Der Ring der Erde

Kapitel 33

Langsam öffnete sie ihre Augen und sah direkt in das Feuer, das vor ihr in der Feuerstelle loderte. Ein paar Mal blinzelte sie, um ihren Blick zu schärfen und sah sich dann um. Ihr Blick glitt über die leeren Tische und Bänke und entdeckte schließlich Aragorn, der gegen eine Säule gelehnt Ringe in die Luft paffte. Offensichtlich war ihr Auftauchen nicht bemerkt worden, denn er sah weiterhin starr auf den Boden und schien über etwas nachzudenken.
„Ich bin wieder da“, sprach sie leise und Aragorn zuckte kurz zusammen.
Sein Blick hob sich und begegnete dem ihren. Ein Lächeln erschien in seinem Gesicht und mit wenigen Schritten war er zu ihr getreten.
„Du warst eine lange Zeit fort.“
Er bot ihr seine Hand an, die sie dankbar annahm und vorsichtig zog er sie auf die Beine. Kurz zitterten diese unter ihrer Last und erneut fühlte sie diese Schwäche, die sie so verabscheute. Beim Aufstehen fiel ihr das Geschenk von Galadriel auf den Boden und Aragorn hob es für sie auf. Bevor er jedoch etwas sagen konnte, wurden die Flügeltüren geöffnet und Legolas trat ein, der sich suchend umsah. Als sein Blick auf sie fiel, lächelte er und ging mit leicht federnden Schritten zu ihr. Plötzlich wurden die Tore erneut geöffnet und ein schwer atmender Zwerg trat ein.
„Ah, du bist wieder da! Dann hat sich das Spitzohr also nicht verhört!“
„Du hast mich gehört?“, fragte sie Legolas erstaunt, da sowohl Aragorn als auch sie selber leise gesprochen hatten.
„Die Elben besitzen ein feines Gehör“, antwortete er und seine blauen Augen wanderten zu dem geschnürten Paket in Aragorns Hand.
„Ein Geschenk der Herrin des Goldenen Waldes?“, fragte er neugierig und betrachtete den silbernen Stoff eindringlicher.
„Ja, sie war wirklich sehr nett… und Gimli, du hattest Recht, als du meintest, dass Galadriel die schönste Frau Ardas sei.“
Kurz war Gimlis Gesichtsausdruck überrascht, doch dann strahlte er über sein ganzes Gesicht.
„Du hast sie gesehen? Erzähl mir von ihr!“, meinte er begierig und Gweneth konnte sich ein kleines Lachen nicht verkneifen.
„Wenn du es wünschst, werde ich dir von unserer Begegnung erzählen. Doch lasst uns dazu hinsetzen, meine Beine fühlen sich noch etwas schwächlich an.“
Der Zwerg und der Elb nickten, während Aragorn sie an der Hand nahm und vorsichtig auf einen Stuhl geleitete. Erleichtert atmete sie auf und wollte schon beginnen, als schnelle Schritte sie innehalten ließen. Auf einmal eilte Éowyn in die Halle und lächelte breit, als sie Gweneth erblickte.
„Gweneth! Endlich! Ich sorgte mich schon um dich!“
Mit schnellen Schritten war Éowyn bei ihr und grüßte die anderen durch ein leichtes Kopfnicken, die ihre Geste erwiderten. Als jedoch Aragorn ihren Gruß erwiderte, röteten sich leicht ihre Wangen und schnell sah sie wieder zu Gweneth.
„Kein Grund zur Sorge, mir ist nichts geschehen. Möchtest du dich zu uns setzen und zuhören?“
„Sie war in Lothlórien, die Glückliche“, murmelte Gimli und in seinen Augen sah man eine Sanftheit, die man nur selten bei ihm sah.
„Ah, Herrin Éowyn! Ihr müsst auch einmal dieses wunderschöne Reich mit eigenen Augen sehen… dessen Schönheit lässt sich nur schwer in Worte fassen.“
„Damit hat Gimli Recht. Solch wunderschönen Bäume sah ich noch nie zuvor.“
Sie atmete tief ein und erzählte dann, was sie im Goldenen Wald erlebt hatte. Über ihre Begegnung mit Galadriel, wie sie zusammen nach Caras Galadhon gingen und die seltsame Magie, die dort herrschte. Auch erwähnte sie kurz den Spiegel und fuhr dann sogleich fort, von dem Geschenk zu erzählen.
„Und ich habe deine Botschaft an die Herrin überbracht.“
Gimlis Blick leuchtete und ein glückseliges Lächeln schlich sich auf sein Gesicht.
„Hat sie dir noch irgendetwas gesagt?“, fragte er begierig und brachte Gweneth zum Schmunzeln.
„In der Tat… sie meinte, dass es eine Freude gewesen sei, einem Zwerg wie dir begegnet zu sein.“
Gimli strahlte und Gweneth meinte, ihn leicht erröten zu sehen, was sie jedoch wegen seiner Haarpracht nur schwer ausmachen konnte.
„Ich danke dir“, brummelte er und rutschte etwas verlegen hin und her.
„Gweneth?“, fragte Éowyn und sicherte so Gweneths Aufmerksamkeit.
„Was hast du in dem Spiegel gesehen?“
Unweigerlich stiegen ihr die Bilder vor ihren geistigen Augen hoch und ließen sie leicht frösteln.
„Ich sah…Dinge, die waren und Dinge, die noch sein mögen.“
Ihre Stimme brach ab und das Bild ihrer Eltern am Grabe drang in ihr erneut hoch. Niemand schien weiter zu fragen, denn ihr erstarrtes Gesicht und ihre vor Kummer getrübten Augen ließen keinen Zweifel, dass sie Schlimmes gesehen haben musste.
„Ich habe mich dazu entschlossen, heut Abend einen Versuch zu wagen, nach Hause zurückzukehren“, meinte sie noch mit einer leicht brüchigen Stimme und sah aus dem Augenwinkel, wie die Gefährten leicht zusammenzuckten.
„Ist es nicht noch etwas verfrüht? Dein Körper ist noch geschwächt von der letzten Reise“, fragte Aragorn ruhig.
„Ich werde es versuchen müssen… und sorge dich nicht… ich werde genug ruhen, damit ich den Weg auch meistern werde.“
„Wirst du dann wieder hierher kommen, falls es dir gelingen sollte?“, fragte Éowyn und Trauer lag in ihren grauen Augen.
„Ja, denn morgen erwartet mich Gandalf und hier sind noch ein paar Dinge, die ich mitnehmen möchte. Wir sehen uns also wieder.“
Sie lächelte Éowyn ermutigend zu, die dieses nur zu gern erwiderte.
„Was denkst du, was Galadriel dir geschenkt hat?“, fragte Legolas, dessen Augen auf dem Paket ruhten, das immer noch in Aragorns Händen lag.
„Nun… ich vermute, dass es etwas zum Anziehen ist. Es gibt nach, wenn man es anfässt und ist ganz leicht. Nur in der Mitte befindet sich etwas Härteres. Jedoch habe ich keine Ahnung, was dies sein mag. Ich werde wohl warten müssen, bis ich daheim bin.“
Seufzend strich sie über den weichen, silbernen Stoff, der das Paket zusammenhielt und erinnerte sich wieder an den Goldenen Wald zurück. Diese Ruhe, die dieser Ort ausstrahlte und ihr Innerstes beruhigte, wünschte sie sich mit einem Mal zurück. Denn nun stieg Nervosität in ihr hoch, wenn sie an den abendlichen Versuch dachte, nach Hause zu gehen.
„Ich pack mal Galadriels Geschenk in meine Tasche. Nicht, dass ich es vergesse“, meinte sie mit einem breiten Lächeln und erhob sich.
Sogleich spürte sie die Schwäche in ihren Gliedern und stützte sich leicht auf dem Tisch ab.
„Ich begleite dich“, sagte Aragorn und stand schnell auf, das Geschenk in seinen Händen haltend.
„Ich schaff das schon.“
„Mag sein, jedoch fühle ich mich besser, wenn ich dich begleite.“
Gerade heraus sah sie in seine Augen, die voller Entschlossenheit waren, und gab dann schließlich nach.
„Wenn es dir dann besser geht“, knurrte sie leicht verärgert und ging ein paar wackelige Schritte nach vorne.
„Ich werde dich auch begleiten“, meinte Éowyn und stand schnell auf. Jedoch warf ihr Gweneth einen tödlichen Blick zu und Éowyn setzte sich langsam wieder hin. Ihr war es schon unangenehm, dass Aragorn sie begleitete und wenn Éowyn noch dabei war, fühlte sie sich wie eine Invalidin.
Aragorn ging um den Tisch herum und bot seinen Arm an. Sie warf ihm einen bösen Blick zu, den er jedoch gekonnt ignorierte und sah sie weiterhin auffordernd an. Schließlich gab sie nach und hakte sich unter. Zusammen durchquerten sie die Halle und Gweneth merkte, dass sie seine Stütze sehr wohl brauchte. Manchmal verschwamm der Boden vor ihren Augen und Halt suchend klammerte sie sich an Aragorns Arm, der sie ohne Schwierigkeiten führte. Nach einer halben Ewigkeit, so kam ihr es zumindest vor, erreichten sie Gweneths Gemach und Aragorn setzte sie bestimmend auf ihr Bett.
„Ich werde es für dich einpacken. Ruh dich ein wenig aus.“
Gweneth widersprach nicht, obwohl sie es gerne täte, aber sie spürte, dass sie die Ruhe nötig hatte.
„Meine Tasche befindet sich in der Truhe am Fußende des Bettes.“
Aragorn öffnete diese und kramte unter Gweneths Rüstung beide Satteltaschen hervor.
Er öffnete beide und versuchte, Galadriels Geschenk in einer der beiden zu verstauen. Er nahm ein cremefarbenes Bündel heraus und schaffte so Platz für das Geschenk. Als er das Bündel auf das Bett legte, fiel es jedoch herunter und entrollte sich. Schon wollte es Aragorn wieder einpacken, als er verwirrt seine Augenbrauen zusammenzog.
„Was ist das?“, fragte er vorsichtig und hob die Stofffetzen hoch.
Zuerst erkannte Gweneth nicht, was dies sein sollte, doch dann fiel es ihr wieder ein. Es war ihr helles Top und der cremefarbene Minirock, den sie angehabt hatte, als sie nach Mittelerde gekommen war. Ein Grinsen schlich sich auf ihr Gesicht und sie nahm ihm dann beides ab.
„Das sind Kleidungsstücke aus meiner Welt“, meinte sie leicht verträumt und befühlte den Stoff, der ihr mit einem Mal so vertraut schien. Aragorn hob jedoch verblüfft seine Augenbrauen.
„Sieh, so trägt man es bei uns.“
Sie legte den Minirock an ihre Hüfte und das Top hob sie sich an den Oberkörper.
„Es zeigt mehr, als es verdeckt“, sprach er ruhig, aber mit eindeutiger Skepsis.
„Ja, das stimmt… aber so sichert man sich die Aufmerksamkeit der Männer.“
„Ist dies denn nötig bei deinem Äußeren?“
Gweneths Lächeln wurde breiter.
„Die Konkurrenz schläft nicht“, antwortete sie jedoch nur und legte ihre Sachen wieder zusammen.
„Gab es in deiner Welt keinen Mann, der auf dich achtgab?“
Doch damit schnitt er ein Thema an, das sie eigentlich lieber vermieden hätte.
„Es gab einmal einen Mann in meinem Leben, aber die Beziehung verlief nicht so gut. Sie scheiterte letzten Endes und ließ mich mit gebrochenem Herzen zurück. Meine Ansprüche an die Männer sind seitdem gestiegen und nur wenige vermögen diese Aspekte zu erfüllen.“
Unweigerlich wanderten ihre Gedanken zu Éomer und erneut stiegen die Bilder ihrer gemeinsamen Zukunft hervor. Traurigkeit befiel sie und Tränen sammelten sich in ihren Augen. Als Aragorn ihre Kleidung wieder verpackte und aufsah, konnte er gerade noch erkennen, wie sie sich verstohlen eine Träne von der Wange strich.
„Was hast du? Hab ich etwas Falsches gesagt?“, fragte er bestürzt, ging zu ihr und setzte sich neben sie aufs Bett.
Mit gläsernen Augen sah sie ihn kurz an und schüttelte dann den Kopf.
„Nein… es ist nichts, was du gesagt hast. Es ist nur…“
Sie hielt inne und schwieg. Ihre Probleme wollte sie ihm nicht aufdrängen, obwohl sie so gerne von den Bildern in ihrem Kopf erzählen würde.
„Wenn es etwas gibt, das dich bedrückt, so kannst du ruhig mit mir darüber sprechen. Ich werde es niemandem erzählen“, sprach er sanft und einfühlsam.
Er legte mitfühlend eine Hand auf ihre Schulter und drückte sie sanft. Gweneth schwankte hin und her und sah ihm kurz zweifelnd in seine Augen, die jedoch voller Ernsthaftigkeit waren.
„Versprichst du es?“
„Ich verspreche es“, schwor er aufrichtig und Gweneth nickte leicht.
Sie atmete tief ein und knetete nervös ihre feuchten Hände.
„Als Galadriel mir einen Blick in ihren Spiegel gewährte, sah ich…“
Sie schluckte hart, als sie wieder an ihr Grab denken musste.
„Ich sah, wie meine Eltern und meine beste Freundin an meinem Grab trauerten. Ich sah, wie glücklich Éomer war, wenn ich mich entschließe, hier zu bleiben. Ich sah unsere Tochter.“
Ein glückliches Lächeln stahl sich auf ihr Gesicht, wurde aber von den Tränen auf ihrer Wange überschattet.
„Sie war so hübsch“, hauchte Gweneth und ihr Lächeln verblasste wieder.
„Ginge ich, würde er erneut heiraten… eine wunderschöne Frau war an seiner Seite, doch er würde mich nie vergessen. Er besaß eine meiner Patronenhülsen… er sah so alt… so unglücklich aus.“
Ihre Stimme brach weg und Tränen rollten ihr nur so über die Wange. Aragorn strich ihr die Tränen behutsam fort, jedoch folgten gleich darauf neue.
„Doch die Gefahr ist zu groß, wenn ich bliebe… ich sah, was geschehen würde, wenn Sauron den Ring bekäme. Eure Welt brannte…. Meine wurde vernichtet und auf ewig gezeichnet.“
Sie zitterte und ihr war so unendlich kalt. Aragorn bemerkt dies und hüllte sie in ihre dicke Bettdecke. Er nahm sie tröstend in den Arm und strich ihr beruhigend über den Kopf. Sie lehnte sich an seine Brust und konnte sich nur unter größter Mühe beherrschen, nicht hier und jetzt zusammenzubrechen.
Aragorn sprach etwas in einer fremden Sprache, die sie zwischen ihren Schluchzern als elbisch erkannte. Wie schon bei Galadriel sickerten seine Worte tief in ihr Innerstes und beruhigten sie augenblicklich. Je länger er sprach, desto mehr erlangte sie ihre innere Kraft wieder. Langsam bekam sie sich wieder unter Kontrolle und zwang sich, nicht mehr Tränen zu vergießen. Als sie sicher war, nicht mehr weinen zu müssen, lehnte sie sich nach hinten und Aragorn ließ sie frei. Er verstummte und sie schenkte ihm ein trauriges Lächeln.
„Danke“, hauchte sie und wischte sich mit der Decke über die Augen.
Er lächelt sie leicht an, doch seine Augen waren voller Sorge und Mitgefühl.
„Es waren schlimme Dinge, die du gesehen hast. Schwer liegen sie dir auf deinem Herzen.“
Gweneth nickte, doch tat es gut, hier jemanden zu wissen, der wusste, was sie gesehen hatte.
„Aragorn, kannst du mir noch ein Versprechen geben?“, fragte sie unsicher und sah ihn bittend mit großen Augen an, fuhr jedoch fort, als er nichts erwiderte.
„Wenn ich nicht mehr hier bin… achte auf ihn. Er soll niemanden ehelichen, den er nicht liebt, nur weil es seine Pflicht als König ist. Er soll…“
Sie schluckte hart und es schmerzte sie, die Worte in den Mund zu nehmen.
„Er soll mich vergessen und sein Leben weiter leben, denn dazu werde auch ich gezwungen sein“, meinte sie mit gebrochener Stimme und gebrochenem Herzen.
Sie warf einen unsicheren Blick zu Aragorn, der jedoch zu überlegen schien. Als er ihren Blick bemerkte, hob er leicht seinen Kopf und nickte ihr zu.
„Ich werde auf ihn achten. Du hast mein Wort.“
Erleichterung durchfloss sie und ließ sie traurig lächeln.
„Hab Dank. Es beruhigt mein Herz.“
Eine einzelne Träne kullerte ihr über die Wange, die jedoch Aragorn behutsam wegstrich.
„Komm, gehen wir zu den anderen. Vielleicht vermögen sie es, deine Stimmung zu heben.“
Gweneth seufzte, schälte sich aus der Decke und stand auf. Zwar besaß sie mehr Kraft als vorher, dennoch waren ihre Beine wackelig. Aragorn schien es zu bemerken, denn erneut bot er seinen Arm mit strengen Augen an. Innerlich seufzte sie, war jedoch insgeheim froh, dass sie jemand hatte, der sie stützte. Doch bevor sie den Raum verließen, hielt sie noch einmal inne.
„Ist etwas?“, fragte Aragorn sofort und sah in ihr Gesicht, auf dem er einen innerlichen Kampf ablesen konnte. Gweneth war sich nämlich nicht sicher, ob sie Éomer heute Abend zurückweisen oder die restliche Zeit mit ihm genießen sollte.
„Es ist nur…“
´Ohje, wie soll ich ihm DAS nur begreiflich machen? In diesem Land ist es eigentlich was Unanständiges, mit einem Mann zu schlafen, mit dem man noch nicht liiert ist… also verlobt oder zumindest versprochen.´
„Éomer und ich haben die letzte Nacht miteinander verbracht.“
Er hob seine beiden Brauen, sagte jedoch nichts.
„Und bevor du vorschnell über mich richtest, solltest du wissen, dass so etwas völlig normal in meiner Welt ist“, fügte sie schnell hinzu und entlockte ihm ein kleines Lächeln.
„Danach sah ich jedoch in den Spiegel und jetzt bin ich mir nicht mehr sicher, ob es so klug wäre, eine weitere, letzte Nacht miteinander zu verbringen. Ich befürchte, es würde unsere Beziehung nur verstärken und es wäre schwerer zu gehen.“
Hilfe suchend sah sie Aragorn an, der ihren unsicheren Blick fest erwiderte.
„Was sagt dein Herz dir?“
Kurz war sie von ihm überrascht, antwortete jedoch.
„Mein Herz möchte… wenigstens noch dieses eine Mal… bei ihm sein.“
Aragorn nickte und lächelte erneut leicht.
„Dann tu, was dein Herz von dir verlangt. Noch bist du in Mittelerde und es würde nur euch beiden schaden, wenn ihr nebeneinander lebt, euch jedoch nicht berühren dürftet.“
Einen Augenblick lang sahen sie sich nur schweigend in die Augen, jedoch konnte Gweneth in ihnen keine Lüge entdecken, so nickte sie einfach nur.
„Du hast Recht… und Aragorn…?“
Erneut hob er eine Augenbraue und innerlich war sie erstaunt über seine Ruhe, mit der er ihr zuhörte.
„Danke“, hauchte sie und ein strahlendes Lächeln erschien auf ihrem Gesicht.
„Nicht der Rede wert. Guten Freunden schenkt man gerne seine Zeit.“
Ihr Lächeln wurde noch breiter und er nickte ihr leicht lächelnd zu. Dann führte er sie aus dem Raum hinaus und mehr als einmal war sie froh, dass er bei ihr war, denn ab und an stolperte sie und klammerte sich Halt suchend an seinen Arm. Sie war sich sicher, dass sie ohne ihn mehr als einmal gestürzt wäre. Schließlich erreichten sie die Halle, jedoch entdeckten sie keinen der Gefährten oder jemanden, den sie kannten.
„Wo mögen sie denn hin sein?“
Aragorn sah sich suchend um, lächelte aber mit einem Mal breit.
„Ich denke, sie sind draußen. Ich meine, Gimlis lautes Lachen zu hören.“
„Das kannst du von hier hören?“
„Ich habe ein gutes Gehör“, meinte er nur und führte sie hinaus.
Der frische Wind schlug ihr ins Gesicht und gierig atmete sie die saubere Luft ein. Kurz ließ sie einen Blick über das grüne Wellenland gleiten und konnte sich ein kleines Lächeln nicht verkneifen. Aragorn führte sie die Treppen hinunter und schon meinte auch sie, Gimlis dröhnende Stimme zu hören, jedoch sah sie noch niemanden.
„Ich höre ihn jetzt auch, doch wo mögen sie denn sein?“
„Vermutlich befinden sie sich auf dem Übungsplatz.“
Er führte sie zu den Stallungen, ging jedoch nicht hinein, sondern drum herum. Dahinter befand sich ein umzäunter Platz, dessen erdiger Boden platt getreten war. Auf dem Platz selber kämpfte ein großer Mann mit einem lockigen Kind. Als sie jedoch näher trat, erkannte sie Merry, dessen errötetes Gesicht schon voller Schweiß war. An dem Zaun lehnten die Gefährten und mit einem nervösen Herzschlag registrierte sie auch Éomer. Aragorn ging zielstrebig auf sie zu und keiner schien ihre Anwesenheit bemerkt zu haben, bis sie nahe bei ihnen waren. Legolas drehte sich zu ihnen als Erster um und nickte ihnen freundlich zu. Nun bemerkte auch Gimli ihre Anwesenheit, dem sie sachte zunickte und dann zu Éomer sah, dessen Blick auf ihrer Hand ruhte, mit der sie sich an Aragorns Arm klammerte. Seine Augen waren hart, als er schließlich ihren Blick erwiderte.
„Ah! Da seid ihr ja endlich! Habt den ganzen Spaß verpasst!“, donnerte Gimli und lachte schallend.
„Der Hobbit schlägt sich für seine Größe recht gut“, fügte er noch laut hinzu und drehte sich wieder dem Übungsgeschehen zu.
Aragorn führte Gweneth zum Zaun, an dem sie sich dann festhielt. Sie stand nun neben Éomer und konnte seinen angespannten Körper nur zu gut aus dem Augenwinkel sehen.
„Ich danke dir, Aragorn, für deine Stütze. Ohne dich wär ich bestimmt nicht ohne blaue Flecken hinaus gelangt“, meinte sie mit einem Grinsen und konnte förmlich spüren, wie sich Éomer neben ihr entspannte.
´Dass er immer gleich das Schlimmste befürchtet… aber um ehrlich zu sein, schmeichelt mir seine Eifersucht etwas. Immerhin habe ich Aragorn nicht abgeknutscht, sondern habe mich nur an ihm festgehalten.´
Gweneth wandte sich den beiden Kämpfern zu und schenkte dabei Éomer ein kurzes Lächeln. Ihre Augen verfolgten zwar den Kampf, dennoch waren ihre Gedanken bei Éomer. Sie bekam nicht einmal mit, wie Aragorn den Rohirrim ablöste und nun mit Merry übte.
„Warst du erneut auf Wanderschaft?“, durchbrach Éomer die Stille mit seiner rauen Stimme, die ihr eine angenehme Gänsehaut bescherte. Sie lächelte ihn an und nickte.
„Ich war im Goldenen Wald… Er ist wirklich einzigartig und atemberaubend schön“, flüsterte sie schon fast mit einem verträumten Gesichtsausdruck, der Éomer zum Schmunzeln brachte.
„Hast du dessen Herrin gesehen?“
Gweneths Inneres zuckte kurz zusammen, als sie an die Bilder dachte.
„Ja, das habe ich“, antwortete sie mit einem ernsten Gesichtsausdruck und wandte sich dem Kampf des Hobbits zu.
„Wie war sie?“
Kurz seufzte sie und lächelte dann jedoch, als sie an Galadriels Schönheit dachte.
„Sie ist wunderschön und sehr freundlich. Doch lass uns heute Abend darüber reden, denn hier auf diesem offenen Feld möchte ich ungern über die Herrin sprechen… jemand Unerwünschtes könnte uns hören.“
´Naja, so genau stimmt das zwar nicht, aber ich möchte vorher mir darüber Gedanken machen. Nicht, dass ich gezwungen werde, über die Bilder im Spiegel zu reden… zumindest die Bilder, die uns beide betreffen.´
Sie warf ihm ein entschuldigendes Lächeln zu, das er mit einem Nicken akzeptierte.
„Und nun erzähl mir, Éomer, wie kam es dazu, dass Merry nun hier trainiert.“
Éomer lachte und fing Merrys Geschichte an, die davon erzählte, wie er unbedingt ein besserer Krieger werden wollte und wie er es geschafft hatte, Éomers Ausbilder zu überreden, ihm dabei zu helfen.
„Ich denke jedoch, dass Théor einfach nur wollte, dass Merry seinen Mund hielt“, raunte Éomer amüsiert und Gweneth lachte laut.
„Da mögest du Recht haben. Er kann schon sehr nerven“, fügte sie noch leise hinzu und kicherte in sich hinein.
Unwillkürlich waren sie näher zusammengerutscht und hatten die Anwesenheit von Gimli, Legolas und den beiden Kämpfern ausgeblendet.
„Im Übrigen vermisst dich Kolfreyja.“
Sie zuckte heftig zusammen und Schuldgefühle überrollten sie, als sie an ihr treues Pferd dachte.
„Oh nein! Ich habe sie vollkommen vergessen!“
Schnell vergrub sie ihr Gesicht vor Scham in ihren Händen und sah Éomer mit großen Augen zwischen ihren Fingern an.
„Keine Sorge, um dein Pferd wurde sich gut gekümmert. Außerdem hattest du mit vielem zu kämpfen. Es ist somit nicht verwunderlich, dass du nicht an sie gedacht hast.“
„Dennoch war es nicht gut von mir…. ich geh gleich zu ihr.“
„Dann werde ich dich begleiten. Du bist noch geschwächt.“
Schon wollte sie widersprechen, als sie jedoch die Entschlossenheit in seinen Augen sah, gab sie nach.
„In Ordnung.“
Mit einem resignierten, kurzen Schnauber hakte sie sich in den angebotenen Arm von Éomer ein und drehte sich noch einmal zu Legolas und Gimli um, die jedoch nicht mehr am Zaun waren. Verwundert sah sie sich um, konnte sie jedoch nicht entdecken.
„Wo sind sie denn hin?“, fragte sie verwirrt und hörte Éomer leicht lachen.
„Vielleicht bemerkten sie, dass sie nur stören würden und ließen uns unsere Ruhe.“
Seine Augen funkelten vor Schalk und sie konnte es sich nicht verkneifen, ihm leicht in die Seite zu stupsen. Dann sah sie erneut zu den zwei Kämpfenden und wendete sich dann den Stallungen zu. Éomer führte sie und durch die Kleidungsschichten konnte sie seinen stählernen Arm fühlen. Er war breiter und sehniger, als der von Aragorn, doch gerade das gefiel ihr. Er öffnete ihr die Tür und zusammen traten sie ein. Der Duft von Heu, Stroh und Pferd schlug ihr entgegen und ließ sie augenblicklich lächeln. Im Licht der Sonne schimmerten die vielen goldenen Verzierungen und als sie vorbeischritten, konnte sie sich an ihnen kaum satt sehen. Es waren nicht viele Krieger im Stall und zwischen den murmelnden Stimmen war nur das Schnauben der Pferde zu hören.
Schließlich erreichten sie Kolfreyjas Box und als Gweneth ihren Namen rief, hob die Stute ihren Kopf und schnaubte erfreut.
Gweneth ließ Éomers Arm los und streichelte den Kopf des schwarzen Tieres.
„Na, hast du mich vermisst?“
Kolfreyja schnaubte und stupste sie leicht.
„Ja, ich weiß… es tut mir leid, dass ich dich so lange warten ließ. Aber jetzt bin ich ja da.“
Gweneth kraulte sie hinter den Ohren und entlockte Kolfreyja ein Schnauben.
„Wirst du auf sie aufpassen, wenn ich gegangen bin?“
Aus dem Augenwinkel heraus sah sie, wie Éomer neben sie getreten war und den Hals des Tieres streichelte.
„Das werde ich. Mach dir keine Sorgen um sie.“
Kurz schluckte Gweneth ihre Worte hinunter, vermochte es aber nicht, sie unten zu halten. Schnell sah sie sich zu allen Seiten um, bemerkte jedoch, dass niemand mehr im Stall war und wagte so, die Worte auszusprechen, die ihr auf der Zunge lagen.
„Um sie mach ich mir keine Sorgen“, flüsterte sie leise und warf einen kurzen Blick zu Éomer, der sich ihr zuwendete.
„Sondern um dich.“
Abwartend sah sie ihn an, jedoch verriet seine Miene nichts.
„Wieso machst du dir Sorgen um mich?“
„Sorgt man sich nicht immer um die, die man liebt?“
´Unglaublich, da bin ich eine gewisse Zeit in einer anderen Welt und schon sagte ich das berüchtigte L-Wort, das ich daheim nur zu drei Personen gesagt habe… aber es stimmt… ich denke wirklich, dass ich ihn vom ganzem Herzen liebe… wow… das zu hören ist schon seltsam, aber… einfach nur die Wahrheit…, aber denkt er denn nicht genauso?´
„Sorgst du dich denn nicht um mich?“, fragte sie und spürte plötzlich, wie seine Hand sich um ihr Handgelenk legte und er sie dazu brachte, ihn anzusehen.
Kurz zog er sie zu sich her und sie stolperte fast an seine Brust. Ihre Finger legten sich auf seinen Brustkorb und sie spürte, wie schnell sein Herz darunter schlug. Unweigerlich beschleunigte sich auch ihr Herzschlag und Wärme durchflutete ihren Körper. Seine andere Hand legte sich auf ihre Wange und hob sanft ihren Blick. Topasfarbene trafen auf hellbraune Augen und verschmolzen miteinander.
„Natürlich sorge ich mich um dich, denn wie werde ich erfahren, ob du wirklich dorthin gelangst, wohin du möchtest? Wie kann ich mir sicher sein, dass dir dort nichts Böses geschieht? Wie kann ich sicher sein, dass du in deiner Heimat dein Glück findest? Nicht nur für dich ist dieser Abschied schwer“, raunte er und ehe sie etwas sagen konnte, spürte sie seine Lippen auf ihren.
Seine Lippen waren weich und der Bart stupfte sie keineswegs, wie sie es in ihrer Heimat gewohnt war. Zärtlich strich sie durch seine Stoppeln und erwiderte den Kuss ebenso zärtlich. Sein Arm legte sich um ihre Taille und zog sie bestimmend an sich heran. Sie spürte seinen stählernen Körper auf ihrem und erneut wallte eine Hitze in ihr hoch, die ihr Innerstes schon fast zu versengen schien. Ihre Arme schlangen sich um seinen Hals und der Kuss wurde intensiver und leidenschaftlicher. Éomer wirbelte sie mühelos herum und mit einem Mal war sie eingeklemmt zwischen ihm und der Pferdetür. Sie seufzte genussvoll, als er mit seinen heißen Fingern über ihr Gesicht strich und er sie voller Verlangen ansah. Er grinste leicht und küsste sie erneut, wild und heftig, so dass ihr das Blut in den Ohren rauschte. Ihr Herzschlag beschleunigte sich und hämmerte ihr gegen den Brustkorb. Plötzlich wurde sie heftig gestoßen und ein lautes Pferdewiehern ertönte neben ihr. Plötzlich war Éomers wärmender Körper verschwunden und verwirrt sah sie sich um. Er war einen Schritt zurückgegangen und massierte sich seine Schulter. Offenbar hatte Kolfreyja ihn gebissen, da er die Stute missmutig anfunkelte. Schon wollte Gweneth sie tadeln, als mit einem Mal die Stalltür geöffnet wurde und mehrere Rohirrim plaudernd eintraten. Als die Soldaten Éomer und Gweneth bemerkte, nickten sie ihnen respektvoll zu und gingen schließlich zu ihren Pferden. Da verstand Gweneth, dass Kolfreyja ihr Geheimnis bewahrt hatte. Sie warf einen schnellen Blick zu Éomer, der nun leicht lächelte und Kolfreyja die Blesse streichelte.
„Du bist ein treues und sehr intelligentes Pferd“, meinte er, nahm etwas aus seinem Gehänge und reichte es ihr. Gweneth meinte, auf seiner Handfläche ein Stück Möhre erblickt zu haben, bevor Kolfreyja sich gierig darauf stürzte. Gweneth trat nun ebenfalls zu Kolfreyja und klopfte ihr sacht auf den Hals.
„Danke“, flüsterte sie der Stute zu, die leise schnaubte und den Kopf zurückwarf.
„Wollen wir ein wenig ausreiten?“, fragte Gweneth Kolfreyja, die daraufhin laut wieherte und Gweneth zum Lächeln brachte.
„Bist du denn stark genug zum Reiten?“, fragte Éomer und seine dunklen Augenbrauen zogen sich erneut zusammen. Unwillkürlich wollte sie ihm die Stirn glatt streichen, jedoch konnte sie gerade noch den Drang unterdrücken, denn sie war sich sicher, dass die Soldaten sie beobachteten.
„Ich komme langsam wieder zu Kräften. Vor allem wird Kolfreyja auf mich aufpassen. Nicht wahr, meine Kluge?“
Sie kraulte ihr Pferd hinter den Ohren und konnte sich ein Lächeln nicht verkneifen.
„In Ordnung, aber alleine werde ich dich nicht reiten lassen. Ich helfe dir, Kolfreyja zu satteln und komme dann gleich mit Feuerfuß.“
„Nicht nötig. Ich werde sie allein satteln können.“
„Du bist noch schwach! Überanstrenge dich nicht“, knurrte er und seine Augen waren voller Entschlossenheit. Doch dieses Mal wollte sie nicht nachgeben.
„Nein, Éomer!“, widersprach sie und ihre Augen funkelten. Kurz starrten sie sich an, bis Éomer den Kopf schüttelte und sich umdrehte. Leise murmelnd ging er davon, wobei sie meinte, das Wort ´Sturkopf´ zu hören.
´Von wegen Sturkopf! Er ist schlimmer als ich!´
Doch dann wurden ihre Augen sanfter, als sie seinen breiten Rücken beobachtete und das wohlige Gefühl in ihrer Brust anschwoll. Er verließ die Stallungen und erst dann konnte sie sich Kolfreyja zuwenden. Sie öffnete das kleine Tor und ging hinein. Kolfreyja wartete schon ungeduldig und Gweneth spürte, dass sie es kaum erwarten konnte, über das saftige Gras zu preschen. Dennoch nahm sie sich die Zeit, ihr Pferd zu umsorgen und sie für ihren Reiterausflug fertig zu machen.
Als sie fertig war, führte sie ihr Pferd hinaus und band es an einem Balken fest.
„Ich komme gleich wieder“, sagte sie, strich ihrer Stute über den Hals und lief dann so schnell wie es ihr möglich war in ihr Gemach. Dort zog sie, nach einer kurzen Verschnaufpause, eiligst Hose, Pullover und Stiefel an und eilte dann wieder zurück.
„Wohin so schnell des Wegs?“, rief plötzlich Éowyn, die ihr entgegen kam, als Gweneth die steinernen Treppen hinunter eilte. Gweneth hielt schwankend inne und nahm sich die Pause, um Luft zu schöpfen und den Schwindel in ihrem Kopf zu legen.
„Ich reite aus.“
„Und wer wird dich begleiten?“
„Erahnst du es denn nicht?“, meinte sie mit einem Grinsen und nun verstand auch Éowyn.
Diese lachte plötzlich leise und deutete mit dem Kopf an, ihr die Treppen hinunter zu folgen.
„Dies erklärt einiges“, murmelte Éowyn und Gweneth wurde hellhörig.
„Was erklärt es denn?“
Éowyn grinste breit, als sie in die Richtung der Stallungen lief und schien zu überlegen, ob sie es Gweneth erzählen sollte.
„Du wirst es bald erfahren“, antwortete sie nur kryptisch und ließ Gweneths Neugierde wachsen.
„Bitte, erzähl es mir!“, bettelte Gweneth, doch Éowyn blieb hartnäckig. Nicht einmal als Gweneth große Hundeaugen machte, erweichte es Éowyns Herz.
„Du wirst es noch früh genug erfahren. Also sei still und höre auf, mich darum zu bitten!“, meinte sie ernst, jedoch mit einem kleinen Lächeln auf den Lippen.
Schließlich gab sich Gweneth geschlagen und ging enttäuschten Gesichts zu Kolfreyja, die sie schon sehnsüchtig erwartete. Beruhigend streichelte sie die Stute und sah sich dann um.
„Er wird gleich kommen“, meinte Éowyn und Gweneth nickte seufzend.
„Sag, Éowyn, halte ich dich nicht von irgendetwas fern? Du bist doch die Stufen hinauf gegangen und nun war dein Weg umsonst.“
Eine leichte Röte legte sich auf Éowyns Wangen und ließ Gweneth grinsen.
„Nun… ich versteckte mich vor meiner Lehrerin. Heute müsste ich neue Stickmuster lernen“, sagte sie mit einem düsteren Gesichtsausdruck und brachte Gweneth zum Lachen.
„Kann es sein, oh holde weiße Dame, dass ihr vor den Augen des Herrn Aragorn nicht solche Arbeit verrichten wollt, die sich für normale Frauen geziemt?“
Éowyn errötete heftig und brachte erneut Gweneth zum Lachen. Als sich Gweneth wieder beruhigt hatte und Éowyns Gesichtsfarbe wieder normal war, lächelte sie Éowyn aufmunternd zu.
„Du brauchst dir keine Gedanken über Aragorn zu machen. Er hat eine gute Meinung von dir, gleich welche Arbeit du verrichtest.“
Éowyns Gesicht hellte sich ein wenig auf.
„Dann werde ich hinauf gehen. Bis später und viel Spaß“, meinte sie schnell und schritt die Stufen hoch.
Gweneth sah ihr nach und musste unweigerlich an das Gespräch zwischen Aragorn und sich denken.
´Er wird ihr das Herz brechen… hoffentlich findet sie jemanden, mit dem sie glücklich sein kann, ohne Aragorn an ihrer Seite.´
Sie seufzte leise und streichelte dann über die weiche Schnauze von Kolfreyja.
Plötzlich hörte sie Hufgetrappel und sah auf. Aus dem Stall kam ihr Éomer entgegen, der seinen Schimmel Feuerfuß führte. Er hatte seine komplette Rüstung angelegt und ließ damit ihr Herz höher schlagen.
´Bei Eru, sieht er in der Rüstung gut aus! Wie ein richtiger Mann!´
Seine Deckhaare hatte er zusammen gebunden und seine hellbraunen Augen waren auf sie gerichtet. Unweigerlich musste sie schlucken und ihr Herz dröhnte in ihrer Brust.
„Da bist du ja endlich! Ich dachte, du wärst schon in den Abort gefallen“, neckte sie ihn und erntete ein schiefes Grinsen seinerseits.
„Verzeih, ich wollte noch etwas Proviant mitnehmen. Denn mir wurde gesagt, dass du heute noch so gut wie nichts gegessen hast.“
„Nein, du hast Recht…, aber dafür hatte ich ein ausgiebiges Frühstück.“
Ihre Augen blitzten und sein schiefes Grinsen wurde noch breiter.
„Komm, lass uns gehen.“
Er trat näher an sie heran und berührte sie sanft am Arm. Die kurze Berührung ließ sie erschaudern und es kostete ihre ganze Willenskraft, sich nicht an seinen Hals zu werfen.
„Kommst du alleine hinauf?“, fragte er mit seiner rauen Stimme und sie nickte abwesend, ihre Augen in seinen gefangen.
„Ja… ja es wird schon gehen“, sagte sie langsam und er ging einen Schritt zurück. Sie drehte sich zu ihrem Pferd um und schwang sich mit etwas Mühe in den Sattel. Sofort spürte sie den Herzschlag und die starken Muskeln des großen Tieres unter sich. Ruhe durchflutete sie und sie lächelte strahlend.
Éomer ritt neben sie und zusammen ritten sie durch Edoras, hinaus auf die weiten Hügel. Kaum hatten sie Edoras hinter sich gelassen, konnte sie Kolfreyjas Drang zu rennen förmlich spüren.
„Ein Wettrennen gefällig?“, fragte sie, doch bevor er antworten konnte, drückte sie Kolfreyja in die Seiten und die Stute schnellte mit einem freudigen Wiehern nach vorne.
Gweneth lachte und ihre Haare wehten im Wind. Doch bald darauf hörte sie Feuerfuß neben sich und warf einen Blick zurück.
Auch Éomer hatte seinem Hengst freie Zügel gegeben und die beiden Pferde lieferten sich einen erbitterten Wettkampf. Manchmal lag Feuerfuß vorn, dann wieder Kolfreyja. Der Jagdgalopp ging so lang weiter, bis sie in eine Senke hineinritten und dort eine kleine Baumgruppe ihnen im Weg stand. Éomer erreichte den Rand der Bäume als Erster, konnte jedoch Feuerfuß gerade noch zügeln, während Kolfreyja stieg und sich Gweneth nur mit Mühe auf dem Rücken halten konnte. Beruhigend tätschelte Gweneth ihr auf den Hals, bis sich Kolfreyja beruhigt hatte.
„Ich fürchte, ich habe gewonnen, Herrin.“
Éomer war neben sie geritten und grinste sie an.
„Nur weil Euch die Gegend bekannt ist und Ihr Euch daraus einen Vorteil verschaffen konntet. Auf ebenem und bekannten Gelände hätte meine Kolfreyja gewiss Euren lahmen Gaul geschlagen“, neckte sie ihn und er sah gespielt empört drein.
„So, die Dame nennt mein Ross einen lahmen Gaul? Vielleicht sollte ich der Hochwohlgeborenen den Mund verschließen, damit sie nicht noch weitere Lügengespinste stricken kann.“
„Und wie wollt Ihr das anstellen, werter Herr?“, fragte sie grinsend und schneller als sie hätte reagieren können, hatte er sie gepackt und hinüber auf sein Pferd gezogen.
„Damit“, raunte er und sah ihr tief in die Augen, bevor er sie innig küsste.
Nur zu gern erwiderte sie den Kuss und wäre nicht irgendwann Feuerfuß nervös zur Seite getänzelt, hätte der Kuss auch noch ewig gehen können.
Schwungvoll saß Éomer ab, packte Gweneth dann an der Taille und hob sie von seinem Pferd hinunter, als wäre sie leicht wie eine Feder.
Kaum berührten ihre Füße den Boden, zog Éomer sie erneut in eine feste Umarmung und küsste sie sanft auf die Stirn.
„Komm, lass uns etwas essen und trinken.“
Noch einmal küsste er sie auf die Stirn und zusammen banden sie ihre Pferde fest, breiteten eine Decke auf dem Boden aus und legten das Essen und Trinken darauf. Gweneth war erstaunt, dass er an all die vielen Köstlichkeiten gedacht hatte.
Käse, Wurst, saftiges Brot, süße knackige Äpfel, fruchtiger Wein und kühles Wasser. Sie setzten sich auf die Decke und aßen miteinander scherzend, bis alles vertilgt war und sie sich an ihn kuschelte. Er hatte beide Arme um sie gelegt und strich ihr ab und zu sanft über ihr Haar.
In der Ferne zwitscherten die Vögel und ganz langsam nutzte sie die Macht des Ringes, um in die Natur einzutauchen. Eine angenehme Wärme breitete sich in ihr aus und sogleich fühlte sie die Stärke und die weiten Ebenen des so grünen Wellenlandes, wie sie es immer insgeheim nannte. Jeder Grashalm und jeder Busch strotzte nur so vor Hingabe für die Menschen und für das Land, das sie beherbergte und erfüllten Gweneth mit einer tiefen Zufriedenheit. Tiefer wollte sie nicht eindringen, sondern schwelgte in der wärmenden Sonne in ihrem Herzen und in dem angenehmen Gefühl von Éomers Atem auf ihrer Haut.
Doch mit einem Mal merkte sie, wie er sich anspannte und langsam zog sie sich aus der Natur zurück. Fragend sah sie ihn dann an und bemerkte, dass er nachdenklich seine Augenbrauen zusammengezogen hatte.
„Beschäftigt dich irgendetwas?“, fragte sie sanft und er erwachte aus seiner Starre.
Liebevoll lächelte er sie an, antwortete jedoch nicht sofort.
„Ich wollte dir nur etwas geben und wartete auf den rechten Moment.“
Neugierde erwachte in ihr und sie richtete sich langsam auf.
„Ist dies nicht der rechte Moment?“, meinte sie grinsend und er lachte daraufhin leise.
Er nestelte an seinem Gehänge herum und nahm etwas heraus, das sie jedoch nicht sehen konnte. Neugierig beugte sie sich vor, doch Éomers Hand verbarg es vollständig.
„Was ist es denn?“, fragte sie neugierig und mit großen, funkelnden Augen.
Éomers Gesichtsausdruck war amüsiert, wurde jedoch schnell wieder ernst.
„Strecke deine Hand aus“, raunte er und sie tat, wie ihr geheißen.
Er legte seine darüber und ließ etwas Kühles auf ihre Handfläche gleiten. Schließlich zog er seine Hand zurück und Gweneth musste kurz nach Luft schnappen. In ihrer Handfläche befand sich eine feingliedrige, goldene Kette, an der ein filigranes, goldenes Herz hing. Mit großen Augen besah sie es sich genauer und bemerkte, dass dieses hohle Herz aus ineinandergreifenden Ringen bestand, die ein feines Netz bildeten. An einer Seite des Herzens waren zwei Perlen befestigt, die im Licht der Sonne wunderschön schillerten.
„Gefällt es dir?“, fragte er und sie sah ihn entgeistert an.
„Natürlich… es ist wunderschön.“
Sanft fuhr sie mit dem Daumen über die filigrane Arbeit und konnte sich daran nicht satt sehen.
„Es ist ein Geschenk… für dich.“
Überrascht sah sie ihn an und ihr klappte der Kiefer herunter.
„Ich… ich kann es nicht annehmen.“
Sie senkte ihre Hand und wollte es ihm wieder zurückgeben, doch er schüttelte nur den Kopf.
„Warum?“
„Es ist zu wertvoll für mich“, hauchte sie und sah erneut auf das goldene Herz hinab, in das sie sich schon unweigerlich verliebt hatte.
„Mach dir darüber keine Sorgen.“
Er legte seine Hand auf ihre und schloss ihre Finger über der Kette.
„Es hat mich kein Gold gekostet.“
„Woher hast du es dann?“
Éomer zögerte kurz, antwortete jedoch dann langsam.
„Es hat einst meiner Mutter gehört.“
Doch als Gweneth etwas darauf sagen wollte, unterbrach er sie.
„Mach dir keine Sorgen, dies ist nicht das einzige Andenken, was ich von ihr besitze. Es würde mein Herz beglücken, wenn du es tragen würdest.“
Er lächelte sie warm an und schließlich akzeptierte sie die Kette, wenn auch mit schwerem Herzen.
„In Ordnung… ich werde darauf achtgeben. Möchtest du sie mir anlegen?“
Er nickte und sie drehte sich mit dem Rücken zu ihm. Er nahm ihr die Kette aus der Hand und legte sie vorsichtig um ihren Hals. Er verschloss das kühle Schloss und sie drehte sich zu ihm um. Die Kette war lang und mit dem Herzen reichte sie ihr fast bis zum Bauchnabel.
„Die Kette besteht aus zwei einzelnen Ketten, du kannst sie also kürzen, wenn du es möchtest. Jedoch sollte es vielleicht noch verborgen werden vor den Augen Unwissender.“
„Ja… man könnte damit unsere Beziehung zueinander verstehen“, hauchte sie und sah dennoch glücklich auf das Herz hinab. Dann hob sie ihren Kopf und sah ihn strahlend an.
„Ich danke dir von ganzem Herzen. Ich wünschte, ich könnte dir auch etwas so Wunderbares schenken, wie du mir.“
„Das ist nicht nötig, denn alles, was ich möchte, sitzt vor mir“, raunte er und Gweneths Herz quoll über vor Liebe und Glück. Sie liebte ihn mit jeder Faser ihres Herzens und mit einem Mal traf sie die Erkenntnis, dass sie nie wieder einen Mann derartig lieben konnte wie ihn. Er war der Einzige, der ihr Herz so zum Erzittern brachte. Diese Einsicht überschwemmte ihr Herz und sie meinte schon fast, es würde vor Liebe überquellen. Ohne zu wissen wie es dazu kam, lagen beide eng umschlugen auf der Decke und liebten sich mit voller Hingabe.

Kapitel 1-10

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Kapitel 11-20

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Kapitel 21-30

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Kapitel 31-40

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Kapitel 41-50

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47

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Kapitel 51-60

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