Der Ring der Erde

Kapitel 37

Etwas zupfte sie an ihrem Mantel und riss sie aus ihrem leichten Schlaf. Verschlafen wendete sie ihren Kopf und erkannte neben sich einen kleinen Vogel, der an ihrem Mantel gezupft hatte und sie nun aus seinen kleinen schwarzen Augen neugierig ansah.
„Hallo, mein Kleiner“, flüsterte sie und der Vogel legte seinen Kopf schräg auf die Seite.
Plötzlich spannte er seine kleinen Flügel und flog geräuschvoll davon. Leicht lächelnd sah sie ihm hinterher und als er ihren Augen entschwunden war, gähnte sie erst einmal herzhaft. Ihr Blick glitt zum Himmel, der inzwischen recht blass geworden war. Sie lehnte sich zurück an den Baumstamm und genoss es, wie der leichte Wind ihr Gesicht streichelte und die Blätter über ihrem Kopf leise flüsterten. Am liebsten wäre sie hier geblieben, doch sie wusste, dass sie gehen musste. Seufzend stand sie langsam auf und streckte ihre müden Glieder, die leise knacksten.
´Besonders lange habe ich zwar nicht geschlafen, aber immerhin etwas… zumindest fühl ich mich jetzt fitter. Aber was mache ich nun? Pippin ist bestimmt noch nicht zurück und Gandalf lässt sich jetzt bestimmt auch noch nicht blicken. Nun ja, ich könnte etwas zeichnen… von Edoras habe ich genug Bilder, doch von Minas Tirith kein einziges… ich meine, irgendetwas muss ich tun. Sonst denk ich nur an Éomer und an die anderen.´
Schon bei dem Gedanken an ihn spürte sie ein Stich in ihrem Herzen und sie spürte, wie all die unterdrückten Gefühle in ihr empor stiegen. Doch sie riss sich zusammen, schloss ihre Augen und unterdrückte mit aller Macht ihren Schmerz. Erst als sie das Gefühl hatte, Herrin über ihre eigenen Empfindungen zu sein, öffnete sie ihre Augen und atmete tief ein.
´Das war knapp. So, und jetzt erst mal mich selber beschäftigen!´
Mit diesen Gedanken flocht sie erst einmal ihren leicht zerzausten Zopf neu und trat dann den Weg zurück in ihr gemeinsames Gemach an. Langsam schlenderte sie den Weg entlang, genoss währenddessen die letzten, kargen Sonnenstrahlen auf ihrer Haut, die immer seltener zu werden schienen. Nachdem sie ihr Zeichenbuch und ihre Zeichenutensilien besorgt hatte, setzte sie sich in den Spitz des dornartigen Vorsprungs der siebten Plattform, lehnte sich gegen den kühlen Stein und fing an, den Königspalast, den Turm Ecthelions mit dem Weißen Baum zu verewigen.
Die Zeichnungen dauerten länger als sie gedacht hatte, denn immer wieder verlor sie sich in den vielen Details, die Minas Tirith zu bieten hatte. Jede Säule, jede Stufe, jede Wand war nicht ohne Schmuck oder Verzierungen, die sich filigran über die Oberfläche zogen. Ihre Hand fegte nur so über die weißen Seiten und sie war versucht, jede von ihnen zu erfassen und die Schönheit, die sie innehatten, festzuhalten. Sie konnte sich daran nicht satt sehen und erst als der Himmel sich langsam rosa färbte, beendete sie ihre Zeichnung. Mit einem kleinen Lächeln schloss sie ihr Buch und sog den frischen Wind in sich auf. Ihre Augen wanderten weiter und sie überlegte, was sie sonst noch zeichnen könnte, denn noch immer juckte es ihr in den Fingern.
´In die Halle kann ich leider nicht hinein gehen… zu gerne würde ich diese Schönheit einfangen, doch ich glaube, den Truchsess würde es nur verärgern. Also lass ich das lieber mal. Doch etwas anderes könnt ich noch zeichnen… hm… ich könnte…hm… bin mal gespannt, ob sie mich lassen.´
Umständlich stand sie auf und schlenderte zum Weißen Baum, dabei ließ sie die vier Wachen nicht aus den Augen.
´Vielleicht sollte ich zuerst um Erlaubnis fragen, nicht, dass es letzten Endes konfisziert wird.´
Am Baum angekommen, schritt sie so lange im großen Bogen rum, bis sie den Baum, den Brunnen, sowie einen Wächter drauf bekam. Dann näherte sie sich dem Wächter langsam und erst als sie nahe bei ihm war, lagen seine grauen Augen auf ihr. Sein halbes Gesicht war durch einen schwarzen, blickdichten Schal vermummt und nur die Augen waren zu erkennen. Die Fältchen drum herum ließen Gweneth jedoch vermuten, dass er schon etwas älter sein musste.
„Verzeiht, wenn ich Euch bei Eurem Dienst störe, doch würde es euch missfallen, wenn ich Euch und den Baum zeichne?“
Er antwortete nicht, sondern sah sie nur lange an.
´Vielleicht darf er sich nicht bewegen, wie die Wachen der Queen?`
Schließlich nickte er kaum vernehmlich und brachte sie erleichtert zum Lächeln.
„Habt Dank.“
Schnell drehte sie sich weg, ließ sich in der richtigen Distanz nieder und legte die Spitze ihres Kohlestifts auf das Papier. Flink fegte ihre Hand darüber und mit konzentrierter Miene betrachtete sie die Rüstung und hielt diese auf ihrem Blatt Papier fest. Sie wusste nicht warum, aber Rüstungen hatten sie schon immer fasziniert. Gerade in Mittelerde waren diese so vielfältig und erzählten ihre eigenen Geschichten. Jede Farbe, jedes Muster hatte eine Vergangenheit und beeindruckten sie zutiefst. In ihrer Welt war diese Kultur schon lange erloschen und fand sich nur in alten Ruinen und Texten wieder.
Die letzten Sonnenstrahlen fielen auf die siebte Plattform und Gweneth hielt kurz ihren Atem an, so schön schien ihr die Szene. Die orangenen Lichtstrahlen brachten den weißen Marmor zum Glühen und der Weiße Baum strahlte hell in seiner ganzen Pracht. Die Rüstung des Wächters schimmerte und glitzerte silbern. Ihre Hand fegte nur noch schneller über das Papier, in der Hoffnung, diesen wunderschönen Augenblick festhalten zu können. Innerlich wünschte sie sich leise einen Fotoapparat herbei, denn nur er hätte das Licht so gut einfangen können.
Immer schneller wurde sie, bis die Strahlen erloschen und sie erleichtert den Schweiß von ihrer Stirn wischte. Lächelnd sah sie auf ihre Zeichnung hinab und hoffte, dass es gut genug sein würde. Geräuschvoll klappte sie ihr Buch zusammen und bemerkte erst jetzt, dass ihre Beine eingeschlafen waren. Leise fluchend stand sie auf und bewegte so lange ihre Beine, bis sie wieder gehen konnte. Danach ging sie zur Wache, bedankte sich höflich und eilte zurück in das Gemach, denn sie war müde geworden und hungrig.
Als sie es erreicht hatte, schleppte sie sich zurück in ihre Bettnische und zog dort erst einmal die schwere Rüstung aus. Schnell wusch sie sich das Gesicht und den Nacken, als sie hörte, wie die Tür ins Schloss fiel. Rasch schob sie den Vorhang beiseite, hoffend, dass es Pippin sein würde und erblickte einen Wächter der Feste. Wie angewurzelt blieb er stehen und verbeugte sich schnell, während sich Gweneth augenblicklich verspannte.
„Verzeiht mein Eindringen, Herrin, doch man schickt mich, dem Herrn Peregrin seine Rüstung zu überreichen.“
Erleichtert legte sich ihre innere Anspannung.
„Er ist gerade beschäftigt, legt sie einfach auf den Tisch.“
Der Mann nickte schnell und legte das Bündel in seinen Armen auf den Tisch. Ordentlich legte er alles hin, verbeugte sich dann vor ihr und verließ den immer dunkler werdenden Raum. Gweneth zündete schnell ein paar Kerzen an einer Fackel an, die vor ihrem Raum brannte und wollte sich schon neugierig die Rüstung ansehen, als plötzlich die Tür erneut geöffnet wurde und Gandalf eintrat. Er nickte ihr müde zu und legte seinen langen Mantel sowie sein Schwert in seiner Bettnische ab.
„Warst du erfolgreich bei deiner Suche?“, fragte sie, als Gandalf herauskam und seine Pfeife zückte.
„Nein, leider nicht. Faramir befindet sich in Osgiliath und man weiß nicht, wann er wiederkehren wird. Mir war es bisweilen noch nicht möglich hinzureiten.“
Er stopfte seine Pfeife und zündete sie langsam an.
„Wie ergeht es Schattenfell?“
„Gut, ich habe mich ein wenig um ihn gekümmert. Doch sag, Gandalf, Schattenfell ist kein gewöhnliches Pferd, oder?“
Gandalf lächelte und zog einen tiefen Atemzug ein.
„Deine Augen sind gut. Schattenfell ist der Fürst der Mearas, die edelste Pferderasse von Mittelerde. Man sagt, dass sein Vorfahre von Westen mit Orome kam.“
Gandalf lächelte leicht und seine blauen Augen reichten weit in die Ferne.
„Wer ist Orome?“
„Er war der große Jäger der Valar und ritt mit seinem Ross Nahar über die Länder Mittelerdes, die er so sehr liebte. Auch war er derjenige, der die Elben am See Cuiviénen entdeckte und nach Aman führte.“
Doch bevor Gweneth weiter fragen konnte, wurde die Tür erneut geöffnet und ein strahlender Pippin trat ein.
„Ah, da seid ihr ja!“, rief er freudig und stellte einen großen Korb mit Essen auf die Bank.
„Ihr habt bestimmt noch nichts gegessen, da hab ich euch was mitgebracht.“
Er schlug das Tuch über dem Korb zurück und nahm sich ein halbes Hähnchen heraus. Gweneth Magen knurrte, als der köstliche Duft ihr in die Nase stieg und sie es ihm gleich tat. Schnell biss sie in das zarte Fleisch und konnte ein zufriedenes Lächeln nicht verbergen. Schmatzend verspeisten sie es und wurden von Gandalf lächelnd beobachtet, der seine Essensration abgelehnt hatte. Freudig nahm Pippin Gandalfs Angebot an, auch seine Ration zu essen und war schon bei seiner zweiten Hälfte, als Gweneth noch nicht einmal mit ihrer ersten fertig war. Nachdem sie geendet hatten, lehnte sich Gweneth satt wieder an die Brüstung und hätte fast angefangen zu schnurren, so gut hatte es geschmeckt, doch dann fiel ihr wieder der Wächter von vorhin ein.
„Ach, Pippin, man hat dir deine Rüstung gebracht.“
Überrascht riss dieser seine Augen auf und ging zu dem Tisch, auf den Gweneth deutete. Offenbar hatte die Vorfreude, Hühnchen zu essen, ihn blind für andere Dinge werden lassen.
Mit unbewegter Miene sah Pippin über seine Rüstung, als Gandalf mit einem Mal zu husten begann.
„Ich schätze mal, das ist nur eine rein zeremonielle Stellung.“
Er zog sein Schwert aus der Scheide und betrachtete es.
„Ich meine, ähm… die erwarten doch nicht wirklich von mir, dass ich kämpfe… oder doch?“
Unsicher sah er zu Gandalf, der an einer Säule der Fenster lehnte.
„Du stehst jetzt im Dienste des Truchsess, du wirst tun, was man dir aufträgt, Peregrin Tuk!“
Erneut hustete Gandalf und Pippin schenkte ihm schnell einen Becher Wasser ein, während Gweneth ihn besorgt beobachtete.
„Lächerlicher Hobbit!“, brummelte Gandalf zwischen seinen Hustern.
„Wächter der Veste“, brachte er erneut zwischen Husten und einem halben Lachen hervor.
Dann hustete er noch lauter und rang nach Luft. Noch besorgter sah sie Gandalf an, doch Pippin brachte schnell den Becher zu ihm.
„Danke“, meinte er atemlos, als er schnell den Becher abnahm und gierig einen Schluck trank.
„Du rauchst zu viel“, meinte Gweneth und stützte ihren Kopf auf ihrer Hand ab.
„Manche Menschen sterben in meiner Welt aufgrund des Rauchens.“
Gandalf lächelte leicht, als er den Becher auf der Brüstung abstellte.
„Das Rauchen ist es nicht, was mich krank werden lässt.“
Sein Gesicht wurde wieder ernster und sie konnte ahnen, an was er dachte.
„Wo sind die Sterne hin?“, fragte mit einem Mal Pippin leise und lenkte Gweneth von Gandalfs Rauchgewohnheiten ab. Sie hob ihren Kopf und sah seufzend in den dunklen Himmel. Für sie war es nichts Neues, keine Sterne zu sehen, doch für Pippin schien es beängstigend zu sein.
„Ist es soweit?“
Kalte Gänsehaut lief ihr den Rücken hinunter und mit einem Mal wurde es viel kühler.
„Ja“, hauchte Gandalf und Pippin stieg auf die Bank, um sich an die Brüstung zu lehnen. Gweneth lehnte sich ebenfalls an die Brüstung und sah hoch in den Himmel, der am Horizont rot leuchtete.
´Mordor´, dachte sie und erneut wurde ihr eisig kalt.
´Dahinter liegt das Schrecken, das uns bald erreichen wird. Ich hoffe, Minas Tirith ist gerüstet für so eine Schlacht. Ich wünschte, ich hätte in irgendeiner Art und Weise helfen können, doch alles, was ich tun kann, ist abwarten und alle zurück lassen.´
Sie lauschte in die Nacht, konnte jedoch keinen Vogel zwitschern oder Stimmen über der Stadt hören.
„Es ist so ruhig“, flüsterte Gweneth und schlang ihre Arme um sich, da die Kälte ihr langsam in die Glieder kroch.
„Das ist das tiefe Luftholen vor dem Sprunge.“
„Ich will in keine Schlacht ziehen. Aber auf eine zu warten, der man nicht entgehen kann, ist noch schlimmer.“
Sie warf einen schnellen Blick in Pippins Gesicht und rückte dann näher zu ihm.
„Gibt es noch Hoffnung, Gandalf, für Frodo und Sam?“
„Es bestand nie viel Hoffnung. Nur ein Narr konnte hoffen“, meinte Gandalf mit einem kleinen Lächeln auf den Lippen und sah wieder hinaus gen Mordor.
„Unser Feind ist bereit. All seine Kräfte sind versammelt. Nicht nur Orks, sondern auch Menschen, Heerscharen der Haradrim aus dem Süden, Söldner von der Küste. Alle werden sie Mordors Ruf Folge leisten.“
Gandalf atmete tief und schwer ein, während es Gweneth schwer ums Herz wurde.
„Das wird das Ende Gondors sein, wie wir es kennen. Hier wird der Hammerschlag am heftigsten niederfallen. Wenn der Feind den Fluss überquert, wenn die Besatzung in Osgiliath fällt, ist diese Stadt hier nicht mehr zu verteidigen.“
„Aber wir haben den weißen Zauberer. Das muss doch für irgendwas gut sein“, meinte Pippin hoffnungsvoll und lächelte leicht, doch Gandalfs Miene war so ernst, dass Pippins Lächeln vom Gesicht tröpfelte.
„Gandalf?“
„Noch hat Sauron seinen tödlichsten Diener nicht enthüllt. Er wird Mordors Streitkräfte im Krieg anführen. Es heißt, keines lebenden Mannes Hand könne ihn töten. Der Hexenkönig von Angmar! Du bist ihm schon begegnet… er hat Frodo auf der Wetterspitze verwundet.“
Pippins Gesichtsausdruck war voller Entsetzen und er musste sich unwillkürlich an etwas Schreckliches zurück erinnern.
„Er ist der Fürst der Nazgûl, der Oberste der Neun, Minas Morgul ist sein Sitz.“
„Warum sollte kein lebendiger Mann ihn töten können? Ist seine Macht so groß, dass er jeden niederschlagen kann?“, fragte Gweneth, die sich schwer vorstellen konnte, dass so ein übermächtiges Wesen existierte.
„Ja, schon zu Lebzeiten besaß er eine große Macht, doch als er dann einer der neun Ringträger wurde, vergrößerte sich diese. Selbst der große Elbenkrieger Glorfindel, konnte ihn nicht erschlagen, sondern vertrieb ihn nur. Glorfindel war es übrigens, der die Prophezeiung sprach, dass er durch keines lebenden Mannes Hand fallen wird.“
„Dann muss ihn eine Frau töten… ist doch logisch, oder?“
Gandalf warf ihr einen kurzen Seitenblick zu und kaute auf seiner Pfeife herum.
„Ihr Männer in Mittelerde seid wirklich alle gleich… ihr unterschätzt die Frauen viel zu sehr“, grummelte Gweneth und entlockte Gandalf ein kleines Lachen.
„Wenn es mehr Frauen von deiner Art hier geben würde, würden sich die Meinungen der Männer schnell ändern“, meinte Gandalf augenzwinkernd und brachte Gweneth zum Grinsen.
Plötzlich schoss unweit des roten Horizonts ein grünlicher Lichtstrahl in den Himmel und erhellte alles in einem kalten Licht. Eine kalte Welle des Grauens erfasste alle und unwillkürlich richtete sich Gweneth auf und rutschte furchtvoll näher zu Pippin, der jedoch panisch zu Gandalf und dann wieder zu dem Lichtstrahl sah. Beruhigend legte Gandalf Pippin einen Arm um seine Schulter und zog ihn näher zu sich heran. Gweneth schenkte er einen aufmunternden Blick, doch als er wieder zum Licht sah, war er wieder voller Ernst.
„Dies ist nun die Stunde. Die große Schlacht unserer Zeit. Zug um Zug rücken die Figuren vor“, hauchte Gandalf und lehnte sich von der Brüstung zurück.
„Was geschieht jetzt“, flüsterte Gweneth und sah mit starren Augen auf das Licht.
Würde es nicht diese markerschütternde Kälte aussenden, die einem jegliche Hoffnung zu rauben schien, hätte sie diesen Lichtstrahl bewundern können.
„Der Krieg beginnt… die Orks marschieren.“
Eine Gänsehaut überzog erneut ihren Rücken und ließ sie erzittern.
„Das bedeutet, dass du morgen versuchst, so schnell wie möglich in deine Welt zurückzukehren. Es ist zu gefährlich geworden.“
Er sah wieder auf das furchterregende Licht und stopfte sich dann langsam die Pfeife.
„Versucht etwas zu schlafen.“
Schon wollte sie widersprechen, als Gandalf ihr fest in die Augen sah und sie ihren Widerstand hinunterschluckte.
´Ich weiß ja, dass ich schlafen muss… nur ich denke nicht, dass ich es kann. Wie denn auch, wenn man weiß, dass die Orks losmarschieren und die Stadt bald erreichen? Vor allen Dingen… ist dieses Licht echt grausam… ich glaube nicht, dass ich bei dieser… Herzenskälte Schlaf bekommen werde… aber, einen Versuch ist es wenigstens wert.´
Sie nickte und zog Pippin sachte von der steinernen Bank.
„Komm, wir müssen wenigstens versuchen, etwas Schlaf zu finden. Morgen ist für uns beide ein großer Tag.“
Pippin war recht blass, nickte ihr jedoch leicht abwesend zu.
„Morgen lege ich vor Denethor meinen Eid ab… möchtest du mich begleiten?“
Mit großen, bittenden Augen sah er sie an und sie konnte nicht anders, als lächeln und ihm zunicken.
„Wenn ich dir damit helfen kann, dann gerne. Wann ist es denn?“
„Mittags… denke ich“, sprach er so leise, dass sie ihn fast nicht verstand.
„Dann werde ich noch solange bleiben. Wie könnte ich das verpassen“, meinte sie erneut lächelnd, gab ihm einen Kuss auf die Stirn und wünschte ihm dann eine gute Nacht.
Schnell warf sie einen Blick zum Fenster, an dem Gandalf immer noch gelehnt war und Ringe in die Luft paffte.
„Gute Nacht, Gandalf.“
Ohne eine Kerze anzuzünden, ging sie in ihre Bettnische und zog sich dann bis auf ihre Unterwäsche aus. Langsam schlüpfte sie unter die weiche Decke und mummelte sich tief ein. Mit starren Augen sah sie an die Seitenwände und ihre Gedanken schweiften zu dem unheilvollen Licht zurück, das sie erzittern ließ. Sie wünschte sich nichts Sehnlicheres, als in Éomers Armen zu liegen und das Gefühl zu haben, dass ihr bei ihm nichts geschehen konnte. Doch war es kalt und die steinernen Mauern ließen die Schwärze der Nacht noch bedrückender werden. Die Erinnerungen an ihn, an Edoras und ihre teuren Freunde drangen wieder in ihr Bewusstsein. Energisch verdrängte sie diese wieder, konnte jedoch die wenigen Tränen nicht zurückhalten, die ihr Kopfkissen benetzten. Jegliche Zuneigung zu anderen Personen vergrub sie tief in ihrem Herzen, damit sie nicht erneut ins Wanken kam bei ihrer gefährlichen Reise. Dennoch schwirrten ihre Gedanken und ihr Herz kam nicht zur Ruhe. Tief atmete sie ein und versuchte, sich auf andere Dinge zu konzentrieren. Doch mit einem Mal wurden ihre Augenlider schwer und ihr Herz beruhigte sich. Langsam entspannte sie sich und hörte unbewusst der ruhigen Stimme zu, die nicht weit entfernt ermutigende Wort vor sich hin sang. Ein kleines Lächeln legte sich auf Gweneths Lippen, als sie in einen tiefen, erholsamen, traumlosen Schlaf glitt.

Kapitel 1-10

1

2

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5

6

7

8

9

10

Kapitel 11-20

11

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14

15

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17

18

19

20

Kapitel 21-30

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26

27

28

29

30

Kapitel 31-40

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35

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37

38

39

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Kapitel 41-50

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44

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46

47

48

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Kapitel 51-60

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