Der Ring der Erde

Kapitel 5

Ein neuer Tag brach an und die Sonnenstrahlen weckten Gweneth bevor es die Heilerin konnte. Sie hatte wieder diesen Traum gehabt, der sie wieder zum nachdenken anregte.
´Die Gefühle und die Worte des Herzens … Hm vielleicht funktionierts ja, wenn ich fest an mein Haus denk und die Worte dabei sage…. Ich probiers einfach mal aus.´
Sie schloss die Augen und sagte leise: „Ich will nach Hause!“
Erwartungsvoll wartete sie, doch nichts geschah.
´Anscheinend waren das nicht die richtigen Worte… zu ärgerlich, dass ich mich nicht mehr richtig an die Worte erinnern kann, die mich hier hergebracht haben.´
Die Tür wurde geöffnet und die alte Heilerin trat ein.
„Ihr seid schon erwacht?“ fragte sie unnötigerweise und stellte den Teller Gemüsesuppe auf ihr Nachtschränkchen. Schnell aß sie diese und erkundigte sich danach, ob sie jemanden gefunden hatte, mit sie reden konnte.
„Ja den habe ich. Der Herr der Westfold und nun der Feste ist sehr an Euch interessiert und möchte mit Euch sprechen.“
„Wieso gerade er?“ fragte sie perplex, den so hohen Besuch hatte sie nicht erwartet.  
„Er war es der Euch fand und hier her brachte. Er wird einige Fragen an Euch haben. Als ich ihm von Eurem erwachen Unterichtete, wollte er gleich zu Euch. Doch da wäret ihr in keiner guten Verfassung gewesen.“
Gweneth schluckte und fuhr sich über ihr schmutziges Haar, das in alle Richtungen Abstand.
„Wann kommt er denn?“
„Er müsste gleich eintreffen.“
Geschockt sah Gweneth sie an und wollte gerade etwas sagen, als die alte Frau in ihrer Tasche kramte und einen kleinen Kamm herausholte.
„Soll ich Euch das Haar kämmen?“
´Sie kann echt Gedanken lesen… ich muss bestimmt furchtbar aussehen… ich wünschte hier gäbs ne Dusche und einen Spiegel. Geschweige denn gescheiter Sanitäre Anlagen!´
Dankend lächelte sie die Frau an und nickte.
„Das wäre sehr nett von Euch, danke.“
Die Heilerin nahm ihre langen Haare in die Hand und kämmte sie vorsichtig durch. Sie löste kleine Knoten und entwirrte die ebenholzfarbenen Haare. Bald viel ihr dunkles Haar sanft über den Rücken und glänzte seidig im Licht.
„Das habe ich Euch noch mitgebracht.“ Meinte die Alte und reichte ihr eine Schüssel mit Wasser.
„Für Euer Gesicht. Es ist noch etwas verschmutzt von Eurer Reise.“
Gweneth sah in ihr Spiegelbild und erschrak. Fast hätte sie die Schüssel fallen lassen, als ihr klar wurde, dass die Wimperntusche völlig verlaufen war und sie aussah wie ein Waschbär.
Schnell klatschte sie sich Wasser ins Gesicht und wischte den ganzen Schmutz und die Tusche weg. Nachdem sie sich gründlich abgetrocknet hatte und sich mehrmals versicherte, dass ihr Gesicht nicht mehr verschmiert war, gab sie mit einem dankenden Lächeln die Schale zurück. Die Heilerin musterte sie kurz und lächelte schließlich auch.
„Ihr seht wirklich schön aus. Wenn Eure Haut nicht diesen Bronzenen Ton hätte, würde ich Euch für eine Elbin halten.“
`Elbin? Gibt es hier denn so was?´
Doch bevor Gweneth sie danach fragen konnte, klopfte es an der Tür und die Heilerin sprang schnell auf. Mit wenigen Schritten war sie an der Tür, öffnete sie und dahinter stand ein Mann, der die ganze Tür auszufüllen schien. Die Heilerin trat einen Schritt zu Seite und verbäugte sich leicht. Der Hüne von einem Mann trat ein und Gweneth fühlte sich sogleich kleiner und unscheinbarer in seiner Gegenwart. Sein langes blondes Haar fiel ihm über die Schultern und seine grauen Augen sahen Gweneth durchdringend an. Er trug einen dunkelblauen, stoffenen Wams und eine dunkle Lederhose. Ein reich verzierter Gürtel hielt das Schwert an seiner Seite und Gweneth musste kurz schlucken, als sie das Schwert musterte. Es war ein schön gearbeitetes mit vielen Verzierungen und besetzt mit kleinen Edelsteinen.
„Lasst uns allein!“ brummte er und strich sich über seinen kurzen blonden Bart.
„Ja, mein Herr.“ Antwortete die Heilerin und schloss hinter ihr die Tür.
Der Mann setzte sich neben Gweneth und sah sie kurz an.
„Mein Name ist Erkenbrand und ich bin Herr der Westfold und in Abwesenheit von König Théoden von Rohan gebiete ich über dieser Feste. Doch nun sprech, wer seid Ihr und wie gelangtet ihr hier her?“
´Er strahlt wirklich eine ehrfürchtige Aura aus… kein Wunder bei seiner Größe! Er ist bestimmt um die zwei Meter groß und mit seinen riesigen Händen könnte er mich bestimmt zerquetschen! Und wie soll ich ihm antworten woher ich komm? Hoffentlich tötet er mich nicht, wenn ich ihm nicht sag woher ich komm.´
Kurz musste Gweneth schlucken, als sie mit leicht zitternder Stimme antwortete:
„ Ich heiße Gweneth. Ward Ihr es, der mich fand?“
„Ja, ich fand Euch auf einer Wiese liegend vor der Feste und nun frage ich Euch erneut, woher kommt Ihr? Seid ihr eine aus dem Dunland?“
Mit seinen Augen schien er sie zu durchbohren und von doch irgendwoher hatte sie das Gefühl, dass sie ihm trauen konnte. Die leichte Angst, die sie verspürt hatte, war verschwunden und sie fühlte sich bei ihm sicher. Ihm würde sie erzählen woher sie kam.
„Ich komme von sehr, sehr weit her…“
Kurz seufzte sie und sah auf ihre Hände hinab.
„Ich komme aus einer Welt, die nicht Mittelerde ist. Mein Zuhause nennt man bei uns Deutschland in Europa. Ich weiß nicht genau wie ich hier her gekommen bin…obwohl ich eine Theorie habe… Ich weiß nur noch, dass ich mir was zu essen kaufen wollte und plötzlich der Laden überfallen würde. Weil ich das Gesicht von dem Mann gesehen habe, hat er auf mich zwei Mal geschossen.“
Jetzt sah Gweneth ihn wieder fest an.
„Dann bin ich plötzlich irgendwo anders aufgewacht… ich lag plötzlich auf Rasen und spürte die kühle Luft. Aber warum ich hier her gekommen bin, weiß ich auch nicht.“
Gespannt sah sie Erkenbrand und wartete ab, wie er wohl darauf reagieren würde. Seine Miene war undurchdringlich, doch meinte sie Zorn in seinen Augen zu sehen.
„Ihr kommt von einer anderen Welt?“ sprach er zögernd und Gweneth nickte.
Seufzend lehnte er sich zurück und ließ sie keinen Moment aus den Augen.
„Wenn Ihr mir nicht erzählen wollt, woher Ihr kommt, dann sagt es einfach als sich irgend welche Ammenmärchen auszudenken!“ brummte er zornig und wollte gerade aufstehen, als Gweneths Hand nach vorne schnellte und ihm am Ärmel festhielt. Er erstarrte und sah finster ihre Hand an, die ihn festhielt. Dann wanderte sein Blick zu ihrem Verband an ihrer Schulter und sie wusste auf einmal, dass er ihre Hand weggeschlagen hätte, wäre sie nicht verletzt gewesen.
„Ich sage die Wahrheit!“ fuhr sie ihn an und nun war sie es, die ihn verärgert ansah.
„Hab Ihr denn auch irgendwelche Beweise?!“ knurrte er und starrte sie an.
„Die habe ich … wo ist meine Tasche!“
Daraufhin ließ sie ihn los und lehnte sich wieder leicht zurück. Die kurze Bewegung hatte ihr nicht gut getan und die Wunden schmerzten erneut. Kurz atmete sie ruhig ein um nicht gleich los zu weinen und konzentrierte sich wieder auf den Mann neben ihr. Er hatte mit dem Arm neben dem Nachtischchen gegriffen und hatte nun ihre schwarze Umhängetasche in der Hand. Ein Lächeln breitete sich auf ihrem Gesicht aus, als sie die Tasche nahm, öffnete und umdrehte. Heraus vielen ihr Geldbeutel, Schlüssel, Wimperntusche, Deospray, Handy und das gekaufte Essen.
„Gibt es das hier alles in Ihrer Welt?“ fragend sah sie ihn an und er schüttelte den Kopf. Neugierig nahm er alles in die Hand und wendete es.
„Dies Essen besitzt seltsame Formen.“ Murmelte er, als er den Hot Dog aus der Tüte gefischt hatte.
„Schmecken tuts gut… aber ich glaub, man kanns nicht mehr essen… vermutlich ist es schon schlecht geworden.“
Fügte sie mit Bedauern hinzu. Schließlich öffnete sie ihren Geldbeutel und holte nacheinander ihre Karten hervor. Dabei erzählte sie ihm, wofür dies alles gebraucht wurde.
„Also, das hier ist die Krankenkassenkarte. Man muss jeden Monat einen kleinen Betrag zahlen und wenn man dann krank ist, kann man für umsonst zum Arzt gehen und muss auch nichts bezahlen, wenn der Arzt… oder der Heiler bei Euch, einem in die …Heilenden Häuser schickt.“
Verwundert nahm er die weiße Plastikkarte in die Hand und drehte sie vorsichtig zischen seinen rauen Fingern.
„Mit dieser Karte kann ich mich ausweisen.“
Damit legte sie Ihren Personalausweis hin und nun nahm er auch diesen in die Hand.
„Ausweisen?!“
Er warf einen Blick zu ihr und sah dann wieder auf die Oberfläche. Als sich jedoch das Licht auf den schillernden Oberflächen brach, zuckte er kurz zusammen.
„In Deutschland besitzt jeder über sechzehn solch einen Ausweis. Darauf steht wer man ist.“
„Und dafür braucht ihr solch eine Karte?“
Sie nickte und war etwas traurig, dass sie ihm keine Geldscheine geben konnte und nur noch ein paar Münzen besaß… sie hatte alles ausgegeben.
„Leider habe ich nur noch wenige Münzen und keine Scheine bei mir.“
Sie leerte ihr Münzenfach und legte die fünf kleinen bronzenen Stücke auf die weiße Leinenbettdecke.
„Ist das viel Wert?“
Er hatte die Karten auf die Bettdecke gelegt und besah sich nun die Münzen.
„Nein, nicht wirklich…. Das sind so… um die dreißig Cent.“
„Besitzt ihr keine Gold und Silbermünzen?“
„Nur welche, die so aussehen… vor langer Zeit einmal, hatten wir so wie ihr gelebt. Doch das ist schon so um die 400 Jahre her.“
Nun sah er auf und strich sich mit Daumen und Zeigefinger über den Bart.
„Ihr lebtet einst so wie wir?“
„So ähnlich zu mindestens… wir nannten es damals Mittelalter.“
„Aha.“
„Und was ist der Rest?“
Er zeigte auf die Wimperntusche, das Deo, die Schlüssel und ihr Handy.
„Dies hier, macht man sich auf die Wimpern, damit sie dunkler und länger erscheinen. Die silbrigen Teile hier, sind Schlüssel aber ich glaube so was kennt ihr. Damit bekommt man die Tür meines Zuhauses auf. Das andere Nennt man Deo und benutzt es vor und nach dem Sport. Es lässt einem nicht so sehr schwitzen und riecht angenehm. Seht.“
Damit drückte sie auf den Knopf des Deos und ein Strahl kam herausgeschossen. Mit einem Satz war er auf den Beinen und hatte seine Hand auf das Heft seines Schwerts gelegt. Verdutzt sah sie ihn an, während sich der Raum mit dem Geruch von Wildblumen füllte. Er schien sich wieder zu beruhigen und setzte sich langsam wieder hin. Vorsichtshalber legte sie das Deo aus seiner Reichweite.
„Habt keine Angst, es tut Euch nichts.“ Meinte sie mit einem leichten Lächeln, doch Erkenbrand schien lieber nochmal selbst auf Nummer sicher zu gehen.
„Das letzte dort, ist dies ebenfalls solch ein Zaubererwerk, wie dieses… Deo?“
Gweneth schmunzelte und nahm ihr Handy in die Hand.
„Ja… es ist sogar weitaus interessanter und mächtiger.“
Erkenbrands Anspannung stieg und er legte vorsichtshalber eine Hand auf sein Schwert.
„Dies benutzen wir um über weite Strecken miteinander zu reden. Die zweite Person muss ebenfalls ein Handy besitzen dann können wir miteinander reden, egal wo sich der andere befindet.“
Sie versuchte das Handy anzumachen, doch es sprang nicht an.
´Mist! Vermutlich ist der Akku leer… ich hätte es daheim noch mal aufladen sollen!´
„Fürwahr, ein mächtiges Werkzeug.“ Murmelte und sah zu, wie Gweneth ihm es gab.
„Leider funktioniert es nicht mehr, da… ähm es eine gewisse… Energie braucht um zu funktionieren.“
„Gibt es die Energie hier nicht?“
„Nein… und ich wüsste auch nicht wie ich sie herstellen könnte.“
Sie seufzte und sah ihm dabei zu, wie er das Handy neugierig bestaunte.
Dabei konnte sie ihn zum ersten Mal richtig mustern und kam zu dem Schluss, dass er recht gut aussah. Sein Körper war stählern und seine Arme schienen wie Eisenstangen. Sein Gesicht war Markant und strahlte Ruhe und Autorität aus. Sie war sich sicher, dass sie unter seinen Armen und Körper komplett verschwinden würde. Die Farbe seiner Augen hatten die See bei Sturm und im Licht schimmerte sein Haar golden. Er war ein richtiger Mann, nicht wie diese Milchbubies in ihrer Welt, die sich epilierten und androgyn wirkten.
„Glaubt Ihr mir nun, dass ich nicht von hier bin?“
Fragte sie schließlich und Erkenbrand sah von ihrem Handy auf.
„Ja, ich glaube Euch!“
Er gab ihr das Handy wieder zurück und musterte sie kurz. Dieses Mal waren jedoch seine Blicke freundlich und sanft.
„Doch sprecht mit keinem darüber. Ich möge Euch Glauben schenken, doch das werden gewiss nicht alle.“
„Und was soll ich sagen, wenn sie nach meiner Herkunft fragen?“
„Sagt, dass ihr weit aus dem Süden seid und von Orks entführt wurdet. Ich konnte Euch befreien und steht nun unter meiner Obhut.“
„Dann kann ich bleiben?“
Erkenbrand nickte und lächelte sie warm an. Dann schien ihm etwas einzufallen, den seine hellen augenrbauen schoben sich leicht zusammen.
„Ihr habt vorhin eine Theorie erwähnt, wie Ihr hier her gelangen konntet.“
„Ja… richtig… nun, ich hatte hier einen Traum…“ und sie erzählte ihn bis ins kleineste Detail.
„Dürfte ich den Ring betrachten?“
Sie nickte und hob ihren linken Arm. Schmerz zuckte durch ihre Schulter, doch bevor sie ihn wieder senken konnte, hatte er schon sanft nach ihrer Hand gegriffen. Er legte ihre behutsam in seine und betrachtete den Ring.
„Der Ring ist vom hohen Wert und filigran gearbeitet. Solch arbeiten sieht man normalerweise nur  beim elbischen Volk. Auch erscheint er mir sehr alt.“
„Er ist ein Familienerbstück und man sagt, dass er schon mehr als 700 Jahre im Besitz unserer Familie ist. Er wird immer am 25ten Geburtstag des Kindes weitergegeben.“
Er ließ behutsam ihre Hand wieder los und sie bemerkte, dass seine Hand rau und die Handinnenfläche Schwielen hatten.
„Was sind eigentlich Elben und Orks?“ fragte sie und Erkenbrand lächelte.
„Es gibt viel zu erzählen und noch mehr zu wissen. Alles auf einmal zu erzählen würde mehrere Tage dauern.“
„Dann kommt doch morgen wieder und erzählt mir den Rest.“
Er nickte und lächelte, dann atmete er  tief durch und fing an zu erzählen.
Bald darauf schwirrten ihre Gedanken und Kopfschmerzen machten sich bemerkbar.
´Diese Welt ist so anders… zwar auf dem Stand des Mittelalters, aber gleichzeitig uns weit voraus… ich kann es kaum glauben, dass hier Magie wirklich existiert! Und Monster und mächtige Böse Herrscher!´
Sie griff sich an ihren Kopf und massierte sich die Schläfen. Müdigkeit befiel sie, denn der Tag war lang und anstrengende gewesen. Die Sonne senkte sich schon Richtung Horizont, als Erkenbrand aufhörte zu erzählen und sie still ansah.
„Ich glaube, für heute ist es genug. Ruht Euch ein wenig aus.“
Gweneth nickte und spürte, wie ihre Lider schwer wurden. Langsam ließ sie sich zurück in ihr Bett sinken und gähnte leicht. Daraufhin stand er auf und ging zur Tür. Er hatte die Klinke schon in der Hand, als er sich noch einmal umdrehte.
„Ruht Euch aus und schlaft wohl… morgen werde ich wieder Kommen.“
„Das hoffe ich sehr.“
Er nickte ihr zu und schloss die Tür hinter sich. Gweneth atmete tief durch und spürte die Müdigkeit, die ihre Glieder befiel. Langsam und mit den Gedanken an ihr Gespräch, glitt sie in den Schlaf.

Kapitel 1-10

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Kapitel 11-20

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Kapitel 21-30

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Kapitel 31-40

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Kapitel 41-50

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Kapitel 51-60

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