Kapitel 49
Abrupt fuhr sie aus ihrem Traum und richtete sich erschrocken auf. Ihr Herz hämmerte in ihrer Brust und kalter Schweiß stand ihr auf der Stirn. Beruhigend legte sie eine Hand auf ihre Brust und wischte sich mit der anderen über ihre kühle Stirn. Sie wusste, dass sie etwas Schlimmes geträumt hatte, doch konnte sie sich nicht mehr daran erinnern. Einzig wusste sie noch, dass Orks darin vorkamen, Éomer und Blut an ihren Händen klebte.
„Was ist?“, ertönte Legolas‘ sanfte Stimme, die Gweneth kurz zusammenzucken ließ und leicht gehetzt aufsah.
Er saß ihr aufrecht gegenüber und die Glut des Feuers ließ sein Gesicht leicht rötlich schimmern.
´Wie Blut´, dachte sie, musste aber gleichzeitig ihren Kopf schütteln und versuchte, ruhiger zu atmen.
„Nur… ein schlimmer Traum, den ich nicht mehr greifen kann.“
Sie versuchte, sich zwanghaft daran zu erinnern, doch je mehr sie danach griff, desto mehr entglitt er ihr. Leicht schüttelte sie ihren Kopf, doch das Grauen, das sie während des Traumes verspürt hatte, wollte nicht so recht von ihr abfallen. Seufzend sah sie auf und in das leicht besorgte Gesicht von Legolas.
„Verzeih, wenn ich dich geweckt habe“, meinte sie und zog das Kuhfell enger um ihren Körper.
Ohne das wärmende Feuer, drang die Kälte langsam zu ihr hindurch.
„Wir Elben schlafen nicht, sondern ruhen nur“, erklärte Legolas und schien sie zu mustern.
„Finde noch etwas Schlaf, denn bis der Morgen graut, dauert es noch ein wenig“, meinte er mit einem Blick in den Himmel und Gweneth seufzte leicht.
Sie war sich sicher, dass sie nicht mehr so leicht einschlafen konnte, denn ihr Inneres war im Chaos und eine Unruhe hatte sie fest in ihrer Hand. Ein lauter Schnarcher ertönte plötzlich neben ihr und ließ ihren Kopf herum schnellen, doch sie erblickte nur Gimli, der zu ihrer Rechten schlief. Amüsiert beobachtete sie, wie sich sein Brustkorb langsam hob und senkte.
„Ich wünschte, ich hätte so einen tiefen und gesunden Schlaf wie Gimli“, murmelte sie und Legolas‘ Blick schnellte zu dem rothaarigen Zwerg, der leise schnarchend auf dem Rücken lag, mit allen Vieren von sich gestreckt.
Sie schmunzelte leicht und auch Legolas konnte sich ein schiefes Grinsen nicht verkneifen. Dann wurde sie wieder etwas ernster, als sie an den nächsten Tag dachte. Es war klug, noch etwas zu schlafen, denn sie wusste nicht, wie weit die Reisenden noch von ihnen entfernt waren.
„Du hast Recht, ich sollte noch etwas schlafen, aber vorher gehe ich noch für kleine Mädchen“, meinte sie und Legolas sah verständnislos drein, als sie aufstand und ihre steifen Glieder schüttelte.
„Ich muss mich erleichtern“, erklärte sie mit einem kleinen Lachen und Legolas lächelte schief.
„Gehe nicht zu weit, die Wälder sind noch nicht sicher“, sprach er in seiner melodischen Stimme und seine hellblauen Augen schweiften wachsam über die dichten Kronen der Bäume.
„Ich beeil mich“, erwiderte sie nur, strich das Kuhfell von sich und faltete es mit einem kleinen Seufzer zusammen.
Ohne das Kuhfell drang die Kälte erbarmungslos zu ihr hindurch und brachte sie zum Zittern. Dann schnallte sie sich ihr Schwert um, mummelte sich tief in ihren Umhang und ging dann mit großen, zügigen Schritten Richtung Wald. Sie schob sich geräuschvoll durch die Büsche und ihre Augen brauchten eine kurze Weile, ehe sie sich an die Dunkelheit des kleinen Waldes gewöhnten. Dann ging sie tiefer hinein, bis sie das Lagerfeuer nicht mehr sehen konnte und gab dann dem Drängen ihrer Blase erleichtert nach. Nachdem sie geendet und Blätter als Klopapier missbraucht hatte, drang ihr plötzlich ein Geruch in die Nase, den sie in ihrem Leben niemals wieder vergessen würde. Ein stinkender, beißender Geruch, vermischt mit dem von Blut, der ihr Herz zum Hämmern brachte.
´Orks!´
Alarmiert zog sie sich so leise wie es ging die Hose hoch und schlich tiefer in das Gebüsch. Angestrengt lauschte sie, doch außer dem Rauschen ihres Blutes in ihren Ohren und das ängstliche Hämmern ihres Herzens hörte sie nichts. Mit weit aufgerissenen Augen spähte sie durch die Blätter des niedrigen Busches, konnte jedoch nichts entdecken. Plötzlich ertönte nicht weit von ihr ein leises Knacken, das ihren Kopf herumfahren ließ. Mit flatterndem Herzen duckte sie sich etwas, schob ein paar Zweige auseinander und erkannte im Zwielicht zwei gebeugte Gestalten, die kaum einen Steinwurf weit weg waren. Die zwei Gestalten grunzten und grummelten einander zu und ihre orangenen Augen leuchteten selbst noch in der Dunkelheit des Waldes. Der Wind streifte Gweneth und ein Schwall des Geruches wehte ihr entgegen, so dass sie sich beinahe übergab und Gewissheit hatte, dass diese beiden Orks waren. Ihr Atem ging stoßweise, als sie die beiden Gestalten beobachtete, wie sie kurz ihren Kopf hoben und dann tiefer in den Wald hinein schlurften. Augenblicklich schnellten Gweneths Gedanken zu ihren zwei Gefährten, die ahnungslos am Waldrand saßen. Sorge überrollte sie und der Drang, zu ihnen zu rennen, wuchs beinahe ins Unerträgliche. Sie wartete noch kurz, bis sie sicher war, dass die beiden Orks verschwunden waren und schlich dann in die Richtung, aus der sie zuvor gekommen war. Kaum war sie ein paar Schritte gegangen, wurde sie unbewusst schneller und achtete kaum mehr auf ihre Umgebung. Sie wollte nur noch zu ihren Freunden und die beiden warnen vor der Gefahr, die ihnen so nah war. Plötzlich traf sie etwas schmerzhaft hart an der Brust. Der Boden unter ihren Füßen entglitt ihr und sie knallte mit voller Wucht auf den Waldboden. Die Luft wurde aus ihrer Lunge gepresst und für einen kurzen Moment drehte sich ihre Welt, bis sich zwei entstellte Gesichter in ihr Blickfeld schoben.
„Sie mal an, was wir hier haben“, krächzte der Rechte und leckte sich mit seiner schwarzen Zunge über seine gelben, spitzen Zähne.
Gweneth wurde es übel und panische Angst fuhr in jedes ihrer Glieder.
„Eine Menschenfrau!“, knurrte der Linke mit schiefem Gesicht und wulstig vernarbter Haut.
„Oh ja, die wird wahrhaftig gut schmecken“, meinte der Rechte, der mit seiner Fußspitze in ihre Seite stieß und Gweneth keuchte erschrocken.
„Sollen wir was für die anderen aufheben“, fragte der Linke und beäugte sie mit Sabber in seinen schiefen Mundwinkeln, während Gweneth erstarrt vor Angst weiterhin auf dem Rücken lag.
Ihre Gedanken rasten und bei dem Anblick der Orks drangen unweigerlich die Bilder der Schlachten, in denen sie gekämpft hatte, hervor. Sie konnte fast die Schreie der Sterbenden wieder hören und der Gestank der Orks brannte sich in ihre Nase. Plötzlich wurde sie grob an den Haaren gepackt, was sie wieder in die Wirklichkeit zurückfallen ließ und sie riss panisch ihre Augen auf.
„Ich denke, wir können ihnen ein Bein übrig lassen“, krächzte der Rechte und ein metallenes, schneidendes Geräusch ertönte.
Plötzlich schob sich ein armlanges Schlachtermesser in ihren Blickwinkel und der Rechte leckte mit seiner schwarzen Zunge über die schartige Klinge.
Beide lachten bösartig und ließen ihren Kopf achtlos auf den Boden fallen. Der Schlag fuhr durch ihren Kopf und riss sie endlich aus ihrer ängstlichen Starre.
´Was tue ich hier eigentlich! Ich bin nicht durch meine persönliche Hölle gegangen, um hier zu sterben! Ich muss zu den anderen, ich muss sie warnen! Und ich muss zu ihm!´
Éomers Bild erschien vor ihrem geistigen Auge und ihr Herz schlug wieder kräftiger in ihrer Brust. Neuer Mut durchfloss sie und ihr alter Kampfgeist kehrte zurück. Ihre Augen schnellten zum rechten Ork, der sein Schlachtermesser mit gierigem Grinsen hob und sie ihre Chance witterte. Ruckartig schoss ihr rechter Fuß nach vorne und sie trat so fest wie sie konnte auf die Kniescheibe des Orks, die knackend nachgab. Dieser brüllte voller Schmerzen auf und kippte nach hinten, während der andere erschrocken zurückwich. Gweneth rollte sich schnell auf die Seite, sprang auf und zog dabei mit einem schneidenden Geräusch ihr Schwert. Wütend brüllte jener mit dem narbigen Gesicht auf, zog seine schartige Axt, während der andere winselnd auf dem Boden lag und sein Knie umklammert hielt. Der Ork stürmte mit Wut verzerrtem Gesicht auf sie los. Sie umklammerte ihren Schwertgriff fester und das Herz dröhnte in ihrer Brust. Sie sah beinahe in Zeitlupe, wie er seine Axt hob und auf sie niedersausen ließ. Gweneth riss ihr Schwert nach oben und Metall knallte auf Metall. Ihre Schultern schmerzten bei dem Aufprall, doch ignorierte sie diese tapfer. Schnell wich sie zur Seite, wirbelte um sich herum und ließ ihre Schneide auf seinen Kopf sausen. Er jedoch parierte, ihre Klinge verkantete sich in seiner Axt und ein Kräftemessen entstand. Wütend sahen sie sich gegenseitig in die Augen, während niemand von ihnen nachgab und ihre untrainierten Muskeln vor Schmerz schrien. Verbissen stemmte sie sich dagegen, doch ihr Schwert entfernte sich immer mehr von ihm und sie verfluchte sich, dass sie in ihrer Welt nicht trainiert hatte. Sie hatte ihre Geschicklichkeit und ihre Schnelligkeit eingebüßt. Hartnäckig kämpfte sie gegen den Muskelberg an, doch sie merkte schnell, dass sie keine Chance besaß. Ihre Gedanken rasten, während sie immer weiter zurück gedrückt wurde und der Ork siegessicher anfing zu grinsen. Fieberhaft suchte sie nach einem Ausweg, doch der einzige Weg, lebend aus dem Zweikampf zu kommen, war die Flucht. Gweneth mobilisierte ihre letzten Kräfte, schrie laut auf, ließ die Klingen seitlich an sich vorbeizischen und ließ ihr Schwert los. Blitzschnell wirbelte sie herum und rannte so schnell wie sie konnte. Immer schneller rannte sie und mit einem Mal ließ sie den Wald hinter sich. Sie stolperte über ihre eigene Schlafmatte, verlor das Gleichgewicht und überschlug sich mehrere Male. Die Welt drehte sich um sie und mit einem Rumps blieb sie schwerfällig liegen.
„Gweneth, was ist geschehen?“, hörte sie die eindringliche Stimme von Legolas und sie spürte, wie starke Hände ihren Oberkörper aufrichteten.
Der Schwindel legte sich allmählich und sie sah in die Gesichter von Legolas und Gimli, die sie beide beunruhigt ansahen.
„Orks!“, keuchte Gweneth noch leicht atemlos und sofort verspannte sich Legolas‘ Gesicht, während Gimli erstarrte und augenblicklich seine Axt zückte.
Beide drehten sich zum Waldrand und schneller als Gweneth sehen konnte, hatte Legolas seinen Bogen gespannt.
„Wo ist dein Schwert!“, fragte Legolas freundlich, aber dennoch angespannt, ohne den Blick vom Waldrand zu nehmen.
„Im Wald. Ich hatte keine andere Wahl, als es zurückzulassen“, und bei den Worten spürte sie ein Stechen in ihrem Herzen.
Das Schwert bedeutete ihr viel, aber nicht so viel, wie ihr Leben.
„Wie viele sind es?“, fragte Gimli mit einem Brummen und schwang seine Axt unruhig hin und her.
„Vier habe ich gesehen, doch sprachen sie noch von `den anderen´, es könnten also auch mehr sein.“
Plötzlich raschelte das Gebüsch vor ihnen und Gweneth zuckte erschrocken zusammen, während die beiden Gefährten ihre Waffen auf Anschlag hoben und gespannt Richtung Wald sahen. Sie konnte ihre Augen nicht von den sich bewegenden Ästen nehmen und ein ängstliches Zittern durchrollte Gweneth. Plötzlich sprang aus dem Gebüsch eine ganze Handvoll grimmiger Orks und blieben verdutzt stehen, als schon Legolas‘ Bogen anfing zu singen und die ersten fielen. Ihre orangenen Augen glühten wütend und sie brüllten laut in die Nacht hinein. Weiteres Gebrüll aus der Tiefe des Waldes antwortete und Gweneth lief eine Gänsehaut den Rücken hinunter. Sie rappelte sich schnell auf und bereute schon jetzt, ihr Schwert zurückgelassen zu haben. Die Orks brüllten und rannten zähnefletschend auf die beiden Gefährten zu. Voller Angst musste sie mit ansehen, wie Legolas und Gimli einen nach dem anderen zur Strecke brachten, doch schien der Strom der Orks nicht zu versiegen. Sie konnte nichts weiter tun, als sich machtlos hinter ihren beiden Gefährten zu verstecken und hoffen, dass kein Ork es auf sie abgesehen hatte. Mit einem Mal sah sie, wie Legolas nicht aufpasste und ein Ork brüllend auf Gweneth zu rannte. Wie aus Reflex heraus, hechtete sie unter dem Schlag weg, griff nach einem Orkschwert und stellte sich zum Kampf. Der Ork sah sie verdutzt an, fletschte dann knurrend seine gelben Zähne und griff an. Seine harten Schläge prasselten auf sie nieder und waren ohne Gnade. Immer wieder wich sie aus oder konnte seine Schläge parieren, doch konnte sie keinen Gegentreffer landen, geschweige denn in den Angriff übergehen. Der Schweiß lief ihr bald von der Stirn und ihre Hände waren beinahe taub von den heftigen Schlägen des Orks. Dieser witterte seinen Triumph und hieb noch stärker auf sie ein. Plötzlich stolperte Gweneth, fiel nach hinten und als sie ihren Kopf hob, sauste das Schwert auf sie herunter. Sie warf sich zur Seite, spürte jedoch noch, wie die Spitze des Schwertes ihre rechte Gesichtshälfte und ihren Hals streifte. Ein Brennen ging davon aus, doch hatte sie keine Zeit zu sehen, wie schwer sie verletzt war. Immer wieder hieb er auf sie ein und sie rollte, so schnell sie konnte, weg von ihm. Doch als sie erneut aufsah, war er keinen Schritt mehr von ihr entfernt. Erneut sauste seine Klinge hinunter, aber dieses Mal spürte sie, dass es kein Entkommen gab. Ihr Herz zog sich zusammen und sie sah Éomers Gesicht vor ihrem inneren Auge. Plötzlich hielt der Ork inne, riss erschrocken die Augen auf, schwankte und fiel zur Seite um. Verwundert richtete sie sich auf und sah, dass zwischen seinen Schultern ein Pfeil heraus ragte. Tränen der Erleichterung traten ihr in die Augen und ein Zittern wallte durch ihren Körper. Aber sie wusste, dass der Kampf noch nicht vorbei war und so wischte sie sich hektisch die Tränen aus den Augen, sah sich suchend nach einer Waffe um und mit einem Mal blieben ihre Augen auf ihren Satteltaschen hängen. Ihre Gedanken rasten bei ihrem Anblick und mit einem Mal sprang sie entschlossen auf. Sie überbrückte die Distanz in wenigen Schritten und ließ sich neben ihre Satteltaschen auf den Boden fallen. Schnell sah sie sich um, doch kein Ork bemerkte sie. Mit zittrigen Fingern riss sie beinahe die Tasche auf und eine schokoladengroße Tafel mit Zündschnur fiel ihr als Erstes in die Hände. Schnell kramte sie nach dem Feuerzeug und sprang dann auf. Sie sah zum Waldrand, aus dem immer mehr Orks rannten und war sich mit einem Mal nicht mehr sicher, ob sie so weit werfen konnte. Ihr Blick schnellte zu Legolas und entschlossen sprintete sie zu ihm, der nicht weit entfernt mit Gimli an seiner Seite kämpfte.
„Legolas!“, rief sie und der blonde Elb drehte sich kurz fragend um, bevor er einen weiteren Pfeil abschoss.
„Wenn ich ´jetzt´ sage, nimmst du das, was ich in der Hand habe, und wirfst es ohne zu zögern zum Waldrand! Hast du mich verstanden?“
Erneut drehte sich Legolas halb zu ihr um und sie erkannte in seinem Blick, dass er sich wunderte, aber dennoch nickte er. Schnell zückte sie das Feuerzeug und versuchte, die Lunte mit ihren zittrigen Fingern anzuzünden. Doch zitterte sie so sehr, dass sie zwei Anläufe brauchte, bis die Lunte endlich anfing, leise zu zischen und Gweneths Herz panisch höher schlug.
„JETZT!“, rief Gweneth laut und Legolas drehte sich um, packte den Sprengstoff und warf ihn genau zum Waldrand.
Gweneth beobachtete mit dröhnendem Herzen, wie das Päckchen zwischen die Orks flog, die sich keinen Deut darum scherten, und aus ihrem Blick verschwand. Sie hoffte inständig, dass es funktionieren würde, doch keine zwei Herzschläge später passierte es. Es gab einen ohrenbetäubenden Knall, ein greller Lichtblitz nahm ihr die Sicht und sie wurde von den Füßen gerissen. Sie spürte, wie sich ihr Körper in der Luft überschlug und dann hart auf den Boden knallte. Die Luft wurde ihr aus der Lunge gepresst und sie schnappte panisch danach. Ihre Sicht war verschwommen und in ihren Ohren klingelte es laut. Sie richtete sich langsam auf, schüttelte ihren Kopf, um zurück zu ihren Sinnen zu kommen, und sah sich dann um. Fetzen von Orks lagen um sie herum und dort, wo das Päckchen aufgekommen war, war nun ein großer Krater, getränkt mit schwarzem Blut der Orks. Ein Teil der Bäume und Büsche war weggesprengt worden und manche standen in Flammen. Die Luft war geschwängert von Staub und erschwerte ihr das Atmen.
„Gimli? Legolas?“, rief sie, musste aber dabei heftig husten, als sie die schlechte Luft einatmete.
Sie sah sich suchend um, denn die beiden waren nicht weit weg von ihr gewesen. Dann erkannte sie wenige Schritte weit helles Haar und die Axt von Gimli. Sie versuchte aufzustehen, doch ihr wurde dabei so schwindelig, dass ihre Knie nachgaben. Nach ein paar Versuchen aufzustehen, ließ sie es bleiben und kroch auf allen Vieren zu ihnen hin. Sie kletterte über Orkleichen oder Teile von ihnen, bis sie ihre Freunde erreichte. Heftig rüttelte sie an ihren Schultern und rief ihre Namen. Ganz langsam schienen sie zur Besinnung zu kommen und hoben mit verwunderten Blicken ihre Köpfe. Ihre Haut und ihre Haare waren mit einer feinen Dreckschicht bedeckt und Gweneth vermutete, dass sie nicht besser aussah.
„Verzeiht, ich hätte euch vielleicht vorwarnen sollen“, meinte Gweneth leise und warf einen Blick über das Schlachtfeld.
Eine Bewegung nahe dem Krater ließ ihren Blick innehalten. Ein großer Ork richtete sich torkelnd auf und sah sich dann schwankend mit glühenden Augen um.
´Wie kann das sein? Er war so nahe an der Explosion und er lebt noch?´
Seine Augen trafen mit einem Mal ihre. Er fletschte seine gelben Zähne, seine Augen verrenkten sich und Gweneth durchrollte eine Welle aus Angst. Der Ork schwankte langsam auf sie zu, mit Mordlust in seinen Augen.
„Ein Ork lebt noch! Und er kommt hier her!“, zischte sie mit deutlicher Panik in ihrer Stimme und wich entsetzt zurück.
Gimli und Legolas versuchten auf die Beine zu gelangen, doch immer wieder verloren sie ihr Gleichgewicht. Panisch sah sie abwechselnd zwischen ihren Freunden und dem immer näher kommenden Ork hin und her. Ihre Freunde hatte es wesentlich schlimmer erwischt als Gweneth, da Gweneth hinter Legolas gestanden und er somit das Meiste abbekommen hatte. Instinktiv wusste sie, dass ihre Freunde Gweneth dieses Mal nicht beschützen konnten. Als ihr das klar wurde, rollte sie sich auf die Seite, schnappte sich den Griff eines Orkschwerts und stemmte sich damit, als Krücke dienend, fest entschlossen auf ihre Beine. Noch immer schmerzten ihre Ohren und durch den harten Aufprall war es ihr noch etwas schwindelig, dennoch schleppte sie sich schützend vor ihre Freunde, hob das Schwert mit großer Kraftanstrengung hoch und sah dem Ork finster entgegen, der sie mit spitzen Zähnen angrinste. Jeder Schritt des Orks verfestigte sich und Gweneth war klar, dass sie nicht die geringste Chance gegen ihn hatte. Nichtsdestotrotz würde sie versuchen, ihre Freunde zu beschützen, so wie sie Gweneth zuvor beschützt hatten. Auch wenn sie ihr Leben dafür aufs Spiel setzte, war sie fest entschlossen.
´Wieso musste ich ihm auch entgegen reiten und nicht hinter sicheren Toren warten!´, tadelte sie sich selber und beobachtete voller Bangen, wie der Ork immer näher kam.
Jeder seiner immer näher kommenden Schritte löste erneut Panik in ihr aus, doch würde sie standhaft bleiben. Die Schwertspitze ihres erhobenen Schwertes zitterte, als er nun vor ihr stand und sie zähnefletschend angrinste. Er hob ruckartig sein Schwert und ließ es mit einem Brüllen auf sie hinunter sausen. Sie wich schnell aus, wollte parieren, doch stolperte sie über einen toten Ork. Sie verlor ihr Gleichgewicht und stürzte zu Boden. In dem Moment wusste sie, dass sie alleine keine Chance mehr besaß, zu überleben. Erneute Panik durchrollte sie und verzweifelte Tränen traten ihr in die Augen. Sie wollte sich schnell auf den Rücken drehen, um erneut aufstehen zu können, als sich ein Fuß in ihren Bauch bohrte und sie den Kontakt zum Boden verlor. Sie wurde ein paar Fuß weit geschleudert, schlug hart auf dem Boden auf und Schmerzen explodierten in ihrem Körper. Sie keuchte schmerzhaft auf, rollte sich stöhnend auf den Rücken und sah voller Grauen, wie der Ork weiter breit grinsend auf sie zuging. Panisch stützte sie sich auf ihren Ellenbogen ab, um von ihm weg zu robben, als sich etwas Kaltes in ihre Hand bohrte. Ihr Blick schnellte zu ihrer Hand und darunter sah sie die Pistole, die ihr aus der Satteltasche gerutscht sein musste. Ehe sie nachdenken konnte, griff sie danach, entsicherte sie beim Umdrehen und richtete den Lauf auf den Ork.
´Einfach zielen und abdrücken.´
Ihr Zeigefinger legte sich auf den Abzug, als der Ork erneut sein Schwert hob und sie abdrückte. Ein lauter Knall ertönte und der Rückstoß fuhr ihr schmerzhaft in die Arme, doch das war ihr in dem Moment egal. Der Ork hielt inne und sah sie aus großen Augen an. Sein Lächeln schmolz aus seinem Gesicht, als sie erneut abdrückte und der Schuss wie eine Peitsche knallte. Dieses Mal sah sie, wie die Kugel den Brustpanzer des Orks durchbohrte und schwarzes Blut daraus floss. Auch seine Schulter war blutüberströmt und mit einem kleinen Grunzen sank er langsam in die Knie. Schnell rappelte sich Gweneth auf, ohne ihre Augen von ihm zu nehmen. Er starrte sie aus orangenen Augen verwundert an und erneut hob Gweneth die Pistole, legte all ihre Abscheu in den Schuss und zielte auf seinen Kopf. Erneut peitschte ein Knall durch die Nacht und der Ork fiel blutüberströmt hinterrücks um. Gweneth stand keuchend und mit schmerzenden Armen vor dem toten Ork und starrte mit einem Gefühl von Genugtuung auf ihn nieder. Dann wandte sie müheselig ihren Blick ab und sah in die erstarrten Gesichter ihrer Freunde. Schnell sicherte sie die Waffe und schwankte zu ihnen.
„Was… war das?“, fragte Gimli und das Entsetzen stand ihm ins Gesicht geschrieben.
Gweneth schien zu ahnen, dass er damit nicht nur ihre Pistole meinte.
„Waffen aus meiner Welt“, antwortete sie nüchtern und sank bei ihnen erschöpft auf ihre Knie.
„Solche Waffen existieren in deiner Welt?“, fragte Gimli erneut zutiefst erschüttert und Gweneth nickte mit finsterem Gesichtsausdruck.
„Die, die ihr gerade gesehen habt, sind die harmlosesten Waffen. Es gibt welche, die ganze Städte und Länder in Rauch aufgehen lassen und für Jahrtausende verseuchen können“, antwortete sie wahrheitsgemäß und sah dann zum Waldrand.
Sie hoffte inständig, dass alle Orks vernichtet worden waren oder zumindest sich nicht mehr aus dem Wald wagten. Dann wandte sie sich an ihre Freunde und sah zu ihnen herauf.
„Verzeiht, wenn ich euch nicht gewarnt habe. Ich hatte nur gehofft, die Waffen nicht benutzen zu müssen. Geht es Euch wieder gut?“, fragte sie besorgt und sah abwechselnd zwischen Gimli und Legolas hin und her, die beide nickten.
„Uns geht es gut, aber du, Mädchen, siehst nicht besonders gut aus“, brummte Gimli.
„Die Wunde sollte auf jeden Fall behandelt werden“, meinte nun auch Legolas und hockte sich neben sie hin, während seine blauen Augen über ihr Gesicht wanderten.
„Ach ja?“, fragte sie überrascht, doch automatisch wanderte ihre Hand zu ihrer rechten Gesichtshälfte.
Als sie diese berührte, zuckte ein greller Schmerz durch ihr Gesicht und ließ sie aufzischen.
„Bevor wir uns aber darum kümmern, lasst uns lieber von hier verschwinden“, meinte Gweneth und sah sich suchend nach ihren Pferden um, doch waren weit und breit keine zu sehen.
„Wo sind die Pferde?“, fragte sie erschüttert und ein Stein legte sich auf ihr Herz.
„Sie haben sich losgerissen. Keine Sorge, sie werden wieder zu uns stoßen“, meinte Legolas, als er ihr geschocktes Gesicht sah.
„Lasst uns schnell packen. An diesem Ort möchte ich nicht weiter die Nacht verbringen“, brummte Gimli und fing an, seine Sachen schnell zusammenzupacken.
Gweneth tat es ihm gleich und verstaute alles in Eiltempo in ihren Satteltaschen. Sie schulterte diese und wäre beinahe umgekippt, so geschwächt war sie. Dann riss sie sich zusammen und gesellte sich unter großer Kraftanstrengung zu den anderen, die gerade ihre Taschen zubanden. Plötzlich versteifte sich Legolas, drehte sich elegant um, zog dabei den Bogen und griff nach einem Pfeil. Er zielte Richtung Wald und Gweneths Kopf schnellte sogleich in dieselbe Richtung. Die Äste der Büsche bewegten sich erneut und Gweneth fuhr die Eiseskälte in ihre Glieder.
„Der Lärm muss mehr angelockt haben“, raunte Legolas und in Gweneth schwand die Hoffnung, die Nacht zu überleben.
Tränen der Verzweiflung liefen ihr die Wangen hinunter, als sie ihre Satteltaschen von ihren Schultern gleiten ließ und langsam zu einem Schwert griff, das auf dem Boden lag. Langsam hob sie es hoch, obwohl sie kaum noch Gefühl in ihren Armen besaß. Gimli zückte auch seine Waffe und stellte sich schützend vor Gweneth. Alle Augen waren gen Wald gerichtet und Gweneth betete innerlich zu den Valar, dass sie die Nacht überleben mögen. Aus dem Wald brach erneut eine kleine Horde Orks und als sie das Blutbad sahen, brüllten sie wütend auf. Legolas‘ Bogen sang erneut und die ersten Orks fielen. Wütend rannte der Rest mit gezückten Schwertern und brüllend auf sie zu. Gweneths Knie zitterten und sie hatte kaum noch Kraft, das Schwert zu halten, als sie mit ansehen musste, wie die Orks immer näher kamen. Plötzlich fing die Erde unter ihren Füßen an, leicht zu beben und als sie sich fragend umwandte, ertönten nicht weit entfernt helle Hornklänge, dessen Klang sie niemals vergessen würde. Freudentränen schossen ihr in die Augen und fast hätte sie gelacht, so erleichtert war sie.
´Wir sind in Sicherheit! ´