Kapitel 50
Die Hornklänge ertönten hell in der Nacht und brachten Gweneth zum Lächeln. Ihr Herz wurde ganz leicht und Freude tobte in ihrer Brust.
„Die Rohirrim!“, sprach sie erleichtert und konnte ein glückliches Lachen nicht mehr zurückhalten.
Das Beben der Erde unter ihren Füßen wurde stärker und die Orks hielten inne. Ihre glühenden Augen sahen hektisch in die Nacht, während Gweneth das Gefühl hatte, noch nie so erleichtert gewesen zu sein.
„Sie werden uns mit den Orks zusammen töten!“, brüllte mit einem Mal Gimli und brachte Gweneths Herz fast zum Stehen, während die Erleichterung in ihrer Brust in Angst umschlug.
Panisch sah sie zu Legolas, doch er war nicht mehr an ihrer Seite. Schnell sah sie sich nach ihm um und entdeckte ihn an ihrem ehemaligen Lagerfeuer. Er zog geschwind ein glühendes Holzscheit heraus, sprang zu ihnen, blies in die Glut an einem Ende des Holzes und wedelte dann damit über ihren Köpfen. Keinen Atemzug später galoppierten die Reiter auf ihren Rössern aus der Dunkelheit, direkt auf sie zu. Der Anblick war atemberaubend und die Angst, von ihnen zermalmt zu werden, wuchs. Schnell wich Gweneth zu Legolas und auch Gimli rutschte näher zu ihm, als sich die Reiter plötzlich teilten und um sie herum ritten. Die langen Speere der Reiter sirrten durch die Luft und spießten Orks auf, die gurgelnd zu Boden gingen. Pfeile sangen und trafen mit einem dumpfen Aufschlag ihre entstellten Gegner. Mit einem schneidenden Geräusch zogen sie ihre Schwerter und stürzten sich erbarmungslos auf die Orks, die panisch vor der Übermacht zu fliehen versuchten. Schwerter klirrten und die Schreie der Orks verstummten, bei jedem von Gweneths immer ruhiger werdenden Atemzügen, immer mehr, bis schließlich alle getötet waren. Aus der Schar der Reiter löste sich mit einem Mal ein stattlicher Mann und ritt erhobenen Hauptes auf sie zu. Er hatte eine ähnliche Statur wie Éomer, doch als ihr Blick zu seinem Helm schnellte, konnte sie den weißen Pferdeschweif daran nicht erkennen. Das nervöse Flattern ihres Herzes erstarb und ihr Blick glitt über die anderen Reiter, doch seinen Helm konnte sie zwischen ihnen nicht ausmachen. Enttäuschung machte sich in ihr breit und ihre Sehnsucht wuchs erneut ins Unermessliche.
„Wer seid Ihr, Fremde, und was habt Ihr in dieser Gegend zu suchen?“, sprach der Reiter scharf vor ihnen und Gweneth Blick glitt wieder zu ihm zurück.
„Erkennst du sie denn nicht, Géruld?“, sprach mit einem Mal ein hünenhafter Mann hinter dem ersten Sprecher und die tiefe Stimme kam ihr seltsam bekannt vor.
„Dies sind Legolas Grünblatt und Gimli, Gloins Sohn, Gefährten des Königs, doch wer ist jener, der Euch begleitet?“, fragte der Hüne und ritt näher heran.
Es war nicht Éomer und dennoch klopfte ihr Herz aufgeregt, als er an die Seite seines Kameraden ritt und die kleine Gruppe betrachtete.
´Woher kenne ich ihn nur? ´
Gweneth sah zu ihm hoch und aus den dunklen Schlitzen des Helms sahen ihr glitzernde Augen entgegen. Plötzlich schien der Reiter scharf die Luft einzuziehen und sie spürte, wie sich sein Blick in ihren bohrte.
„Ich dachte nicht, dich jemals wiederzusehen, Gweneth“, raunte der Reiter plötzlich mit erstickter Stimme und ein Schauer lief ihr über den Rücken.
Mit einem Mal fiel es ihr wie Schuppen von den Augen und brachte ihr Herz zum Erzittern.
„Erkenbrand?“, fragte sie mit schwacher Stimme und die ersten Freudentränen liefen ihr über die Wangen.
Der große Reiter schwang sich von seinem Pferd und trat geräuschvoll zu ihnen. Er griff sich an seinen Helm und als er ihn herabzog, sahen seine grauen Augen direkt in ihre topasfarbenen. Seine langen, blonden Haare waren zerzaust und sein ebenfalls blonder Bart war länger geworden, doch erkannte sie darunter sein markantes Gesicht wieder.
„Bruder“, schluchzte sie und zeitgleich fielen sie sich in die Arme.
Die Rüstung war hart und kalt, doch seine Umarmung warm und einladend. Erkenbrand zog sie eng an sich und legte sein Kinn auf ihren Kopf. Sie schlang ihre Arme um seine Hüfte und ließ ihren Tränen freien Lauf. Gweneth war überglücklich, ihn wiederzusehen und ihr Herz heilte noch ein kleines bisschen mehr. Ihre Tränen flossen wie Sturzbäche und immer fester klammerte sie sich an ihn. Kurz standen sie so da, bis sich Erkenbrand bestimmend von ihr löste und sie ebenfalls widerwillig den Griff um ihn lockerte. Sie sah mit tränennassem Gesicht zu ihm auf und er sah ihr tief in die Augen. Sachte legte er beide Hände auf ihre Wange und küsste ihr die Stirn. Genießerisch schloss sie ihre Augen und genoss es, wieder so nahe bei ihrem Bruder des Herzes zu sein. Er lehnte sich leicht zurück und erneut sah sie zu ihm hoch.
„Seit wann bist du wieder hier“, fragte er leise und ließ seine Hände auf ihren Wangen ruhen, während Gweneth die Schmerzen von ihrer Wunde komplett verdrängte.
„Erst seit wenigen Tagen, doch was tust du hier? Wieso bist du nicht in Helms Klamm?“, fragte sie und legte ihre Hände auf seinen Brustharnisch.
„Wir von Helms Klamm möchten König Théoden die letzte Ehre erweisen. Deswegen schlossen sich einige Soldaten und ich dem Geleit von König Éomer an“, sprach er sanft und Gweneth erstarrte.
„König… Éomer?“, fragte sie zutiefst erschüttert und die Schmetterlinge, die ihr stets im Bauch herumgetollt waren, schienen zu gefrieren und schlugen wie Steine in ihren Magen ein.
„Wusstest du nichts davon?“, fragte er und seine Augenbrauen zogen sich leicht fragend zusammen.
Sie konnte jedoch nur den Kopf schütteln, denn ihre Gedanken waren wie leergefegt.
„Er wurde zum König ernannt, nachdem König Théoden in der Schlacht um Minas Tirith fiel. Als Schwestersohn war es nur natürlich, dass Éomer seinen Platz als König einnahm. Doch warum erzählte dir niemand davon?“, fragte er und sein Blick glitt zu den anderen beiden Gefährten, welche die ganze Zeit hinter Gweneth gestanden hatten.
Auch Gweneth drehte sich zu ihnen um und Wut stieg in ihr erneut hoch.
´Erst die Sache mit Éowyn und dann die mit Éomer! Wieso sagt mir niemand was?´
„Warum?“, fragte sie jedoch nur, da sie noch immer zu erschüttert war, um mehr zu sagen.
Legolas lächelte sein strahlendes Lächeln und Gimli sah verlegen auf den Boden.
„Wir dachten, Aragorn hätte dich darüber unterrichtet“, antwortete Legolas und die heiße Wut in Gweneth stieg weiter an, die schließlich auch ihre Starre brach.
Sie stemmte ihre Hände in die Seite und ihre Augen blitzten vor Wut.
„Ihr hättet es wenigstens Mal erwähnen oder zumindest Mal nachfragen können, wie es mir dabei geht, einen König zu lieben!“, fuhr sie die beiden wütend an.
„Ist das nicht vielleicht eine verdammte Erwähnung wert!“, herrscht sie weiter, doch als sie in das betroffene Gesicht und in die Unschuldsmiene von Legolas blickte, zwang sie sich zu beruhigen.
´Sie können ja nichts dazu, aber dennoch, wieso sagt mir niemand was! Das ist echt ätzend!´
Zwanghaft ruhig ein- und ausatmend beruhigte sie sich allmählich wieder. Dennoch legte sich das Chaos in ihrem Inneren nicht. Der Gedanke allein, dass Éomer nun König war, ließ ihren Magen verknoten und leichte Panik in ihr hochkommen. Deswegen versuchte sie krampfhaft, nicht an ihn oder an seine neue Stellung zu denken, denn sie müsste sich noch früh genug damit auseinandersetzen.
„Ich vermute, Ihr seid auf dem Weg zum König“, meinte nun Erkenbrand mit deutlicher Belustigung in der Stimme und Legolas nickte.
„Wir geleiten Euch zurück, wo sind Eure Rösser?“
„Sie flohen beim Anblick der Orks“, antwortete Legolas und Erkenbrand nickte.
„Géuld, Trihat!“, rief Erkenbrand laut und aus der Dunkelheit ritten die beiden Gerufenen zu ihnen.
„Legolas, Ihr reitet bei Trihat mit und Gimli bei Géuld.“
„Und ich?“, fragte Gweneth, obwohl sie die Antwort eigentlich schon wusste.
„Bei mir“, antwortete Erkenbrand mit einem Grinsen und zog schwungvoll wieder seinen Helm auf, während Gweneth langsam zu seinem hohen Ross ging.
„Steige du zuerst auf, ich werde mich hinter dich setzen“, meinte Erkenbrand und hielt sein Ross fest, während Gweneth ihre Hände auf den Sattel legte und sich hinaufzog.
Keinen Augenblick später saß Erkenbrand hinter ihr, schlang einen Arm um ihre Hüfte und als sich Gweneth umsah, saßen ihre beiden Gefährten bereits hinter den Reitern, wobei Gimli erneut laut fluchte, schon wieder auf einem Pferd sitzen zu müssen.
„Was ist mit unseren Sachen?“, fragte sie über ihre Schulter, „Und mein Schwert befindet sich noch im Wald!“
„Sorge dich nicht, es wird sich jemand darum kümmern“, sprach er und rief dann in der Sprache der Rohirrim etwas.
Gweneth lauschte träumerisch der sanften, aber dennoch harten Sprache der Rohirrim, die genauso wunderschön war, wie das grüne Land, das sie bewohnten. Sie warf noch einmal einen Blick zurück und sah, wie ein Teil der Rohirrim ihnen folgte und der andere die Orkleichen aufschichtete.
´Vermutlich werden sie die Leichen bald verbrennen. Ich weiß, dass es bei ihnen Tradition ist, aber dennoch ist der Geruch von verbranntem Fleisch etwas, das man nie vergessen kann.´
Erkenbrand rief erneut etwas in seiner Sprache und trieb dann sein Pferd an, das sich schnaubend in Bewegung setzte. Schnell wandte sie sich von dem grauenhaften Anblick ab und hielt sich an dem Arm von Erkenbrand fest. Seufzend lehnte sie sich zurück und Erkenbrand legte sein Kinn auf ihren Kopf. Unweigerlich erinnerte sie sich an den Tag zurück, als sie ihn verlassen hatte und auch an den Brief, den sie zurückließ.
Schuldgefühle drangen in ihr hoch, ihn einfach ohne Worte des Abschieds verlassen zu haben. Eine kurze Zeit lang ritten sie schweigend durch die Nacht, als sie ihre Schuldgefühle nicht mehr zurückhalten konnte.
„Verzeih, dass ich mich von dir nicht recht verabschiedet habe“, sprach sie leise und sie spürte, wie sein Griff um sie fester wurde.
Kurz schwieg er und beinahe hätte sie zu ihm aufgesehen, wenn er nicht geantwortet hätte:
„Es ward wahrlich schwer, denn ich konnte mich nicht mehr von dir verabschieden, so wie ich es wollte. Deinen Brief zu lesen und dir nicht gleich hinterher zu reiten, lag mir wie Steine auf der Brust. Doch verstand ich deine Beweggründe und ich musste sie akzeptieren, obgleich es mir nicht gefiel. Ich wusste nicht, wie es dir erging und als ich von den Gefährten hörte, wie du verschwandest, war ich nicht der Einzige, der die Ungewissheit ertragen mussten, ob du noch am Leben warst.“
„Sprichst du von Éomer?“, fragte sie leise und allein bei seinem Namen hämmerte ihr das Herz in der Brust.
„Haben sie dir von ihm erzählt?“, fragte er sanft, während sie weiter über die dunkle Ebene ritten.
„Nur wenig. Legolas meinte, er hätte sich nichts anmerken lassen, doch wäre etwas in seinen Augen verloren gegangen.“
Sie spürte wie Erkenbrand nickte und ihr Herz zog sich unangenehm zusammen.
„Ich sah ihn erst wieder, als wir uns seinem Geleit anschlossen, doch spürte ich, wie er sich verändert hatte.“
„Inwiefern?“, fragte sie schnell und sah zu ihm hoch.
Durch den Helm konnte sie nicht viel erkennen, doch sah sie, wie hart seine Augen schienen, die nach vorne gerichtet waren.
„Er sprach weniger und wenn, so waren es meist harte Worte“, meinte er mit einem kleinen Seufzen und Gweneth schmerzte ihr Herz.
„Es ist schwer in Worte zu fassen“, gab er zu.
„Obwohl er wusste, dass ich ging“, sprach sie mehr zu sich selbst und Trauer legte sich auf ihr Gemüt.
„So wie ich, hoffte er wohl, dass du dich im letzten Moment womöglich umentscheiden würdest; dass deine Liebe größer sein würde, als der Drang, das Richtige zu tun.“
Gweneth wollte gerade darauf etwas erwidern, doch Erkenbrand unterbrach sie rasch.
„Ich weiß, dass du bleiben wolltest und es dir das Herz brach, zu gehen. Doch… Gefühle sind nicht an die Vernunft gebunden. So sehr ich verstand, dass du das Richtige tust, hoffte dennoch ein kleiner Teil meines Herzens, dass du bliebest. Éomer empfand vermutlich genauso.“
Gweneth seufzte innerlich und lehnte sich etwas mehr gegen ihn. Sie wusste innerlich, dass sie womöglich nie gegangen wäre, wenn sie nicht in die Tiefe gestürzt wäre. Der Gedanke quälte sie, dass sie Éomer und Erkenbrand durch ihr Verschwinden zutiefst verletzt hatte, doch auch sie hatte darunter gelitten.
´Mehr, als ich mir hätte denken können… aber ich verstehe, dass sie die Hoffnung nicht aufgeben konnten. Ich wünschte nur, dass sie nicht so gelitten hätten.´
Gweneth wusste nicht, was sie daraufhin erwidern sollte und so schwieg sie. So ließ sie ihre Gedanken schweifen, während sie mit starren Augen stur geradeaus sah und sich den Erinnerungen an Erkenbrands und ihrem ersten Kennenlernen hin gab; peinlichst darauf bemüht, dass ihre Gedanken nicht zu Éomer wandern würden. Lange schwelgte sie in Gedanken und achtete kaum auf ihre Umgebung. Auch Erkenbrand schwieg und so ritten sie durch die Nacht, bis Erkenbrand mit einem Mal nach seinem Horn griff und laut hinein blies. Der schöne Hornklang riss Gweneth aus ihren Erinnerungen und erschrocken klammerte sie sich an seinen Arm.
„Wir sind da“, raunte er in ihr Ohr und einen kurzen Moment setzte ihr Herz aus, nur um danach dröhnend weiter zu hämmern.
Ihr Blick schnellte nach vorne und nicht weit in der Nacht erschien ein großes Zeltlager.
Erkenbrand blies noch einmal in sein Horn und als der Klang seines Hornes verebbte, antwortete ein anderes Horn aus dem Zeltlager. Sie konnte schon fast spüren, wie sie Éomer immer näher kam und die ganzen Gedanken, die sie auf dem Ritt an Éomer verdrängt hatte, überrollten sie mit aller Macht.
Sie wusste nicht, wie er reagieren würde und auch nicht, wie sie sich ihm gegenüber verhalten sollte. Immerhin war er nun König und sie nur eine einfache Frau, die nicht einmal aus dieser Welt kam.
´Und nun soll ich die Geliebte, wenn nicht sogar die Königin eines ganzen Landes werden?´ Gweneth kam der Gedanke so unsinnig vor, dass sie leicht ihren Kopf schütteln musste und die Tränen ihr in die Augen traten.
´Und wie sehe ich überhaupt aus! Bin mit Orkblut verschmiert, bin übel verschwitzt und meine Haare sehen bestimmt total unordentlich aus! Eigentlich wollte ich, dass er mich auf meinem Ross so zu sehen bekommt, wie er mich in Helms Klamm kennengelernt hat und jetzt sehe ich schlimmer aus, als ich mir vorstellen kann! Und was ist, wenn er mich nicht mehr will? Was ist, wenn er mich abweist? Er muss auf seine Stellung achten und ich bin eine Frau ohne besondere Wurzeln. Keine Königstochter und Adlige… wird er mich dennoch nehmen oder lieber jemand anderes, um seine Stellung zu sichern?´, wisperte eine leise Stimme in ihrem Kopf und obwohl sie wusste, dass er sie liebte, konnte sie die kleine, fiese Stimme des Zweifels nicht verstummen lassen.
Gweneth wusste hingegen genau, dass, wenn Éomer sie nicht mehr liebte, sie vergehen würde, wie eine Blume in der Wüste. Mit bangem Herzen musste sie mit ansehen, wie sie dem Zeltlager immer näher kamen und Erkenbrand sein Ross zügelte.
„Ich bringe dich zu ihm“, raunte er und ihr Innerstes schien sich zu verknoten.
Ihr Herz flatterte in ihrer Brust und ein Zittern rollte durch ihren Körper. Ehe sie sich versah und ohne, dass sie sich überlegt hatte, was sie eigentlich sagen sollte, ritten sie schließlich in das Zeltlager. Sie ritten an hellen, kuppelförmigen Zelten vorbei, die kunstvoll mit goldenen Runenbändern bestickt waren und hohe Fackeln flankierten diese. Schlafende Pferde waren an Seilen angebunden und vor den Lagerfeuern saßen müde Männer, die interessiert aufsahen, als sie an ihnen vorbeiritten. Obwohl der Morgen noch nicht einmal graute, herrschte bereits ein reges Treiben. Erkenbrand lenkte zielstrebig sein Pferd durch die Zelte, als mit einem Mal ein größeres, reich verziertes weißes Zelt in Sicht kam und Gweneth wusste, dass dies das Zelt des Königs sein musste. Sofort flatterte ihr Herz nur noch mehr, ihre Gedanken kreisten um Éomer, während ihr ganzer Körper zu zittern schien. Erkenbrand stoppte sein Pferd und schwang sich von dessen Rücken. Er hielt ihr die Hand hin, doch waren ihre Augen nur auf den keilförmigen Eingang des Zeltes gerichtet, der von zwei Rohirrim bewacht wurde. Plötzlich packte Erkenbrand sie einfach an der Hüfte und hob sie von seinem Pferd herunter, als würde sie nicht mehr wiegen, wie eine Feder. Ihre Beine gaben fast unter ihrem Körpergewicht nach, doch Erkenbrand hielt sie sicher fest und sie stützte sich dankend an ihm ab. Sie hörte, wie Legolas leichtfüßig und Gimli mit vielen Flüchen von den Reitern abgesetzt wurden, doch konnte sie ihren Blick nicht von dem Zelt nehmen.
„Ich sage ihm, dass ihr hier seid“, meinte Erkenbrand, doch Gweneth hielt sich an seinem Arm so fest, dass er nicht weitergehen konnte.
Fragend sah er Gweneth an, doch sie schüttelte nur den Kopf, denn sie wollte nicht ihre Stütze verlieren. Sie hatte Angst, dass ihre Beine unter ihr nachgeben würden, sobald sie seinen Arm los ließ und klammerte sich nur noch fester an ihn.
„Berichtet dem König, dass drei Freunde aus vergangenen Tagen ihn zu sehen wünschen“, brummte Erkenbrand der Wache des Eingangs zu, der nickte und im Inneren des Zeltes verschwand.
Gweneths Herzschlag dröhnte ihr in den Ohren und ihr Atem ging stoßweise. Die Angst und die Hoffnung lagen in dem Zelt direkt vor ihr und sie spürte, dass ihre Nerven, ohnehin schon zum Reißen gespannt, nicht mehr lange durchhalten würden. Sie war so nervös, aufgeregt und zugleich panisch, dass ihr es regelrecht übel wurde.
„Beruhige dich, mellon nîn“, sprach Legolas‘ melodische Stimme und sie sah aus dem Augenwinkel, wie sich die beiden Gefährten an ihre Seite gesellten.
Sie sah zu ihnen und Legolas‘ helle, blaue Augen ruhten freundlich auf ihr.
„Ich kann nicht“, hauchte sie mit zittriger Stimme und beinahe gaben die Beine unter ihr nach.
Plötzlich trat die Wache wieder aus dem Zelt und hielt ihnen den Eingang auf.
„Der König erwartet Euch“, sprach er und Gweneths Puls schoss schlagartig nach oben.
Legolas lächelte ihr zu und dann ging er zuerst hinein, gefolgt von Gimli und Gweneth stand da wie festgefroren. Erkenbrand ging ganz langsam einen Schritt nach vorne und zog sie schon beinahe hinter sich her, doch genau vor dem Eingang konnte sie sich nicht mehr rühren. Ihre Beine gehorchten ihr nicht mehr und weigerten sich, noch einen weiteren Schritt nach vorne zu stolpern. Erkenbrand blieb stehen und sah sie leicht stirnrunzelnd an. Sie jedoch schüttelte nur stumm ihren Kopf, um zu zeigen, dass sie nicht weitergehen konnte, als sie ihn mit einem Mal hören konnte.
„Legolas, Gimli! Freunde, was verschafft mir die Ehre“, ertönte seine tiefe, raue Stimme und versetzte Gweneth einen heftigen Stromschlag, der sie leicht schwanken ließ.
Sie krallte sich nur noch fester an Erkenbrands Unterarm, während alles in ihr brannte.
„Ich grüße Euch, König Éomer“, sprach Legolas und sie hörte deutlich, dass er beim Sprechen breit lächelte.
„Welche Nachricht bringt Ihr mir, die nicht warten kann?“, sprach er neugierig und brachte Gweneth erneut zum Erzittern.
Seine Stimme war wie Musik in ihren Ohren, von der sie nicht genug bekommen konnte.
„Manch Dinge dulden keinen weiteren Aufschub. Nicht einmal Orks konnten uns von unserem Vorhaben, zu Euch zu gelangen, abhalten“, sprach Legolas erneut und sie hörte schwere Schritte, die von ihm stammen mussten.
„Orks?“, fragte er und seine Stimme schien härter, während sie innerlich dahinschmolz.
„Ai, sie überfielen uns, als wir unser Nachtlager aufschlugen. Sie warnte uns gerade noch rechtzeitig, sonst hätten sie uns überraschend angegriffen.“
„Von wem sprecht Ihr?“, eine kurze Stille folgte und Gweneth lauschte gierig und voller Sehnsucht seinen Worten, während sie vor Angst vor Zurückweisung noch immer wie festgefroren vor dem Zelteingang stand.
„Sprach meine Wache nicht von dreien? Wer ist die andere Person, die mit Euch reiste?“, ertönte seine Stimme und jagte Gweneth erneut einen Schauer über den Rücken.
„Jemanden, den Ihr gut kennt. Doch magst du dich nicht selber zeigen?“, fragte Legolas und Gweneth wusste, dass die Frage an sie gerichtet war.
Erkenbrand entzog ihr langsam seinen Arm und als sie mit weit aufgerissenen Augen zu ihm hoch sah, nickte er sanft in die Richtung des Zeltes. Sie wusste, dass sie nun alleine gehen musste. So atmete sie noch einmal tief ein, versuchte ihr dröhnendes Herz etwas zu beruhigen, verdrängte die aufsteigende Angst und zwang dann ihre Beine, vorwärts zu gehen. Langsam und mit schwachen Beinen ging sie durch den Spalt des Zeltes, hob langsam ihren Blick vom Boden und dann sah sie ihn. Seine blonden, offenen Haare waren leicht zerzaust und sein Bart etwas länger, als sie es von ihm gewohnt war und dennoch ließ allein sein Anblick alles in ihr erbeben. Er trug nur eine Lederhose und ein dünnes Leinenhemd, sodass sie seinen stählernen Körper darunter gut erahnen konnte und entfachte ein glühendes Feuer in ihrem Bauch, das nach ihm gierig zu lecken schien. Ihr Kopf war wie leergefegt und das Ziehen in ihrem Herzen wurde beinahe unerträglich. Dennoch war sie wie festgefroren vor Schock und auch vor Angst, dass er sie nicht mehr liebte. Die Sehnsucht war beinahe unerträglich und sie hätte nichts lieber getan, als ihre Lippen auf seine zu legen und alles um sich herum zu vergessen. Seine hellbraunen Augen weiteten sich, als ihre Augen seine trafen und sie darin zu versinken schien. Nur am Rande bekam sie mit, wie die beiden Gefährten sie und Éomer alleine ließen. Still standen sie sich gegenüber und Gweneth war gefangen in ihrem zitternden, erstarrten Körper.
„Gweneth?“, hauchte Éomer und sah sie mit großen Augen zutiefst erschüttert an.
Als sie hörte, wie er ihren Namen sprach, schienen sich ihre Eingeweide komplett ineinander zu verdrehen und eine Gänsehaut überzog ihren Körper. Sie wollte unbedingt auch seinen Namen aussprechen, sich in seine Arme schmeißen und mit ihm verschmelzen, doch kein einziges Wort verließ ihre Lippen. Einzig und allein schossen ihr die Tränen in die Augen und liefen heiß über ihre Wange. Der Kloß in ihrem Hals wurde immer größer und schnürte ihn zu.
„Sag mir, dass dies kein Traum ist“, flüsterte er auf einmal so verzweifelt, dass es ihr für einen Moment den Atem raubte.
Plötzlich überbrückte Éomer die Distanz zwischen ihnen in nur wenigen Schritten und blieb nur einen Fuß breit vor ihr stehen. Sanft hob er seine Hände und strich mit seinen rauen Fingerspitzen über ihre tränennassen Wangen. Seine Berührungen hinterließen eine heiße Spur auf ihren Wangen und das Feuer in ihrem Magen tobte.
„Sag mir, dass du wahrhaftig vor mir stehst und keine Truggestalt bist! Sag mir, dass dies kein Traum ist! Sag mir, dass du zurückgekommen bist!“, flehte er und in seinen Augen lag sowohl Schmerz, als auch unendliche Sehnsucht.
Seine Augenbrauen hatte er verzweifelt zusammengezogen und seine Stirn in Falten gelegt, so wie sie es liebte. Gweneths Inneres tobte, denn sie konnte seine Körperwärme auf ihrer Haut spüren, seinen Geruch riechen und seinen Atem hören. Jede Faser in ihrem Körper brannte darauf, ihn zu spüren und zu zeigen, dass sie kein Traum war. Ihre topasfarbenen bohrten sich in seine braunen Augen und sie meinte, den ganzen Schmerz, den auch sie durchlebt hatte, darin zu sehen. Langsam hob sie, ohne auch nur einen kurzen Augenblick die Verbindung zwischen ihnen zu unterbrechen, ihre Hände und legte eine sachte an seine Wange, während die andere zu seiner Brust wanderte. Sie spürte sein schnell schlagendes Herz darunter und mit einem Mal wurde ihr klar, dass er sie noch immer liebte, dass er sie wollte und die Angst in ihrem Herzen verschwand mit dem Klopfen seines starken Herzens. Der Kloß in ihrem Hals löste sich und gab endlich ihre Stimme frei.
„Ich bin weder eine Truggestalt, noch erscheine ich dir in einem deiner Träume“, hauchte sie, „ich bin wegen dir zurückgekommen.“
Fest sah sie ihm in die Augen, die sich überrascht weiteten und im nächsten Augenblick spürte sie seine Lippen auf ihren. Ein Feuerwerk explodierte in ihr und das Feuer breitete sich in jedem ihrer Glieder aus. Schon fast grob presste er seine Lippen auf ihre, doch Gweneth presste ihre ebenso hart gegen seine. Stöhnend schlang sie ihre Arme um seinen Hals, presste sich so eng wie sie konnte an ihn und gewährte seiner Zunge mit einem zufriedenen Seufzen Einlass. Wie Ertrinkende klammerten sie sich aneinander, während ihr Körper vor Verlangen, ihn spüren zu wollen, schrie. Ihr Herz jubelte und jede seiner Berührungen entfachte das Feuer in ihr immer weiter. Gweneth spürte, dass sie hochgehoben und getragen wurde, ohne dass sich ihre wilden und verlangenden Küsse auch nur einmal unterbrachen. Als sie wieder abgesetzt wurde, sah sie sich kurz um und stellte fest, dass er sie in sein Schlafgemach gebracht hatte. Kurz ließ er von ihr ab und sah sie flehend und voller Verlangen an. Sie wusste, warum er innehielt, doch wollte sie in dem Moment nichts anderes, als er auch. Mit jeder Faser ihres Körpers wollte sie ihn spüren, ihn an sich binden und eins mit ihm werden. So umschlang sie seinen Nacken, küsste ihn stürmisch und voller Liebe. Éomer stöhnte und brachte sie innerlich erneut zum Vibrieren. Mit geschickten Fingern löste er die Schnallen ihrer Rüstung, während sie mit ihren Fingern unter sein Gewand fuhr und hungrig über seinen stählernen Körper strich. Sie entlockte ihm ein Stöhnen, als ihre Hände in seine Hose wanderten und über seine erregte Männlichkeit strichen. Mit wenigen Handgriffen hatte er ihre Kleider von ihrem Körper gestreift und auch seine lagen achtlos auf dem Boden. Er nahm sie in seine Arme und legte sie beinahe schon zärtlich auf sein Bett, ohne seine heißen Küsse auf ihrem in Flammen stehenden Körper zu unterbrechen. Ihr Körper bebte und sie wollte mehr denn je, dass er das verlangende Feuer in ihr stillte. Sie krallte sich in seinen Rücken und zog ihn näher zu sich heran. Mehr Aufforderung braucht Éomer nicht und so verschmolzen nicht nur ihre Körper, sondern auch ihre Seelen miteinander.