Kapitel 53
Sie waren einen Tag länger als geplant unterwegs gewesen, denn die Ankunft der drei Freunde hatte die Abreise stark verzögert. Gweneth war die ganze Zeit bei Éomer mitgeritten und obwohl es mit der Dauer recht unbequem wurde, ertrugen es beide lieber, als voneinander getrennt zu sein. So erreichten sie sieben Tage nach dem Aufbruch aus Edoras die weiße Stadt Minas Tirith.
Hell leuchtete jene in der Vormittagssonne, als sie den Schlagbaum passierten und die sechs Ringe hinauf ritten. Gweneth verließ Éomers Seite nicht, als sie zusammen durch den Tunnel hinauf gingen und sie war etwas nervös, denn noch immer hatte sie Éomer nichts von Haldir erzählt. Sie hoffte, dass sich die Wege der beiden vorerst nicht kreuzten und überlegte, wie sie Éomer das wohl am besten beibringen würde.
Inzwischen hatten sie den Tunnel verlassen und betraten die siebte Plattform, auf dem Weg zur Königshalle. Zielstrebig, mit Éomer an der Spitze, überquerten sie die siebte Plattform und mit einem Mal ertönten silberne Trompeten, woraufhin sich die schwarzen Tore der Königshalle geräuschvoll öffneten und Gweneth aus ihren Gedanken gerissen wurde. Mit klopfendem Herzen betraten sie die Königshalle und Gweneth wäre beinahe stehen geblieben, denn die Halle war komplett gefüllt und alle Augen richteten sich nun auf die Ankömmlinge. Éomer hingegen schien sich zu straffen und schritt entschlossen gen Thron, so dass sich Gweneth auch überwand, durch die Halle zu schreiten, wobei sie jeden Blick in der Halle auf sich spüren konnte. Gweneth zwang ihren Blick stur nach vorne und erkannte, dass sowohl die hohen Herren vom Schönen Volk als auch die Hobbits sich seitlich am Thron versammelt hatten und ihnen neugierig entgegen sahen. Ihr Blick glitt zum Königsthron, auf dem Aragorn saß und schon wie bei seiner Vermählung trug er eine silberne Rüstung und den schwarzen, fließenden Umhang. Die silberne, geflügelte Krone schimmerte im Schein der einfallenden Sonne und ließ ihn wahrlich königlich wirken. Die Macht, die er ausstrahlte, war schon fast zum Greifen nahe und ließ Gweneth einen angenehmen Schauer über den Rücken laufen.
„Seid gegrüßt, Elessar, König von Arnor und Gondor“, sprach Éomer huldvoll, als sie vor dem Thron angekommen waren und verbeugte sich vor Aragorn, so wie es auch die anderen taten.
Selbst Gweneth senkte ihr Haupt mit einem kleinen Lächeln, denn er war ihr König und das würde er auch stets in ihrem Herzen bleiben.
„Auch ich grüße Euch, Éomer, Éomunds Sohn und König von Rohan“, antwortete Aragorn mit einem Lächeln.
„Es erfreut mein Herz, Euch wohlbehalten wieder zu sehen, wenn gleich Euer Besuch von großer Trauer begleitet wird“, meinte Aragorn mitfühlend und nickte Éomer sachte zu, während seine grauen Augen voller Trauer waren.
„Nicht allein von Trauer ist der Besuch in Euren Hallen“, sprach Éomer mit fester Stimme und trat dann einen Schritt nach vorne.
Gweneth musste sich zurückhalten, um nicht zu lächeln, denn sie wusste, was nun kam und es erfüllte sie mit großer Freude.
„Ich, Éomer, achtzehnter König von Rohan, möchte den Eid von Eorl erneuern“, tönte Éomer laut und ein überraschtes Raunen ging durch die Anwesenden.
Selbst Aragorn wirkte überrascht, musste dann aber breit lächeln und nickte Éomer bestätigend zu. Daraufhin zog Éomer sein Schwert mit einem schneidenden Geräusch und kniete sich vor Aragorn nieder. Er legte sein Schwert vor ihm auf den Boden und ließ seine Hand über dem Heft schweben. Dann hob er seinen Kopf und fing an, in der Sprache der Rohirrim, der Éothéod, huldvoll zu sprechen. Gweneth verstand nur wenige Worte von der wunderschönen, weichen und dennoch kantigen Sprache, doch Aragorns Gesicht wurde ganz weich und seine Augen schienen zu funkeln, während Éomer den Eid erneuerte. Dann hielt Éomer kurz inne und sprach den Eid erneut in der allgemeinen Sprache:
„Höret nun mehr, alle Völker, die ihr euch nicht dem Schatten im Osten beugt, durch das Geschenk des Herrn der Mundburg werden wir herkommen, um in dem Lande zu wohnen, das er Calenardhon nennt und darum globe ich in meinem eigenen Namen und zu Nutz und Frommen der Éothéod des Nordens, dass zwischen uns und dem großen Volk des Westens auf immer Freundschaft herrschen soll. Ihre Feinde sollen die unseren und ihre Not soll die unsere sein und was auch immer Böses, welche Bedrohung oder welcher Angriff über sie kommen mag, wir werden ihnen zur Seite stehen bis zur äußersten Grenze unserer Kraft. Dieses Gelöbnis soll auf meine Nachfolger übergehen, auf alle, die nach mir in unser neues Land kommen mögen und sie sollen es in unerschütterlicher Treue bewahren, dass nicht der Schatten auf sie falle und verflucht werden.“
Seine Stimme verhallte in der großen Halle, dann griff er nach seinem Schwert, erhob sich und steckte es zurück in seine Scheide. Tief verbeugte er sich vor Aragorn, der sich langsam erhob und die Stufen hinunterschritt, während Éomer ihm entgegen sah. Aragorn schritt bis auf die letzten Stufen hinunter, richtete sich zu seiner ganzen Größe auf und fing an zu sprechen:
„Gondor soll durch ein Band der Freundschaft an Euer Haus gebunden sein und Hilfe in aller Not soll Euch zuteilwerden“, sprach er so huldvoll, dass es Gweneth voller Ehrfurcht erfüllte, „Vanda sina termaruva Elenna-nóreo alcar enyalien ar Elendil Vorondo voronwe. Nai tiruvantes i hárar mahalmassen mi Númen ar i Eru i or ilye mahalmar ea tennoio. Dieser Eid soll Bestand haben in der Erinnerung an den Ruhm des Landes des Sterns und an die Redlichkeit Elendils des Getreuen und er soll in der Obhut jener sein, die auf den Thronen des Westens sitzen und in der des Einen, der auf immer über allen Thronen sitzt“, sprach Aragorn abschließend, trat näher an Éomer heran und legte seine Hand auf dessen Schulter. Dieser erwiderte die Geste lächelnd und einen kurzen Moment lang herrschte Stille.
„Lass uns heute Abend ein Freudenfest feiern, in dem wir die neue Freundschaft mit dem alten Eid besiegeln werden!“, rief Aragorn und freudiges Gelächter hallte durch die Hallen.
Musik, so süß, wie es nur Elben konnten, klang plötzlich durch die Halle und floss in Gweneths Herz und ließ es ganz unbeschwert werden.
Gweneth trat zu den beiden Königen, die jeweils ihre Hand von der Schulter des anderen nahmen und sie war so glücklich, dass nun offiziell beide ihre tiefe Freundschaft zueinander zum Ausdruck brachten. Aragorns graue Augen glitten freudestrahlend zu ihr und er lachte leise, als er ihr glückliches Gesicht sah.
„Ein schöner Eid“, meinte Gweneth lächelnd und trat näher an Éomer heran, dass sie seine Wärme leicht auf ihrer Haut spüren konnte.
„Ein Eid, der seit über fünfhundert Jahren nicht mehr ausgesprochen wurde“, sprach plötzlich eine wunderschöne, tiefe, melodische Stimme und als Gweneth zur Seite sah, glitt die Goldene Herrin lächelnd zu den dreien.
„Herrin“, sprach Gweneth freudig, während Éomer sich leicht vor der Elbenherrin verbeugte.
Das Sternenlicht in Galadriels tiefen, grauen Augen leuchtete und die sanfte Aura, die sie ausstrahlte, hüllte Gweneth komplett ein. Gweneths Innerstes füllte sich mit der Präsenz der Elbenfrau und auch mit der tiefen Zuneigung, die sie für Galadriel empfand. Galadriel lächelte sanft und legte federleicht ihre Hand an Gweneth verletzte Wange.
„Dein Weg war lang und voller Schmerzen, doch nun wird das Glück dir zu Füßen liegen“, sprach die Elbendame mit ihrer tiefen, wunderschönen Stimme und ihre Augen schienen erneut auf Gweneths Seele zu blicken. Die Wunde auf Gweneths Gesichtshälfte schien kurz zu pochen, ehe sich ein angenehmes Gefühl davon ausbreitete. Dann ließ Galadriel ihre Hand sinken und ihre strahlenden Augen wanderten zu Éomer.
„Ihr spracht den Eid aus vollstem Herzen und lange wird er in Erinnerung eurer Ahnen bleiben“, säuselte sie weiterhin und sah dann einen stummen Moment Éomer tief in die Augen.
An Éomers Mienenspiel konnte Gweneth erkennen, dass sie etwas zu ihm in Gedanken gesagt haben musste, denn er richtete sich leicht auf und verbeugte sich dann tief von der Herrin.
„Das werde ich, Herrin“, sprach er ernst und erweckte in Gweneth die Neugierde.
Gweneth nahm sich fest vor, Éomer später dazu auszufragen. Dann wandte sich mit einem Mal die Goldene Herrin ab, lächelte ihnen noch einmal zu und schwebte schließlich zurück zu den anderen hohen Herren. Alle drei sahen ihr noch gefangen in ihrer Präsenz hinterher, bis sich Aragorn ihnen wieder zuwandte und leicht lächelte: „Eure Reise war lang, so ruhet bis das Fest in der Abenddämmerung beginnt.“
Dann sah Aragorn sich kurz um, winkte jemandem zu und als Gweneth schon fragen wollte, wem er zugewinkt hatte, zupfte jemand schon an ihrem Kleid. Verwundert sah sie hinunter und hätte fast gelacht, als sie in das Gesicht von Pippin blickte.
„Pippin!“, rief Gweneth erfreut und lächelte ihn sogleich an.
„Führe sie bitte in ihr Gemach“, bat Aragorn Pippin, der daraufhin sogleich nickte und anfing, voraus zu gehen.
„Danke“, brachte sie noch schnell hervor, ehe sie Pippin folgte, der sich geschwind durch die Leute gedrückt hatte.
„Nicht so schnell!“, rief Gweneth lachend und folgte dem Lockenkopf durch die Gänge, bis hin zu den königlichen Gärten.
Jedoch nahmen sie nicht denselben Weg, sondern bogen bald darauf in einen anderen Gang ab, den Gweneth nicht kannte.
„Pippin, wohin führst du uns? Das ist nicht der gleiche Weg, der zu meinem Gemach führte.“
Pippin drehte sich im Laufen um, strahlte beide breit an und lief rückwärts weiter.
„Das liegt daran, dass du mit Herrn Éomer gemeinsam ein neues Gemach im Haus des Königs zugewiesen bekommen hast“, sprach er mit einem Lächeln und drehte sich wieder schwungvoll um.
Sie bogen in eine breite Gasse ein, dessen Eingang von zwei Turmwächtern bewacht wurde und bogen in eine weitere Quergasse ein, dessen Ende in eine breite, silberne Tür mündete.
„Das ist Eurer neues Gemach“, meinte er grinsend und wollte sich schon umdrehen und gehen, als Gweneth ihn am Kragen zu fassen bekam und ihn am Gehen hinderte.
„Wieso beeilst du dich denn so?“, fragte sie lachend und Pippin richtete leicht röchelnd seinen Kragen.
„Wir dürfen in der Küche helfen“, meinte er schnell, „deswegen muss ich mich auch beeilen, weil die anderen schon vorgegangen sind. Bis später!“, rief er und tapste eilig davon.
Gweneth sah ihm mit großen Augen hinterher und fing dann breit an zu grinsen, als sie seinen Lockenkopf nicht mehr sehen konnte.
„Ich wage zu bezweifeln, dass sie in der Küche eine große Hilfe sein werden“, raunte Éomer und brachte Gweneth zum Lachen.
„Nein, gewiss nicht. Sie werden eher die Küche um einiges an Essen erleichtern“, witzelte Gweneth und drehte sich dann neugierig zur silbernen Tür um.
Sie ging voraus, legte ihre Hand auf die silberne, kühle Klinke und öffnete die Tür.
„Ohh“, hauchte sie, als sie in das Zimmer trat und sich mit großen Augen umsah.
Der weiße Wohnraum war groß und der Boden war mit kunstvollen Teppichen ausgelegt. Ein Feuer prasselte im fast mannshohen Kamin und davor standen zwei bequeme Sofas, ausgelegt mit schneeweißen Pelzen. Daneben lagen ihre Satteltaschen und ein paar weitere Taschen, die gewiss Éomer gehörten und von den Rohirrim herein gebracht worden waren. Die weißen Vorhänge vor den fünf bodentiefen Fenstern wehten im Wind und öffneten den Blick zum großen Balkon, von dem man über die weiten Ebenen sehen konnte. Neben den Fenstern befand sich ein langer Tisch mit einem hohen Bücherregal, das gefüllt war mit dicken Folianten und Schriftrollen. Auf derselben Seite befand sich eine schwere Holztür, die Gweneth sogleich aufriss und in das große Schlafgemach trat. Das massive Holzbett war so groß, dass gewiss vier Menschen hinein gepasst hätten und die Bettdecken bestanden aus vielen Tierpelzen und weißen Stofftüchern. In einer Ecke stand eine große Waschschüssel, die auf einem metallenen Halter ruhte und von drei Wasserkannen aus Ton flankiert wurde.
„Sollen wir sogleich das Bett einweihen?“, raunte Éomer in ihr Ohr und schlang von hinten seine Arme um ihren Oberkörper.
Ein Kribbeln breitete sich in ihr aus und leicht lächelnd lehnte sie sich an ihn.
„Erzähle mir zuerst, was die Herrin zu dir sprach“, hakte Gweneth neugierig nach und kuschelte sich etwas mehr an seine harte Rüstung.
„Sie meinte, dass ich auf dich achtgeben und dich beschützen soll“, raunte er und erneute Zuneigung gegenüber der Goldenen Herrin durchflutete sie.
Dann fing Éomer an, ihr leicht am Ohr zu knabbern und vertrieb die Gedanken an Galadriel in Gweneths Kopf. Lächelnd genoss sie seine Liebkosungen und verfiel dann seinen heißen Küssen.
Éomer saß mit nacktem Oberkörper an ihrer Seite und wickelte vorsichtig den Verband von ihrer Wunde. Gweneth hatte die Decke schützend vor der Kälte um ihren Oberkörper geschlungen und wunderte sich etwas, dass die Wunde nicht mehr schmerzte. Endlich hatte Éomer den Verband abgenommen und riss erstaunt die Augen auf.
„Was ist?“, fragte Gweneth leicht beunruhigt, doch als Éomer lächelte, legte sich ihre Unruhe wieder.
„Es erstaunt mich nur, dass die Wunde in der kurzen Zeit schon so gut verheilt ist. Es ist nun nicht mehr notwendig, sie zu verbinden, da die Kruste die Wunde schützen wird“, sprach er und griff nach dem Tontöpfen, das die ganze Zeit in seinem Schoß geruht hatte.
Unwillkürlich dachte Gweneth an die sanfte und wärmende Berührung von Galadriel zurück.
´Hat sie etwa auch die Gabe, Wunden schneller heilen zu lassen? Wahnsinn… so was würde ich auch gerne können.´
Éomer öffnete das Töpfchen und der ihr schon wohlbekannte Geruch schlug ihr entgegen. Vorsichtig tupfte er die rote Salbe auf ihre verkrustete Wunde und Gweneth versteifte, als das Brennen von der Salbe einsetzte.
´Wann soll ich ihm eigentlich von Haldir erzählen? Wäre jetzt eine gute Gelegenheit?´
Sie warf einen Blick in sein entspanntes Gesicht und entschloss sich, die Gelegenheit zu nutzen, denn Haldir würden sie unweigerlich auf dem bald beginnenden Fest begegnen.
„Ich muss dir noch etwas erzählen, Éomer, bevor wir zum großen Essen gehen“, fing sie langsam an und Éomer zog fragend seine Augenbrauen zusammen, während er weiterhin ihre Wunden behandelte.
„In der Zeit, bevor ich dir entgegen ritt, versuchte ein Elb namens Haldir, mir den Hof zu machen, wissentlich, dass ich bereits vergeben war.“
Er hielt inne, lehnte sich leicht zurück und sie sah, wie sich sein Gesicht versteinerte und seine Augen gefährlich glitzerten.
„Ist es jener, der das elbische Heer in Helms Klamm anführte?“, fragte er mit gepresster Stimme und Gweneth fand es ein wenig süß, dass er deswegen wütend wurde.
„Genau der… doch in der Nacht, kurz bevor ich losgeritten bin, hat er eingesehen, dass er keine Chancen bei mir hat und zog sich zurück… ich wollte dir das nur erzählen, falls er später in irgendeiner Art und Weise dazu etwas sagen wird“, meinte Gweneth schnell und Éomer atmete tief ein, ehe sich sein Gesicht etwas entspannte.
„Ich danke dir für deine Ehrlichkeit“, meinte Éomer steif und verschloss das Tontöpfchen.
Gweneth war erstaunt, dass er nicht mehr dazu sagte, doch wurde sie das Gefühl nicht los, dass er sich stark zusammen riss, um nicht die Beherrschung zu verlieren.
„Doch nun sollten wir uns ankleiden, das Fest beginnt gleich“, sprach er mit einem kurzen, abschätzenden Blick nach draußen, denn es fing bereits an, langsam zu dämmern.
Innerlich lächelte sie, dass er bewusst vom Thema abwich und nickte dankbar, denn ihr war es sehr unangenehm, von Haldirs Annäherungsversuchen zu berichten. Schwungvoll stand sie vom Bett auf, wusch sich und schlüpfte danach in frische Unterwäsche. Schon wollte sie nach dem Kleid greifen, das sie zuvor getragen hatte, als ihr Éomer plötzlich lächelnd ein rotes Kleid reichte. Verwundert, woher er das hatte, griff sie danach und hüllte sich in den weichen Stoff. Das dick gewebte Kleid mit den eingewebten Runen schmiegte sich an ihre Figur und sperrte die Kälte aus. Es war mit goldenem Garn kunstvoll bestickt und der eckige Ausschnitt war aus goldenem und dunkelrotem Brokat. Leicht lächelnd strich sie mit ihren Händen über ihr Kleid und strahlte dann Éomer breit an. Dieser hatte sie die ganze Zeit nicht aus den Augen gelassen und seine Augen funkelten, als sich ihre Blicke trafen.
„Steht es mir?“, fragte Gweneth und drehte sich spielerisch auf der Stelle.
Éomer ging langsam zu ihr und legte seine Hände auf ihre Hüfte. Lächelnd sah er zu ihr herab und ließ Gweneths Herz flattern. Langsam beugte er sich hinunter und küsste sie zärtlich.
„Es sieht wunderbar an dir aus, auch wenn es deiner Schönheit nicht gerecht wird“, raunte er und sie spürte seinen Atem auf ihren Lippen.
Dann lehnte er sich zurück, ließ lächelnd von ihr ab und fing an, sich umzuziehen. Lächelnd beobachtete sie ihn kurz, wie er sich wusch und dann nach seinen Kleidern griff, ehe sie nach ihrem elbischen Kamm griff und sorgfältig ihre langen, ebenholzfarbenen Haare kämmte. Schließlich band sie ihr Deckhaar mit einem roten Band sorgfältig nach hinten und kontrollierte ihr Aussehen in einem blank polierten Silberspiegel. Zufrieden lächelte sie ihr leicht verzerrtes Spiegelbild an und drehte sich dann zu Éomer um. Dieser hatte sich in der Zwischenzeit umgezogen und trug ein kunstvoll besticktes, grünes Wams, dessen Stehkragen und dessen kurze Ärmel mit goldenem und farbigem Garn reich verziert waren. Darunter trug er ein schlichtes, dunkelrotes Hemd, dessen Ärmelenden ebenfalls mit kunstvollen Stickereien reich verziert waren. Es war das Kostbarste, was Éomer je getragen hatte und durch seine geöffneten Haare wirkte er wahrlich wie jemand von hohem Stand. Unweigerlich war Gweneth zu ihm gegangen und strich fasziniert über die vielen Stickereien.
„Gefallen sie dir?“, fragte Éomer und Gweneth nickte, während ihre Augen begehrlich über die Stickereien strichen.
„Sie sind wirklich schön und sauber gearbeitet“, meinte sie und sah dann zu ihm hoch.
Eine Strähne war ihm ins Gesicht gefallen und sachte strich sie jene zurück. Éomer lächelte sie warm an und dann schwenkte sein Blick kurz zum Fenster, denn es dämmerte bereits.
„Lass uns gehen“, raunte Éomer, trat einen Schritt zurück und hielt ihr auffordernd seinen angewinkelten Arm hin.
Grinsend hakte sich Gweneth bei ihm unter und zusammen verließen sie ihr Gemach. Sanft schmiegte sie sich an ihn und sie konnte seine stählernen Armmuskeln unter dem Stoff fühlen. Das Kribbeln in ihrem Bauch wurde stärker und ließ sie glücklich lächeln. Zusammen durchschritten sie die Gänge, bis zum königlichen Garten und konnten schon jetzt die Musik in der Königshalle ausmachen. Ein köstlicher Duft von gebratenem Fleisch lag in der Luft und regte augenblicklich Gweneths Hunger an, so dass ihr Magen anfing, laut zu knurren. Kurz sah Éomer sie verwundert an und fing dann an, laut zu lachen.
„Ich hab halt Hunger“, versuchte Gweneth ihren Magen zu rechtfertigen, doch Éomer warf ihr nur einen belustigten Blick zu, ehe sie weiter liefen.
„Nicht nur du“, erwiderte er grinsend und als sie kichernd um den nächsten Busch bogen, hielten beide automatisch inne, denn vor ihnen befand sich eine kleine Gruppe von Elben, die ihnen den Weg versperrte.
´Ohje, hoffentlich ist er nicht dabei´, dachte sie mit einem mulmigen Gefühl im Magen, doch als sie sich an der Gruppe vorbei drücken wollten, schälte sich einer aus der Gruppe der Elben und in Gweneths Magen legte sich ein schwerer Stein.
Seine goldenen Haare waren wie immer seiden und seine dunkelblauen Augen blitzten vor Freude auf, als sein Blick auf Gweneth fiel. Gweneth spürte sofort, wie sich Éomer anspannte und sich unbewusst mehr aufrichtete. Als ihr Blick zu seinem Gesicht schnellte, war jenes angespannt und seine Augenbrauen ernst zusammengezogen.
„Chen gellon nin ceni, Gweneth (Ich freue mich Euch zu sehen)“, sprach er melodisch und seine Stimme hörte sich an, wie ein süßes Windspiel.
Er verbeugte sich vor Gweneth, dann fiel sein Blick auf Éomer und sein strahlendes Lächeln wurde breiter.
„Mae Govannen, König Éomer“, sprach Haldir huldvoll und verbeugte sich ebenso vor Éomer.
Schnell sah Gweneth zu Éomer, der den Gruß mit einem leichten Nicken erwiderte, doch sah sie in seinem ernsten Gesicht, dass er nichts zu Haldir sagen würde.
„Gegrüßt seid auch Ihr, Haldir“, sprach Gweneth als Begrüßung anstelle von Éomer und sogleich richtete Haldir seine unglaublich blauen Augen auf Gweneth, die in ihnen zu versinkend drohte.
„Es erfreut mich zu sehen, dass Ihr wieder sicher hierher gefunden habt, auch wenn die Verletzung in Eurem Gesicht von einem Kampf zeugt.“
Unwillkürlich wanderte Gweneths Hand zu ihrer Verletzung im Gesicht und sie seufzte dann leise.
„Auf dem Weg zu Éomer begegneten wir Orks, die wir jedoch mit Hilfe der Rohirrim besiegen konnten“, sprach Gweneth schnell und Haldirs Augen verdunkelten sich ein klein wenig.
Mitgefühl und Zorn lag in seinem Blick und verwunderte Gweneth etwas, denn seine Gefühle schienen echt zu sein, womit sie nicht gerechnet hätte. Noch immer dachte sie, dass er in ihr mehr eine Trophäe sah, als jemanden, um den er sich sorgte.
„Es schmerzt mich zu sehen, dass Ihr verletzt seid, doch sehe ich in Euren Augen nur das Glück liegen“, sprach Haldir sanft und sein intensiver Blick glitt zu Éomer, der noch immer wie versteinert neben ihr war.
„Ihr müsst ihn wohl wahrlich lieben“, meinte Haldir leise und sein Blick war noch immer auf Éomer gerichtet.
„Und bis zum Ende unserer Tage wird sich dies nicht ändern, dafür werde ich sorge tragen“, knurrte Éomer und legte schon fast besitzergreifend seinen Arm um ihre Hüfte und zog sie näher zu sich heran. Fast hätte Gweneth angefangen zu grinsen, doch konnte sie den Impuls gerade noch unterdrücken.
Haldirs Blick weitete sich kurz und er lächelte dann schließlich, so dass seine ganze Gestalt zu leuchten schien.
„Ai, das sehe ich und groß wird Eure Liebe sein“, sprach er huldvoll und sein Blick glitt zu Gweneth zurück, „eine seltene Blume habt Ihr an Eurer Seite.“
Sie spürte, wie Éomer sie noch etwas näher zu sich heran zog und sanft lächelte sie, als sich in ihrer Magengrube ein Gefühl der Leichtigkeit ausbreitete.
„Werdet Ihr Euch den Festlichkeiten ebenso anschließen?“, fragte Gweneth freundlich, denn sie wollte nicht, dass die beiden weiter über sie sprachen und seine tiefen, blauen Augen trafen ihre.
Sein Blick war so intensiv, dass sie für einen kurzen Moment aus dem Konzept gebracht wurde.
„Ai, das werde ich“, sprach er mit einer leichten Verbeugung, befreite sie aus seinem Blick und ein Lächeln umspielte seine perfekt geschwungenen Lippen.
„Dann genießt noch die Festlichkeiten“, meinte Éomer bestimmend und mit einer leichten Verbeugung, die Gweneth schnell nachahmte.
„Auch Euch wünsche ich ein frohes Fest“, sprach er zu beiden, verbeugte sich tief und dann wanderten seine Augen kurz zu Gweneth.
„No in elenath hîlar nan râd gîn (Mögen alle Sterne auf deinen Weg scheinen)“, sprach er leise und dann wandten sich Gweneth und Éomer von Haldir ab.
Zusammen schritten sie an ihm vorbei, durch den Rest des Gartens und betraten die Gänge zur königlichen Halle.
„Das ging ja ohne Probleme…und ich fürchtete schon, dass er etwas Gemeines zu dir sagen würde“, meinte Gweneth erleichtert und hielt inne, weiter zu gehen.
Éomer sah auf sie herunter, hob sachte ihr Kinn mit seiner Hand an und küsste sie zärtlich, so dass ihr das Herz höher schlug.
„Er ist sich seiner und meiner Stellung bewusst. Außerdem weißt du nicht, was er in elbisch gesprochen hatte“, raunte er und sie spürte seinen Atem auf ihren Lippen.
„Mein Gefühl sagt mir, dass es nichts Böses oder Abfälliges war“, setzte sie entgegen und küsste ihn sanft.
„Doch nun lass uns die Nacht der Feierlichkeiten genießen.“
Und bei ihren Worten lächelte Éomer. Sie setzten ihren Weg fort und betraten die große Königshalle.
Sie war, wie schon bei der Hochzeit des Königspaars, festlich geschmückt worden und die langen Tafeln bogen sich unter der Last der Speisen, die darauf verteilt waren. Elbische Frauen und Männer spielten süße Lieder, die sich anhörten, wie Wassergeplätscher in einer Sommernacht und fröhliches Gelächter hing in der Luft. Einen kurzen Moment sahen sie sich um, konnten dann jedoch ihre Freunde ausmachen und gesellten sich lächelnd zu ihnen.
Die Hobbits verbreiteten wie immer eine fröhliche, ungezwungene Stimmung und Gweneth amüsierte sich auch mit den anderen köstlich. Oft tanzte sie mit Éomer und bei jedem ihrer Tänze entfachte sich die Liebe zu ihrem zukünftigen Gemahl aufs Neue. Inmitten des Festes winkte mit einem Mal Éomer Gimli zu sich und als Gweneth ihn fragend ansah, lächelte er ihr nur zu.
„Gimli, Gloins Sohn, habt Ihr Eure Axt bereit!“, rief Éomer und alle Umstehenden, inklusive Gimli, sahen Éomer verwundert an.
Dann lachte Gimli laut und dröhnend, während seine Augen funkelten.
„Nein, aber ich kann sie holen, wenn es nötig ist“, brummte er und wischte sich die Lachtränen aus seinen Augenwinkeln.
„Das sollt Ihr beurteilen, denn einige voreilige Worte über die Herrin des Goldenen Waldes stehen noch zwischen uns. Und nun habe ich sie mit eigenen Augen gesehen“, sprach Éomer ernst, „leider kann ich nicht sagen, dass sie die schönste Frau unter den Lebenden ist.“
„Dann muss ich meine Axt holen“, meinte Gimli und wollte schon losgehen, als Éomer ihn noch lachend an der Schulter packte und ihn am Gehen hinderte.
„Aber zuerst möchte ich diese Entschuldigung anführen“, fing Éomer an und Gimli sah ihn abschätzend an.
„Hätte ich sie unter anderen Umständen gesehen, hätte ich alles gesagt, was Ihr wünschen könntet. Doch jetzt will ich Gweneth an erster Stelle nennen und bin bereit, meinerseits mit jedem zu kämpfen, der mir das bestreitet. Soll ich nach meinem Schwert schicken?“
Gimlis Blick wanderte zu Gweneth, lachte dann laut und verneigte sich tief vor Éomer.
„Nein, Ihr seid entschuldigt, was mich betrifft, Herr“, meinte er und auf Gimlis Gesicht legte sich leichte Trauer.
„Ihr wähltet den Wüstenwind, aber meine Liebe gilt dem Morgen und mein Herz ahnt, dass er bald für immer dahingehen wird.“
„Wie meinst du das?“, mischte sich nun auch Gweneth ein und Gimli sah sie traurig an.
„Ich befürchte, dass die Goldene Herrin dorthin gehen wird, wo ich ihr nicht folgen kann. Weit über das Meer zum Land der Valar.“
Gweneths Herz zog sich leicht unangenehm zusammen, denn der Gedanke, dass Galadriel dieser Welt entschwinden würde, beschäftigte auch sie.
„Lasst das Trauertuch des Abschieds nicht über dieser Festlichkeit hängen und euer Gemüt betrüben“, sprach Legolas sanft, „früh genug wird der Tag des Abschieds kommen.“
Gweneth seufzte und nickte dann Legolas zu.
„Du hast Recht. Wir sollten nicht heute über solch Dinge grübeln. Lasst uns lieber weiter feiern!“, meinte sie mit einem leicht gezwungenen Lachen.
Aber erst als Éomer sie erneut auf der Tanzfläche umherwirbelte, konnte sie vollständig ihre Trauer abschütteln.
Lange tanzten sie und als der Abend schon in den Morgen graute, begab sich Gweneth mit Éomer erschöpft zu Bett.