Der Ring der Erde

Kapitel 41

Inzwischen waren seit der Nachricht an ihre Eltern zwei Stunden vergangen und sie kaute nervös auf einem Zipfel ihres Sofakissens herum. In der vergangenen Stunde hatte sie all ihre Habseligkeiten in ihr Schlafzimmer gebracht, denn sie wollte nicht, dass ihre Rüstung und ihr Rucksack auf dem staubigen Boden achtlos herum lagen. Es hatte länger gedauert, als sie gedacht hatte, aber sie war nun mal verletzt, erschöpft und hatte nur eine Hand zur Verfügung. Dennoch hatte sie es Stück für Stück geschafft und konnte nun nichts weiter tun, als die dumpfen Kopfschmerzen zu ignorieren, während sie sich ausruhte.
Sie saß im Schneidersitz auf ihrem grell roten Ecksofa und ließ ihren Blick rastlos über ihre Einrichtung schweifen. Er wanderte über das alte, antik aussehende Sofatischchen, dem großen Flachbildfernseher, der auf einer langen, roten Fernseherzeile stand und die großen, massiven Bücheregale, die ihre freien Wände fast vollständig bedeckten. Ein heller, sandfarbener Teppich erstreckte sich zwischen Fernseher und Sofa und als sie nach links blickte, konnte sie direkt in die Küche sehen. Wohnzimmer und Küche wurden nur von einem Tresen getrennt, an dem mehrere schwarze, lederne Barhocker standen. Wieder glitt ihr Blick nervös zur milchigen Glastür, als ob jeden Moment ihre Eltern hereinkommen würden. Sie besaßen nämlichen einen Zweitschlüssel und sie rechnete schon fast in jeder Sekunde mit ihnen.
Die Sonne schien hell durch die vier großen Fenster und Gweneth beobachtete, wie der Staub, der hier alles bedeckte, im Licht tanzte. Manchmal nahm sie eine Bewegung hinter der Glasscheibe war und das ließ ihr Herzschlag in die Höhe schnellen, doch meist war es nur ein Vogel, der in der Tränke ihres Gartens badete. Sie atmete nervös tief ein, als sie mit einem Mal ein Auto hörte.
Ihr Herz schlug gleich daraufhin schneller und dröhnte in ihrer Brust. Der Motorlärm wurde immer lauter, bis sie das Knirschen der Reifen auf dem Kies vor ihrem Haus vernahm. Das Motorgeräusch erstarb und sie hörte Türen aufgehen und zuschlagen. Bei jedem lauten Geräusch schien Gweneths Herz einen Satz zu machen. Zwei Stimmen unterhielten sich miteinander angeregt, wobei sie ihre Wörter nicht verstand. Zu gerne wäre sie aufgestanden, um ihnen entgegen zu laufen, doch ihre Beine zitterten unter ihrem Körpergewicht und sie musste mit dröhnendem Herzschlag abwarten. Ein Schlüssel wurde in das Schloss gesteckt und das ihr vertraute Klacken einer sich öffnenden Tür ertönte.
„Es ist abgeschlossen gewesen!“, brummte ihr Vater.
„Sie kann nichtsdestotrotz da sein!“, ertönte die Stimme ihrer Mutter und ließ Gweneths Herz erneut höher schlagen.
Sie knetete ihre feuchten Hände und konnte ihre weit aufgerissenen Augen nicht von der Wohnzimmertür nehmen, hinter deren milchigem Glas sie Schemen erkennen konnte. Langsam wurde die silberne Türklinge nach unten gedrückt und die Tür öffnete sich schwungvoll. Ihre Mutter, gefolgt von ihrem Vater, trat in den Raum, wobei beide einen gehetzten Gesichtsausdruck besaßen und sich gegenseitig anfunkelten, wodurch sie Gweneth noch nicht wahngenommen hatten. Gweneth riss sich kurz zusammen, bis sie ihren Mund öffnete.
„Hallo“, flüsterte Gweneth und beide drehten sich zu ihr um.
Gweneth zuckte innerlich zusammen, denn sie hatten sich beide sehr verändert. Es waren nicht mehr ihre Eltern, die sie einst zurück gelassen hatte. Beide hatten an Gewicht verloren, ihre Augen waren stumpf und es wirkte, als seien sie um Jahrzehnte gealtert. Gweneth wusste nicht, ob es wegen der Sorgen um sie war oder die Zeit doch schneller vergangen war, als sie gehofft hatte. Ein Stein legte sich auf ihre Brust, als sie in die versteinerten Gesichter ihrer Eltern sah und sie versuchte zu lächeln, was jedoch kläglich scheiterte. Sie wusste auch nicht, was sie noch hätte sagen sollen und wartete einfach ab, was nun geschah. Gweneth rechnete schon fast damit, dass ihre Eltern sie anschreien würden, doch es sollte anders kommen.
Ihre Mutter riss sich plötzlich aus der Starre, rannte schon beinahe auf sie zu und zog sie in so eine enge Umarmung, dass ihr ganzer Körper schmerzte. Plötzlich wurde sie auch von ihrem Vater stürmisch umarmt und hörte mit einem Mal, wie ihre Eltern anfingen zu schluchzen und wie ihre Körper vor Tränen bebten. Erleichterung durchfloss sie und Tränen kullerten aus ihren topasfarbenen Augen. Obwohl ihr Körper schmerzte und der Schwindel immer mehr zunahm, drückte sie ihre Eltern mit dem rechten Arm noch weiter an sich und ließ den Tränen freien Lauf. Eine kleine Ewigkeit hielten sie sich so umklammerte, bis allmählich ihre Eltern sie losließen und sich neben sie setzten. Ihre Mutter hielt Gweneths Hände, als befürchtete sie, Gweneth könnte wieder verschwinden, wenn sie los ließ. Ihre Augen schwammen in Tränen und auch ihr Vater vergoss immer wieder welche. Er hatte seine Hand auf ihren Rücken gelegt und strich ab und an über ihren Rücken.
„Wo warst du?“, flüsterte ihre Mutter und Gweneth amtete tief ein.
„Das ist… eine sehr lange Geschichte und ich weiß nicht, ob ihr sie mir glauben werdet.“
„Sag uns einfach die Wahrheit“, meinte ihr Vater und sah ihr ernst in die Augen.
Gweneth nickte, sammelte ihre Gedanken und fing an zu erzählen. Von dem Abend, an dem sie angeschossen wurde, wie sie nach Mittelerde kam und was sie dort alles erlebt hatte. Immer wieder tropften Tränen von ihrer Wange hinunter, als all die Erinnerungen zurück in ihr Bewusstsein drangen. Mehrere Male wollten ihre Eltern sie unterbrechen, doch immer wieder erzählte sie stur weiter. Jetzt, wo sie einmal begonnen hatte zu erzählen, sprudelte alles aus ihr hervor.
Es fing schon an zu dämmern, als sie endlich endete.
„… und so kam ich wieder in die Welt der Menschen“, sprach sie abschließend und wagte es nicht, in die Gesichter ihrer Eltern zu blicken; aus Angst, Unglaube darin zu finden.
Stattdessen sah sie auf ihre Hände hinab, die noch immer in denen ihrer Mutter lagen. Es musste schwer sein, so etwas zu hören, denn auch wenn von Einigen die Viele-Welten-Theorie anerkannt war, wusste sie nicht, wie ihre Eltern dazu standen. Lange sagte niemand etwas, bis Gweneth die Stille nicht mehr aushielt.
„Ich weiß, dass es schwer ist, so etwas Unglaubliches zu hören, aber es ist die Wahrheit. Wenn ihr euch selber davon überzeugen wollt, dann geht hoch in mein Schlafzimmer. Dort befinden sich mein Malbuch und meine Rüstung von Rohan. Bitte, seht es euch zuerst an, bevor ihr mir keinen Glauben schenkt.“
Nun hob sie doch ihren Blick und sah flehend ihre Eltern an. Diese sahen starr Gweneth an und sie konnte nicht erkennen, ob sie Gweneth für verrückt erklärten oder ihr glauben schenkten.
„Bitte“, fügte sie erneut hinzu und ihre Mutter seufzte tief.
Schließlich warf sie einen Blick zu ihrem Vater, der leicht nickte und dann erhoben sich ihre Eltern von dem Sofa. Sie gingen in den Flur und Gweneth hörte, wie sie die Treppe nach oben stiegen.
Gweneth lehnte sich zurück und biss sich fest auf die Lippen, als sie wieder ihre linke Schulter bewegte und ein stechender Schmerz hinein fuhr. Sie zog ihre Beine an und lehnte ihre Stirn an ihre Knie.
´Jetzt heißt es abwarten und hoffen.´
Lange saß sie da und lauschte auf die Geräusche aus dem oberen Stockwerk. Sie meinte, ab und an ihre Stimmen zu hören, doch konnte sie nicht sagen, ob sie sich stritten oder nur angeregt unterhielten. Draußen wurde es zunehmend dunkler, doch da Gweneth nicht aufstehen konnte, blieb sie im Dunkeln sitzen, bis endlich die erlösenden Schritte auf der Treppe ertönten. Gweneth hob ihren Kopf, als die Wohnzimmertür geöffnet und das Licht eingeschaltet wurde. Ihre Eltern ließen sich neben Gweneth nieder und erst jetzt bemerkte Gweneth, dass ihre Mutter ihr Zeichenbuch in der Hand hielt. Sie schlug es auf und deutete auf die erste Zeichnung.
„Wer ist das?“, fragte sie und Gweneth fiel ein gewaltiger Stein vom Herzen.
´Sie glauben mir! Eru sei Dank!
Tränen traten ihr vor Erleichterung in die Augen, die sie jedoch schnell wegwischte.
„Das ist Erkenbrand, der für mich wie ein Bruder geworden ist.“
Sie blätterte zur nächsten Zeichnung und erzählte zu ihr die Geschichte, die sie dort erlebt hatte. Ihre Eltern schienen es immer mehr zu akzeptieren, denn nach einiger Zeit fingen sie an, Fragen zu stellen, die Gweneth nur zu gerne beantwortete.
Es war schon spät, als sie das Zeichenbuch durchgeblättert hatten und nun auf die leeren Blätter Papier sahen.
„Schade, dass ich so wenig Bilder von Minas Tirith habe… diese Stadt hätte Euch bestimmt gefallen.“
Erneut drangen Tränen in ihr hoch und sie kuschelte sich an die Seite ihrer Mutter. Diese schien es zu genießen, denn sie zog Gweneth nur näher an sich und küsste ihren Scheitel. Gweneth beruhigte sich allmählich wieder und konnte ihre Neugierde nun nicht mehr unterdrücken.
„Was ist hier geschehen, als ich verschwunden bin?“
Ihre Eltern seufzten und ihrer Mutter drangen erneut Tränen hoch, so dass ihre topasfarbenen Augen in Tränen schwammen. Sie konnte nicht antworten, also tat es ihr Vater, der sich seufzend über seine ergrauten Haare strich.
„Nun… wir merkten es erst Tage später. Silvia konnte dich nicht erreichen und so fragte sie uns, ob wir wüssten, wo du wärst, doch auch wir hatten keine Idee. Wir kamen also hier her, doch es sah hier so aus, als wärest du von der Feier nie nach Hause gekommen.“
Er atmete schwer ein.
„Wir hinterließen dir einen Zettel und warteten noch zwei weitere Tage ab, doch nachdem wir kein Lebenszeichen gehört hatten, gingen wir zur Polizei. Sie suchten nach dir, fanden jedoch auch keine Spur… erst Wochen später erkannte dich eine Kassiererin von einer Tankstelle wieder und der Raubüberfall wurde dann mit deiner Vermisstenanzeige in Verbindung gebracht. Dein Blut war zum Glück sichergestellt worden und dies war der erste Hinweis auf deinen Verbleib. Der Räuber wurde jedoch wenig später tot auf einem Gleis gefunden. Offenbar war er bei einer Verfolgungsjagd über Schienen gerannt und hatte einen Güterzug übersehen. Der einzige Hinweis auf deinen Aufenthalt war somit zunichte gemacht worden.“
Ihr Vater atmete tief ein, während ihre Mutter krampfhaft versuchte, nicht haltlos los zu weinen.
„Sie durchsuchten seine Wohnung, fanden jedoch nichts von dir. Sie vermuteten, dass er dich vielleicht im Wald… verscharrt hatte und suchten nach deinen Überresten. Mit Hunden wurde der ganze Wald abgesucht, doch nichts. Nach weiteren Wochen des Bangens gab die Polizei schließlich auf. Es gab kein Lebenszeichen von dir, geschweige denn irgendeinen Hinweis auf deinen Verbleib. Doch… deine Mutter meinte, du würdest noch leben.“
„Ich habe nie die Hoffnung aufgegeben… ich wusste tief in meinem Herzen, dass du irgendwo noch lebst… und ich behielt recht.“
„Warum warst du dir so sicher?“
Ihre Mutter zögerte kurz.
„Ich träumte von dir… dein Vater und ich saßen auf einem Sofa und sahen fern… dann kamst du die Treppe hinunter und legtest dich zu uns. Du erzähltest irgendetwas von einem Krieg und ob wir dich aufgeben würden, wenn du mit einem Mal weg wärst. Ich glaubte an dich und dann gingst du… und ich wusste, dass du zurückkehren würdest… du hattest es mir versprochen. Und dann wachte ich auf. Ich diesem Moment war ich mir so sicher, dass du noch irgendwo bist und zu uns zurückkehren würdest.“
´Diesen Traum hatte ich auch… doch was wäre, wenn es kein Traum gewesen war? Was ist, wenn ich voller Sehnsucht meinen Geist mit dem von meiner Mutter verbunden hätte? Ist so was überhaupt möglich? Ich wünschte, ich könnte Gandalf oder Galadriel fragen, sie hätten bestimmt eine Antwort.´
„Ich hatte denselben Traum“, murmelte Gweneth und strich mit dem Finger über den Ring.
„Aber, vielleicht war es keiner… vielleicht war mein Wunsch, euch zu sehen, so stark und auch deiner, mich zu sehen, dass wir uns im Traum getroffen haben.“
„Ist so was denn möglich?“, fragte ihre Mutter mit großen Augen und brachte Gweneth zum Lächeln.
„Ich habe gelernt, dass nichts unmöglich ist… schon gar nicht, wenn es um Magie geht. Ich habe so viele Dinge gesehen und erlebt, die ich vorher für unmöglich hielt… also warum kann dies dann nicht auch wahr sein?“
Ihre Mutter nickte, während ihr Vater hinaus in die Dunkelheit sah.
„Wie lange war ich weg?“
„Es müsste jetzt schon ein Jahr her sein… es kommt einem aber länger vor“, meinte Gweneths Mutter und atmete tief ein.
´Dann vergeht die Zeit zwischen den beiden Welten also gleich schnell. Wahnsinn, dann hat die Sorge um mich sie so altern lassen…. Doch, was nun?´
„Wie geht es jetzt weiter?“, fragte sie vorsichtig und ihr Vater sah sie wieder an, während ihre Mutter antwortete.
„Zuerst solltest du in ein Krankenhaus gehen. Deine Wunden müssen versorgt werden und deine Schulter sieht nicht gut aus“
„Das meinte ich nicht, wobei ich das wirklich tun sollte… ich meinte, wegen der Polizei.“
Ihr Vater atmete tief ein und ihre Eltern warfen sich einen schnellen Blick zu.
„Sie werden Fragen stellen“, gab ihr Vater zu.
„Und ich werde keine beantworten können… niemand wird mir glauben und selbst wenn sie es täten, es würde vermutlich irgendwelche Freaks herauslocken, die es dann auf den Ring abgesehen hätten und das kann ich nicht zulassen!“
„Wir… wir sollten uns etwas überlegen, doch zuerst bringen wir dich jetzt in ein Krankenhaus. Beantworte dort einfach keine Fragen, sie können dich nicht zum Antworten zwingen.“
„So geht das nicht“, fuhr ihr Vater dazwischen und ihre Mutter funkelte ihn böse an.
„Wir müssen zuerst zur Polizei und danach ins Krankenhaus. Ich möchte nicht, dass die Ärzte denken, wir hätten sie misshandelt.“
„Aber was soll ich denn sagen?“
Ihr Vater sah sie lange an und lächelte ein klein wenig, während er ihr beruhigend über den Rücken strich.
„Mach dir keine Sorgen, uns wird schon was Plausibles einfallen.“
Gweneth bezweifelte es, dennoch wollte sie ihrem Vater nicht widersprechen. Innerlich seufzend, lehnte sie sich zurück und hörte zu, wie ihre Eltern über die plausibelsten Erklärungen stritten. Müdigkeit überrollte sie und obwohl ihre Eltern neben ihr saßen und sie ihre körperliche Wärme spüren konnte, fühlte sie sich innerlich dennoch leer und kalt. Sie spürte, wie die Verzweiflung und die Trauer sie wieder einzuholen versuchten und sie zuckte innerlich zusammen. Schnell riss sie sich zusammen, denn sie durfte ihren Gefühlen nicht vor ihren Eltern nachgeben. Niemand sollte sehen, wie sie sich in Wirklichkeit fühlte, denn sie wollte stark erscheinen, vor jenen, die ihr doch so wichtig waren. Tief atmete sie ein und beteiligte sich dann an ihrem Gespräch, mehr, um sich selber abzulenken, als sich wirklich darum zu sorgen. Noch lange diskutierten sie, bis der Morgen allmählich graute und sie endlich eine Erklärung für ihr langes Verschwinden gefunden hatten.
Da Gweneth nicht mehr die Kraft hatte, alleine auf ihren Beinen zu stehen, mussten ihre Eltern sie beinahe in ihr Auto schleppen und fuhren dann zur örtlichen Polizei. Wie sie es sich schon dachte, war der Aufruhr groß, als sie die Polizeiwache betraten und sie wurde sogleich in ein Büro geschleppt, in dem sie dann all ihre unangenehmen Fragen beantworten musste.
Sie erzählte, dass sie vom Tatort geflohen sei und ein Komplize sie mit schwarzer Skimaske überwältigt hätte. Er schlug sie nieder und sie wachte in einem völlig dunklen Keller wieder auf, in dem sich nur ein Bett, ein Waschbecken und ein Klo befanden. Sie war die ganze Zeit in dem Keller gewesen und Essen habe sie nur durch eine Klappe in der Tür bekommen. Dabei zwang sich Gweneth an Mittelerde zu denken und konnte ihr ganze Trauer, Angst und Verzweiflung in die Geschichte hinein fließen lassen. Somit konnte sie ihre Geschichte überzeugend erzählen und der Beamte vor ihr nahm ihr die Geschichte ab.
Sie erzählte dann schließlich auch, wie der Mann sie ab und an besucht hatte, um sie zu verprügeln, deswegen hätte sie die vielen Verletzungen. Die Flucht war ihr gelungen, da er betrunken sie erneut verprügeln wollte, doch sie ihn überwältigen und aus dem Haus rennen konnte. Da ihre Augen nicht mehr an die Helligkeit gewöhnt waren, konnte sie weder das Haus noch die Umgebung sehen. Die Fragen nach dem Aussehen des Mannes konnte sie ebenfalls nicht beantworten, denn sie hatte ihn ja nie gesehen. Die einzigen Beschreibungen, die sie dem Beamten vorlog, waren, dass er groß und breitschultrig gewesen sei. Der Beamte war mehr als unzufrieden mit den dürftigen Beschreibungen, denn er konnte den Täter mit diesen wenigen Informationen nicht finden. Gweneth versuchte, ihn jedoch zu beruhigen, denn sie wollte nur noch in Ruhe gelassen werden, dies betonte sie immer wieder, denn das Letzte, was sie wollte, war, dass die Polizei noch einmal auf sie zurückkommen würde.
Der Beamte ließ sie schließlich gehen und ihre Eltern fuhren sie ins Krankenhaus. Dort wurde sie sogleich aufgenommen und von einem älteren Arzt untersucht.
Nach einer eingehenden Untersuchung konnte er eine Vielzahl an Prellungen, eine verrenkten Schulter und eine ganz, ganz leichte Gehirnerschütterung feststellen. Nach der Frage, woher sie ihre alten und neuen Verletzungen bekommen hatte, musste sie erneut ihre erfundene Geschichte erzählen, worauf er mit den Fragen stoppte. Nur ab und an schüttelte er den Kopf, wenn er wieder eine schlecht verheilte Narbe sah. Zur Kontrolle war sie noch einmal in das MRT gelegt worden, um auszuschließen, dass sich Blutgerinnsel im Gehirn gebildet hatten, doch nachdem nichts festgestellt wurde, durfte sie gehen, worüber sie unendlich dankbar war. Momentan wollte sie nichts sehnlicher, als endlich zu schlafen. Mit der Hilfe von ihren Eltern verließ sie das Krankenhaus, den wieder eingerenkten Arm in einer Schlinge und an der Schläfe ein großes Pflaster klebend.
Ihre Eltern beschlossen, die Nacht über zu bleiben, damit Gweneth nicht alleine in dem großen Haus sein musste. Außerdem besaß sie nicht mehr die Kraft, sich gegen ihre Eltern aufzulehnen und ließ es einfach geschehen. Ihre Mutter half ihr, sich zu waschen und ihren Pyjama anzuziehen. Erst als Gweneth in ihrem Bett lag, in der Gewissheit, dass ihr Eltern in einem ihrer Gästezimmer lagen und sie nicht hören konnten, drangen die Tränen erneut in ihr hoch. Sie hatte ihre gesunde Hand um das Herz von Éomer gelegt und ihr Innerstes schrie nach ihm. Die Ungewissheit, ob alle am Leben waren, nagte schmerzhaft an ihr und immer mehr Tränen benetzten ihr Kopfkissen, bis sie in einen unruhigen Schlaf voller quälender Träume glitt.

Kapitel 1-10

1

2

3

4

5

6

7

8

9

10

Kapitel 11-20

11

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14

15

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17

18

19

20

Kapitel 21-30

21

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26

27

28

29

30

Kapitel 31-40

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33

34

35

36

37

38

39

40

Kapitel 41-50

41

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43

44

45

46

47

48

49

50

Kapitel 51-60

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55

56

57

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