mit ihnen Kunststücke machen?“
„Ja, sogar ziemlich gewagte… es gibt für fast alles einen Wettkampf und wenn man gut genug ist, kann man daran teilnehmen.“
Éowyn flocht ihr Haar zu einem dicken Zopf und band das Ende mit einem ledernen Band zu.
„Deine Welt ist unglaublich beeindruckend.“
„Nicht nur meine“, erwiderte Gweneth mit einem Lächeln und drehte sich zu Éowyn um.
„Danke.“
Sie strich mit ihrer Hand über ihren dicken Zopf und ihre Haare fühlten sich an wie Seide. Éowyn beobachtete amüsiert Gweneths zufriedenen Gesichtsausdruck.
„Was hast du heute noch vor?“, fragte sie mit einem Mal und ließ Gweneth kurz nachdenken.
„Ich denke…, ich werde etwas zeichnen und mich mit den Gefährten unterhalten… und mit dir, wenn du es denn in Aragorns Nähe aushältst“, antwortete sie mit einem Grinsen und Éowyn errötete.
„Danach werde ich erneut über Arda wandeln und dann wieder das gleiche tun.“
„Und was ist mit Éomer?“
„Wir haben vereinbart, dass unsere Beziehung erst einmal geheim bleibt. Er hat heute vermutlich eh viel zu viel zu tun… wir werden uns aber spätestens heute Abend wieder sehen.“
Sie ging zur Truhe und holte daraus ihre Zeichenutensilien. Dabei bemerkte sie, dass jemand ihre Umhängetasche zurück in die Truhe gelegt hatte.
„Hast du meine Tasche zurückgelegt?“
„Ja. Immerhin war es meine Schuld, dass ich dich aus dem Raum gezogen hatte. Zum Glück war noch alles da.“
„Danke… und wollen wir los?“
Éowyn nickte und folgte dann Gweneth in die Goldene Halle. Dort entdeckte sie Legolas und Gimli, die zusammen an einem langen Tisch saßen und Gimli gerade dabei war, eine ganze Haxe zu vertilgen. Ihre Mundwinkel zuckten amüsiert, als sie näher kamen und die beiden sie schließlich bemerkten. Legolas lächelte ihr zu, während Gimli laut vor sich hin schmatzte. Gweneth erwiderte sein Lächeln und ließ sich neben Legolas nieder, der gegenüber von Gimli saß. Éowyn setzte sich neben Gimli und sah ihm lächelnd beim Verspeisen zu.
„Geht es dir besser?“, fragte Legolas mit seiner sanften Stimme, aus der sie wirkliche Besorgnis heraushören konnte.
Selbst seine blauen Augen musterten sie besorgt.
„Ja, der lange Schlaf hat mir gut getan. Ich bin wieder voller Kräfte.“
„Dann probierst du es heute noch einmal?“, fragte Gimli, dessen Worte sie nur schwer durch seinen vollen Mund verstehen konnte.
„Ja… vielleicht schaff ich es zwei Mal, wenn ich dazwischen etwas Ruhe.“
Gimli senkte die Haxe und sah sie aus unergründlichen, dunklen Augen an.
„Meinst du nicht, dass es ein wenig früh ist?“
„Du kannst die Macht des Ringes nicht recht nutzen“, meinte nun auch Legolas und erneut schwang tiefe Besorgnis in seiner Stimme mit.
Es rührte Gweneth, dass sich beide Gefährten so um ihr Wohl sorgten und erneut spürte sie wieder diesen tiefen Stich in ihrem Herzen.
„Ich muss es wagen.“
Gimli atmete tief durch und warf ihr einen kurzen Blick zu, als er danach weiter seine Haxe verschlang. Legolas sah sie ebenfalls besorgt aus seinen hellen, blauen Augen an und schien noch nicht recht überzeugt.
„Macht euch um mich keine Sorgen. Ich werde es schon schaffen. Dieses Mal bin ich vorsichtiger,“ versprach sie mit einem Lächeln und warf den beiden einen freundlichen Blick zu.
„Wirst du es gleich probieren?“, fragte Gimli wieder mit vollem Mund.
„Nein… ich dachte mir, ob ihr mir nicht vielleicht etwas über euer Leben erzählen wollt und was ihr schon alles erlebt habt, während ich euch zeichne.“
Gimli verschluckte sich heftig an einem Stück Fleisch, so dass Éowyn kräftig auf seinen Rücken hauen musste, damit er wieder Luft bekam.
„Du willst was?“
„Euch zeichnen. Dann werde ich Euch alle nicht vergessen.“
Gimli brummelte und drehte seine Haxe, mit einem Runzeln auf der Stirn, in seiner Hand.
„Wenn´s unbedingt sein muss!“, grummelte er und aß dann energisch weiter.
Gweneth lächelte und zückte dann ihren Kohlestift. Schnell spitzte sie ihn fachmännisch mit einem Messer und drehte sich dann so, dass sie Legolas gut im Blickfeld hatte.
„Ich bin der Erste, dem diese Ehre gebührt?“, meinte er mit einem seiner schönsten Lächeln und Gweneth erwiderte es.
„Genau… erzähl doch etwas über dich.“
„Und was möchtest du wissen?“
„Fang einfach mit irgendetwas an… zum Beispiel über deine Familie, dein Zuhause oder über die Elben an sich.“
Legolas atmete tief ein und überlegte einen kurzen Moment. Seine hellen, blauen Augen schienen in die Ferne zu wandern und Gweneth setzte die Spitze ihres Kohlestifts auf das reine Papier.
„Nun, über meine Familie gibt es nicht viel zu berichten. Jedoch könnte ich dir viel über die Geschichte der Elben erzählen.“
„Nichts würde ich lieber hören.“
Er nickte ihr zu, während ihre Hand über das Blatt Papier fegte.
„Nun gut… vor langer Zeit, als Sonne und Mond noch nicht waren…“, begann er von der Vergangenheit und der Entstehungsgeschichte der Elben zu erzählen, während alle drei gespannt lauschten.
Gweneth zeichnete unterdessen alle drei, die es nicht einmal bemerkten. So gefangen waren sie von Legolas‘ Schilderungen und den alten Geschichten seiner Vorfahren.
Auch erzählte er, wie Aragorn und er Freunde wurden und als ob er es gehört hätte, erschien Aragorn und gesellte sich zu ihnen. Kurz rutschte Éowyn nervös auf ihrer Bank herum und errötete leicht, dennoch blieb sie. Legolas und Aragorn erzählten nun abwechselnd von ihren Streichen und Abenteuern, wobei sie immer mal wieder lachen mussten. Gweneth hatte Legolas noch nie so gelöst und entspannt gesehen, wie in diesem Moment und sie freute sich, dass sie in der Lage war, ihn so auf ihrem Papier festhalten zu können.
Es wurde eine sehr gesellige Runde und Gweneth schaffte es sogar, von jedem eine zweite Zeichnung anzufertigen. Ihre Hand schmerzte schon etwas, als sie den letzten Strich an Gimlis Haarmähne setzte und schließlich ihr Buch mit einem erleichterten Seufzen zuklappte.
„Schon fertig?“, fragte Éowyn verblüfft und Gweneth lächelte stolz.
„Ja, ich habe es sogar geschafft, jeden von euch zwei Mal zu zeichnen.“
„Düften wir deine Zeichnungen denn einmal sehen?“, fragte Aragorn und stopfte seine Pfeife.
„Sicher, doch wartet, bis ich weg bin. Es ist mir ansonsten recht unangenehm, eure Kommentare zu hören, mögen sie noch so gut sein“, gab sie zu und setzte sich dann im Schneidersitz auf die Bank, darauf achtend, dass niemand unter ihren langen Rock sah.
„Wohin möchtest du denn dieses Mal gehen?“, fragte Gimli und stopfte sich nun auch seine lange Pfeife.
„Ich werde Lothlórien noch einmal einen Besuch abstatten. Dieser Ort ist einfach… etwas Besonderes.“
„Fürwahr.“
„Falls du die Herrin des Goldenen Waldes siehst, richte ihr bitte meine tiefe Ergebenheit zu ihr aus“, bat Gimli und alle fingen an zu grinsen, während Gimli verträumt vor sich auf den Tisch starrte.
„Ich denke nicht, dass ich ihr begegnen werde, aber falls mir die Ehre zuteilwird, sie zu sehen, werde ich es ihr ausrichten.“
Gimli nickte ihr dankend zu und Gweneth schloss ihre Augen.
Erneut bemerkte sie, dass dieses Mal weniger Konzentration von Nöten war, damit sie den Goldenen Wald durch ihr inneres Auge sehen konnte und innerhalb weniger Herzschläge saß sie auf dem angenehm warmen Waldboden.
Seelig lächelnd strich sie wieder über das knisternde, goldene Laub und fühlte sich erneut sehr geborgen. Der Wind ließ die Blätter in den Kronen rascheln und ein leiser Singsang zog sich, wie ein Hauch, durch die Blätter. Jegliches Zeitgefühl erlosch, als sie dem Gesang des Windes lauschte und das silberne Tänzeln der Blätter beobachtete, als sie aus ihrem Tagtraum gerissen wurde.
„Mae govannen, Menschenfrau.“